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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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jetzt als das allerdümmste Kleidungsstück überhaupt, aber Ludwig legte größten Wert darauf, dass sie »zivilisiert« aussah. Auch ihre Dienstboten sollten so deutsch wie möglich wirken, was in Fannys Augen genauso unmöglich wie überflüssig war und letztlich nur noch mehr Wäsche verursachte. Fanny liebäugelte mit den farbenfrohen Kleidern der Herero-Frauen, die im viktorianischen Stil in der Taille eng zusammengefasst waren und von dort bauschig auf den Boden fielen. Ludwig hätte sie für verrückt erklärt.
    Wenn es Fanny auch nicht gelang, ihre Dienstboten »perfekt auf Kurs« zu bringen, so gab es doch einige Arbeiten, die die beiden gern übernahmen. Grace mochte es, mit dem Staubwedel den Staub in den Zimmern aufzuwirbeln und Wäsche in schaumiger Seife zu waschen, zu spülen und aufzuhängen. Martha, die Fanny zu Anfang nur mit Verachtung gestraft hatte, entwickelte sich zu einer beachtlichen Köchin. Sie liebte es, den Teig für das Brot zu kneten und vor allem, es zu essen. Nachdem Fanny einmal gesehen hatte, wie geschickt Martha das Brot zu Tierfiguren formte, war sie auf die Idee gekommen, ihr Ton zu kaufen und sie zu bitten, daraus Figuren zu kneten, was Martha nach anfänglichem Zögern mit immer größerer Be geisterung tat. Sie hatten zwar keinen Brennofen, aber die Sonne trocknete die Figuren gut genug, sodass man sie an durchziehende Händler verkaufen konnte. Fanny bemerkte, dass Martha immer wieder hochschwangere Frauen formte, was sie merkwürdig fand. Machten sich ihre Dienstboten etwa auch schon Gedanken über ihre Fruchtbarkeit? Waren das afrikanische Fetische, die ihr dabei helfen sollten, schwanger zu werden?
    Sie traute sich nicht, Martha zu fragen, und bat stattdessen Grace um eine Erklärung. Grace wollte ihr erst nichts verraten, doch schließlich erzählte sie ihr, dass Martha zwei Kinder geboren hatte, die ihr von weißen Sklavenhändlern wenige Monate nach der Geburt weggenommen worden waren. Fanny war entsetzt und wollte mit Ludwig darüber reden, aber der fand, er hätte Martha schon allein dadurch gerettet, dass er sie für Fanny freigekauft und angestellt hatte. Und überhaupt sollte sie endlich aufhören, dem Geschwätz der Dienstboten so viel Bedeutung beizumessen.
    Doch Fanny war ganz im Gegenteil sogar davon überzeugt, dass es nicht nur gut war, mit ihnen zu reden, sondern auch ihre Sprache zu lernen.
    Grace brachte Fanny Worte aus ihrer Sprache bei, der khoin-khoin , was, wie sie Fanny erklärte, »die wahren Menschen« bedeutete. Wenn Fanny versuchte, Nama-Schnalzlaute von sich zu geben, schütteten Martha, Grace und Zach sich aus vor Lachen.
    Immerhin hatte Fanny schon gelernt, »Vielen Dank« zu sagen, was einfach war, denn da gab es keinen Schnalzlaut: kai aios . Bis drei zu zählen war schon sehr viel schwerer. Eins klang wie »tlgiu«, zwei wie »tlgam«, drei wie »tssnona«. Zum Austausch hatte Fanny Grace und Martha bayerische Worte beigebracht, wie zum Beispiel »Oachkatzlschwoaf«. Natürlich tat sie das nur, wenn Ludwig nicht in der Nähe war – er hätte sich gewundert, woher sie als Berlinerin solche Worte überhaupt kannte.
    Fanny war gerade dabei, Biltong zuzubereiten, Trockenfleisch, denn Ludwig hatte gestern, am Tag vor seiner Abreise, noch einen Kudu geschossen, dessen Fleisch sie konservieren musste, damit es nicht verdarb. Dazu hatte sie das Kudufleisch in zwei bis drei Zentimeter dicke Streifen geschnitten und jedes Kilo Fleisch mit zwanzig Gramm Salz, vierzig Gramm Koriander und zwei Gramm braunem Zucker vermischt und es über Nacht durchziehen lassen. Sie zeigte Martha und Grace, wie sie die Streifen zum Trocknen an die Wäscheleine hängen sollten, als sie ein Pferd herangaloppieren hörte. Ludwig war heute Morgen erst aufgebrochen, so schnell konnte er unmöglich wieder zurück sein. Oder hatte er etwas vergessen?
    Fannys Armband wurde warm, und plötzlich wusste sie, wer sich hinter der Staubwolke verbarg, die den Reiter umgab. Es war John, den sie schon seit Wochen nicht mehr gesehen hatte, weil Ludwig ihn ständig auf seinem Land herumschickte.
    Je näher er kam, desto lauter hörte sie neben den klappernden Hufen auch noch ein herzzerreißendes Wimmern.
    Es hatte sie überrascht, dass Ludwig ohne John, nur zusammen mit Hendrik und ein paar Hirtenjungen nach Mariental aufgebrochen war. Ludwig hatte ihr erklärt, wie wichtig es war, dass sein Verwalter blieb und nach dem Rechten sah, denn er war der Überzeugung, dass das Chaos

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