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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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anders als zu einem gleichgestellten Menschen, oder?«
    »Ludwig!«, empörte sich Fanny. Was redete ihr Ehemann da für ein wirres Zeug?
    Er betrachtete sie mit flammenden Augen, und dann fuhr er fort. »Du scheinst nicht zu verstehen, worauf ich hinauswill. Verzeih, wenn ich zu einem etwas unschicklichen Vergleich greifen muss, um es dir zu verdeutlichen. Würdest du, meine Liebe, eine Hure wirklich mit dem gleichen Respekt behandeln, wie du ihn als meine Gattin zu Recht von jedermann verlangen kannst?«
    Ja, dachte Fanny, ja, unbedingt, sogar Jesus hatte über Maria Magdalena gesagt: ›Keiner werfe den ersten Stein‹, aber das war eindeutig nicht die Antwort, nach der ihr Mann verlangte. Was konnte sie ihm sagen, das ihn nicht weiter erzürnen, sondern im Gegenteil von ihrer Ansicht überzeugen würde?
    »Ich weiß nicht, Ludwig, was ich in diesem Fall tun würde, denn ich kenne keine Hure«, antwortete sie schließlich, in der Hoffnung, das Gespräch damit zu beenden.
    Zu ihrer großen Verblüffung begann Ludwig schallend zu lachen, ja, er versuchte sogar, ihr über die Wange zu streicheln, während er neben dem Karren entlangritt. Ein Manöver, bei dem er beinahe vom Pferd gestürzt wäre, so sehr lachte er.
    Hendrik und John beobachteten sie und warfen sich dann Blicke zu. Fanny fühlte, dass ihnen nicht zum Lachen zumute war.
    Sie schämte und verachtete sich für ihre feige Antwort. Sie hätte sagen müssen, dass jeder Mensch das Recht hatte, wie ein Mensch behandelt zu werden. Egal ob Hure, Nama oder Missionar.
    Sie sah Ludwig nach, der immer noch lachend zum Ende des Trosses ritt. Sie schämte sich nicht nur, weil er Hendrik und John als Untermenschen und Bastarde bezeichnet hatte oder weil er den Vergleich mit der Hure gewählt hatte, es beschämte sie vor allem, dass sie nicht früher bemerkt hatte, wie er darüber dachte. In einem seiner Briefe an Charlotte hatte er geschrieben, er sehne sich von ganzem Herzen nach ihr,
    … dem treuen Weib, das tief in seinem Herzen ebenso wie ich in unserer freiheitsliebenden, edel gesinnten Nation und Kultur verwurzelt ist.
    Was genau hatte Ludwig gemeint mit edel gesinnter Nation und Kultur? Ganz offensichtlich hatte sich Charlotte sehr in ihm getäuscht. Denn ihre Freundin, die heimlich Heinrich Heine gelesen und bewundert hatte, war fest davon überzeugt, dass Ludwig damit auf den von ihr geliebten Dichter angespielt hatte. Doch das hielt Fanny jetzt für ausgemachten Unsinn. Ludwig würde seine Zeit niemals mit etwas so Unmännlichem wie dem Lesen von Gedichten vergeuden.
    Plötzlich wurde Fanny von merkwürdigen Gestalten, die in der Ferne auftauchten, aus ihren Gedanken gerissen.
    »Giraffen«, staunte sie. Das waren wirklich Giraffen! Sie sahen ganz anders aus als die Bilder, die sie in Büchern gesehen hatte. Die drei Tiere waren viel größer und bewegten sich seltsam schwankend und schneller, als es Fanny für möglich gehalten hätte. In ihrer Mitte stakste eine sehr kleine Giraffe und rührte Fanny genauso, wie es die jungen Kälbchen im Kloster getan hatten. »Oh, wie schön, seht doch mal!«, rief sie und ärgerte sich, dass sie kein Fernglas hatte, um die Tiere besser betrachten zu können.
    »Das ist kein gutes Zeichen«, stellte John fest und versetzte Fannys Freude damit einen jähen Dämpfer.
    »Warum?«, fragte sie, ohne ihren Blick von den Tieren zu wenden. Sie hätte ihn gern angesehen, aber nach dem, was eben vorgefallen war, hatte sie nicht den Mumm, ihm in die Augen zu blicken.
    »Das bedeutet, alle Wasserlöcher im Umkreis sind trocken, denn die Giraffen kommen nur bis hierher, wenn der Durst sie antreibt. Hier wachsen ihnen sonst zu wenig Bäume.« John legte den Kopf zurück, wischte mit dem Handrücken über seine Stirn und sah in den Himmel.
    Nun betrachtete sie ihn doch. Er sah müde aus und traurig.
    »Aber was mich noch viel mehr wundert, ich war mir sicher, ich würde den Regen schon riechen, und es erstaunt mich, dass die Tiere ihn nicht auch spüren, sondern trotzdem hierherwandern.« Er schüttelte den Kopf, dann sah er Fanny unverwandt ins Gesicht. »Denn die Tiere wissen es normalerweise vor uns Menschen.«
    Ludwig galoppierte heran und zeigte zu den Giraffen hin. »Sie haben sich einer Herde von Gnus angeschlossen.«
    Fanny kniff die Augen zusammen, aber alles, was sie erkennen konnte, waren kleine schwarze Punkte, die wie Fliegen um die Beine der Giraffen herumzuschwirren schienen.
    »Die sollten wir uns nicht entgehen lassen

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