Der Duft Der Wüstenrose
ausbrechen würde, sobald er seinem Haus den Rücken zukehrte. Er hatte Fanny eindrücklich an den Revolver erinnert und sie gebeten, dafür zu sorgen, dass er einwandfrei funktionierte und schussbereit unter ihrem Kopfkissen lag.
Das Wimmern kam von einem Kind, das auf dem Rücken von Johns Pferd lag. Er sprang ab, nahm es behutsam in seine Arme und kam auf Fanny zu.
Fanny lief ihm entgegen. »Was ist passiert?«
»Wir brauchen Hilfe.« John war völlig außer Atem.
»Ludwig ist nicht da«, stotterte Fanny. »Wie kann ich helfen?«
»Ich weiß es nicht genau. Das ist Kajumba, sie ist die Lieblingstochter von Zacharias, dem Herero-Häuptling, der wichtig für Ludwig ist, denn er will Land von ihm kaufen. Sie ist krank.«
Fanny betrachtete das höchstens achtjährige Mädchen und wunderte sich, dass ein Stammeshäuptling der Herero sein Kind zum weißen Arzt bringen ließ. »Aber Ludwig ist nicht da«, wiederholte sie und fragte sich, was dem Kind wohl fehlte.
»Wir wollten auch nicht zu ihm, wir wollen zu Ihnen.«
»Zu mir?« Mit Unbehagen beobachtete Fanny, dass Grace, Martha und Zach herangekommen waren und mit ihnen alle anderen, die im Haus und in den Ställen arbeiteten. Ja, sie hatte einigen Schwarzen bei lächerlichen Lappalien geholfen, aber dieses Kind hier sah entsetzlich schwach und krank aus. Als sie es genauer betrachtete, bemerkte sie, wie geschwollen der eine Fuß war.
»Gut, gehen wir in Ludwigs Praxis«, sagte sie und eilte voran. Nur weg von all den Zuschauern, denn wenn Ludwig davon hörte, würde ihm das nicht gefallen.
John folgte ihr und legte das Mädchen auf die Liege.
»Warum wurde sie nicht mit traditioneller Herero-Medizin behandelt oder von Ihrer Mutter, John?«
»Sie wurde mit Herero-Medizin behandelt«, sagte John grimmig, »aber der Clanchef hat einen unfähigen Quacksalber an die Kleine herangelassen, der hat sie ausgerochen.«
»Ausgerochen?«, fragte Fanny. »Was bedeutet das?«
»Es bedeutet, dass der Kerl wie ein Hund an der Kleinen herumgeschnüffelt hat, bis seine Gnuschwanzwedel ausgeschlagen haben. In ihrem Atem wollte er Beweise dafür gefunden haben, dass sie sich an ihren Ahnen vergangen hat, die ihr dieses Leiden dann zur Strafe geschickt hätten.«
»Aber sie ist doch noch ein Kind!« Fanny schüttelte den Kopf.
»Genau«, stimmte John ihr zu, »dieses Mädchen ist noch nicht verantwortlich für seine Taten. Meine Mutter hätte genau gewusst, was zu tun ist, aber derselbe Quacksalber, der diesen Unsinn von sich gegeben hat, behauptet auch, meine Mutter sei eine Schwarzzauberin, und deshalb hat Häuptling Zacharias mich zu Ihnen geschickt. Außerdem …«, Johns Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lachen, »… hat er gehört, dass Sie mit den Mächten des Himmels sprechen können.«
Fanny stieg die Röte ins Gesicht. »Was für ein dummes Zeug!«
»Nun, ich war dabei.« John nickte. »Aber genug davon, was fehlt dem Kind?«
Fanny berührte die Stirn des Mädchens und zuckte erschrocken zurück. Sie fühlte sich so heiß an wie Charlottes, kurz bevor sie gestorben war. Das Mädchen hatte gefährlich hohes Fieber. Angst zog Fannys Magen zusammen. Was, wenn dieses Kind unter ihren Händen starb? Das könnte zu Unruhen unter den Schwarzen führen.
»John, ich bin kein Arzt!«
»Wollen Sie, dass sie stirbt?«
Johns Frage klang so eindringlich, dass Fanny nachgab und sich die Lupe von Ludwigs Schreibtisch holte, um den Fuß besser untersuchen zu können. Zwischen den Zehen war eine große Beule, und sie war sicher, dass etwas darin steckte, was sich entzündet haben musste. Das Kind atmete viel zu schnell. Fanny legte ihre Hand auf die Brust des Mädchens, um es zu beruhigen. Heiß, sehr heiß.
»Sie hat sich etwas eingetreten«, sagte Fanny, »was sich übel entzündet hat. John, warum geben Sie ihr nicht den gleichen Brei, den Sie mir auf den Skorpionstich getan haben?«
John nahm Fannys Hand von der Brust des Kindes, hielt sie in seiner fest und zog sie dann zu seiner Brust, was Fanny zwang, ihn anzusehen. »Weil wir das schon versucht haben. Kajumba reagiert zu heftig auf Omukaru , es bilden sich sofort Quaddeln überall an ihrem Körper. Und jetzt kämpft Kajumba mit dem Tod, sie braucht sofort Hilfe. Und ich bin sicher, Sie können sie retten.« Er sah sie flehend an.
»Wie können Sie da so sicher sein?«
»Ist mir egal, ob Sie lachen, aber ich habe es geträumt. Und meine Träume lügen nicht.«
»Spricht jetzt das Europäerbein oder das
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