Der Duft Der Wüstenrose
Charlotte lachen zu sehen, nein, es ging weit über Freude hinaus, es war viel elementarer. In etwa so, als ob man an einem glühend heißen Sommertag in ein eiskaltes Fass Quellwasser stiege, wo die köstliche Kälte einem die Brust zusammenschnürt. Im Kloster, bevor sie Charlotte kannte, hatte Fanny nicht einmal geahnt, welches Glück darin lag, sich einem Menschen zutiefst verbunden zu fühlen.
Doch Ludwigs Anblick weckte in ihr nichts dergleichen, obwohl sie eben noch mit ihm vereint gewesen war. Obwohl sich seine Fingerkuppen auf ihrer Haut so wunderbar angefühlt hatten. Sie streichelte über seine Wange. Das alles war sicher nur der Anfang, und je besser sie sich kannten, desto mehr würden sie sich lieben. Sie seufzte und sehnte sich nach ihrer Freundin, mit der sie über diese Gefühle hätte reden können.
Die Luft schien ihr plötzlich unerträglich stickig. Sie küsste Ludwig auf die Stirn und stand auf.
Erst jetzt bemerkte sie die klebrige Feuchtigkeit zwischen ihren Schenkeln, wusch sich, zog dann das Nachtkleid wieder über und schlich die Treppe zur Veranda hinunter. Dort stolperte sie über den kleinen Jungen, der zusammengerollt neben der Tür lag und schlief. Er wachte sofort auf und rannte weg, bevor Fanny ihm bedeuten konnte dazubleiben.
Die heiße Nachtluft schmiegte sich an Fanny wie eine zweite Haut, es ging kein Windhauch. Sie setzte sich auf einen der schweren Eichenschaukelstühle und begann hin und her zu wippen. Der Garten sah im Licht des Vollmonds erhaben und gleichzeitig seltsam verlassen aus.
»Was hat eine junge Frau in ihrer Hochzeitsnacht hier draußen zu suchen?« Der Richter war überraschend leise auf der Veranda aufgetaucht.
Schlagartig wurde Fanny bewusst, dass sie nicht passend angezogen war und ihr die krausen, schwarzen Locken of fen über den Rücken hingen. Doch als sie Anstalten machte aufzustehen, legte ihr der Richter die Hand auf den Arm.
Trotz ihrer Verlegenheit bemerkte Fanny amüsiert, dass der Richter auch nicht salonfähig bekleidet war. Sein Hemd bedeckte nur eben gerade seine knochigen Knie.
»Was auch immer Sie für ein Geheimnis haben, ich werde es niemandem verraten. Ich bin sicher, etwas bedrückt Sie mehr, als Sie vielleicht vor sich selbst zugeben wollen.«
In der Dunkelheit leuchtete der Kopf seiner Pfeife auf, und Fanny sah direkt in seine neugierigen Augen. Dann ließ er sich mit einem Ächzen in den anderen Schaukelstuhl fallen. Der kleine Junge, über den Fanny gestolpert war, rannte herbei und fächelte dem Richter mit einem Palmenblatt Wind zu. Doch der Richter schickte ihn mit strengen Worten weg.
»Wie heißt der Kleine eigentlich?«, fragte Fanny, um Zeit zu gewinnen. Sie kreuzte die Hände in ihrem Schoß und betrachtete ihre Zauberperlen, die, wie sie erst jetzt bemerkte, im Dunklen zu glühen schienen.
»Nathaniel, der Hüter des Feuers. Aber alle nennen ihn Nate.«
»Nate«, wiederholte Fanny und überlegte, was sie noch Unverfängliches sagen könnte.
»Seine Eltern sind bei einem Kampf zwischen Nama- und Damara-Stämmen getötet worden. Ich habe ihn unter einem Narabusch gefunden und mitgenommen. Aber wir sollten über Sie sprechen.«
Fanny wollte aufspringen und weglaufen, aber das Hand gelenk mit dem Glasperlenarmband lag plötzlich tonnenschwer in ihrem Schoß und lähmte sie. Verzweifelt starrte sie in den mondbeschienenen Garten. Schweißperlen sammelten sich auf ihrem Körper.
»Ich denke nicht, dass eine Lüge ein so schweres Verbrechen ist«, sagte der Richter, er lachte leise. »Jedenfalls keines, das wir streng bestrafen würden.«
»Sie reden wie mein Beichtvater«, entfuhr es Fanny, die keine Lust hatte, ihm auf den Leim zu gehen. Diese Art Angebote hatte sie schon viel zu oft gehört, um sie glauben zu können.
»Martin Luther hielt doch gar nichts von der Beichte.«
Gut, dass es dunkel war, dachte Fanny, der die Röte heiß ins Gesicht geschossen war. Wie dumm von mir. Charlotte war Lutheranerin gewesen.
»Das war nur so eine Redewendung.«
»Ich für meinen Teil habe so viel gelogen«, sagte der Richter, »dass ich wahrscheinlich für eine sehr lange Zeit in der Hölle schmoren werde.«
Er will mich gar nicht ausfragen, wurde Fanny auf einmal klar, der Richter benutzte sie, um über sich zu sprechen.
»Sie vermissen Ihre Frau, nicht?«, fragte sie sanft.
»Ja, das tue ich. Sie hat allerdings auch viel gelogen.« Jetzt lachte er laut und verschluckte sich an seiner Pfeife.
»Und wie war Ihre Luise
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