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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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wollte, und zu ihrer eigenen Überraschung erzählte sie es ihm. Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, fast so, als wäre er Charlotte.
    »Meine Freundin und ich saßen an einem festlich gedeckten Tisch unter einem Kameldornbaum. In unseren Gläsern waren jedoch keine Getränke, sondern Perlen wie die von meinem Armband. Über den Tisch liefen Tausende von Ameisen, was uns aber nicht weiter gestört hat.«
    John gab ein undefinierbares Geräusch von sich. »Lachen Sie mich aus?«, fragte sie.
    »Nein, ich freue mich, Ameisen sind etwas Besonderes. Bitte fahren Sie fort.«
    »Wir haben gegrillte Elefantenrüssel verspeist, die ich in Wirklichkeit niemals essen würde«, erzählte sie, »und dabei hat mir Charlotte einen Witz erzählt.« Fanny hielt inne, um sich zu vergewissern, ob John alles richtig verstanden hatte.
    »Ja?«, fragte er interessiert nach.
    »Der Witz ging so: Ein Hauptmann sitzt im Zugabteil.« Sie unterbrach sich. »Wissen Sie, was ein Hauptmann ist und ein Zug?«
    John nickte heftig und lächelte dabei so breit, dass Fanny seine weißen Zähne im Dunkeln aufleuchten sah.
    »Gut, also eine Dame steigt zu und setzt sich versehentlich auf die Mütze des Hauptmanns. Sie entschuldigt sich wortreich. Der Hauptmann unterbricht sie schließlich und sagt: ›Da haben Sie aber noch Glück gehabt. Eigentlich wollte ich meine Pickelhaube mitnehmen.‹«
    Fanny musste noch einmal lachen und überlegte, ob sie John eine Pickelhaube erklären musste.
    Doch der begann schon zu sprechen.
    »Schauen wir uns Ihren Traum an. Ihre Freundin Charlotte, wo lebt sie, auch hier in Südwest?«
    Fanny überlief es kalt, und sie zögerte einen Moment, aber dann fand sie sich albern. Es war doch nur ein Traum gewesen. »Charlotte ist tot«, erklärte sie und hoffte, dass es ihm nicht merkwürdig vorkam, dass sie den gleichen Namen trug.
    »Sie ist also eine Ihrer Ahninnen, die gekommen ist, um Sie zum Lachen zu bringen. Das bedeutet großes Glück.« Er schwieg so lange, dass Fanny schon Angst bekam, Ludwig könnte hinter ihr stehen. Aber ein Blick zum Karren zeigte ihr, dass sich dort nichts bewegte.
    »Ameisen wiederum bedeuten, dass Sie sich unerwartet in einen Mann verlieben und nie wieder trennen werden bis zum Tod. Wenn einer von Ihnen beiden gestorben ist, wird der Überlebende sich selbst töten oder einfach sterben, weil sie einander geliebt haben, wie die Ameisen lieben.«
    Fanny wurde ganz heiß. Sich verlieben. Unsinn. Was tat sie hier eigentlich? Ludwig würde dieses Gespräch niemals gutheißen. Und doch brannte sie darauf, mehr zu hören.
    »Nun noch das Essen von Elefantenfleisch. Das kann verschiedene Bedeutungen haben. Entweder werden Sie an die Stelle eines Häuptlings treten, oder Ihre Eltern werden sterben. Weil Sie eine Frau sind, könnte es aber auch heißen, dass Sie heiraten werden.«
    »Ich bin doch schon verheiratet.« Fanny sah unwillkürlich wieder zu Ludwig hinüber.
    John seufzte. »Es fällt mir nicht leicht, das zu sagen, aber dann könnte es auch bedeuten, dass Ihr Mann bald sterben wird.«
    Plötzlich wurde ihr klar, wie unmöglich das war, was sie hier tat. »John, verzeihen Sie, aber das alles ist doch ziemlicher Unsinn. Zum Beispiel ist Charlotte keine Ahnin, sondern eine Freundin.«
    »Ich bin sicher, Ihre Ahnen haben sie in Ihr Leben geschickt, um Sie zu trösten.«
    »Dann waren es auch meine Ahnen, die meine Freundin haben sterben lassen, gerade als ich sie von Herzen lieb gewonnen hatte?«
    »Ist Charlotte nicht erst dann gegangen, nachdem sie Ihnen etwas Wichtiges in Ihr Leben gebracht hat?« Er zögerte. »Oder hat sie Ihnen einen Weg gezeigt, den Sie vorher nicht gesehen haben?«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Charlotte!« Ludwig war aufgewacht und rief nach ihr. Fanny nickte John zu und beeilte sich, wieder auf den Karren zu kommen.
    »Wo warst du?«, fragte Ludwig misstrauisch und richtete sich auf. Fanny fühlte sich, als hätte Seraphina sie bei einer schweren Verfehlung erwischt, und hoffte, dass Ludwig John nicht sehen konnte.
    »Ich bin einem menschlichen Bedürfnis gefolgt.« Fanny flüsterte, während sie die feuchte Decke um sich schlug, und war erleichtert, als Ludwig sich wieder hinlegte und wortlos weiterschlief.
    Umthakathi , dachte Fanny und betrachtete wieder den blitzenden Himmel, der ihr jetzt nicht mehr ganz so kalt und grausam vorkam, sondern dunkel und geheimnisvoll. Eine Schwarzzauberin war Johns Mutter nicht, sondern eine Heilerin, eine ubunyanga .

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