Der Duft des Anderen
kommen, hatte Jan begonnen, von ihrer Bilderausstellung zu reden und dann vom Malen allgemein. Barbara nippte an ihrem Aperitif und beantwortete höflich seine Fragen. Dann sagte sie: »Verstehst du etwas von Malerei, Jan?«
»Nein.«
»Weshalb redest du dann darüber?«
»Wir können auch gern über Vergaser, Verteiler und Ölwechsel reden«, grinste er.
»Eins zu null für dich, Jan. Findest du, dass die Farbe meines Kostüms zu meinem Lippenstift passt?«
Jan stutzte, dann konterte er: »Meinst du, meine Krawatte passt zu meinen Socken?«
Beide mussten so laut lachen, dass das gesetzte Publikum in ihre Richtung blickte. »Ich finde, dass
wir beide
gut zueinanderpassen«, sagte Jan.
»Das finde ich auch, Jan. Du bist ein netter Kerl.«
»Na ja, ich habe schon bessere Komplimente gehört.«
Ein Ober mit einem Dackelgesicht brachte als Vorspeise Krabbencocktail. »Was möchtest du denn hören, Jan? Du siehst gut aus, sicher schwärmen viele Frauen für dich, nicht nur Monika.«
»Und du, Barbara?«
»Ich mag gut aussehende Männer, die nett sind.«
»Ja, und ich mag gut aussehende Frauen, die nett sind«, grinste Jan. »Nicht sehr originell, ich weiß.«
»Weil ich nett bin, habe ich dich heute eingeladen. Ich gebe zu, mir war nach einem schönen Abend. Aber ich möchte auch mit dir reden. Sehr ernsthaft, Jan.«
Jan machte erschrockene Augen. »Ernsthaft? Ich sage nichts mehr ohne meinen Anwalt.«
»Ich weiß nicht, was Monika dir über mich erzählt hat«, sagte Barbara zwischen behutsamen Bissen dieser köstlichen Vorspeise. »Jedenfalls kann es nichts Wesentliches gewesen sein, denn sie kennt mich kaum. Ich meine, sie kennt mich nicht richtig. Monika macht nie den Versuch, mich zu ergründen, vielleicht bin ich deshalb mit ihr befreundet. Ich brauche meine Geheimnisse, Monika ist so unkompliziert, so weiblich.«
»Ich dachte immer, die Frauen seien das komplizierte Geschlecht.«
»Empfindest du es so? Ich finde Frauen sehr einfach. Aber darüber wollte ich nicht sprechen. Sicher meinte Monika, ich hätte eine seltsame Einstellung, was Männer angeht.«
»So etwas Ähnliches sagte sie«, nickte Jan.
»Na gut, sie ist tatsächlich etwas seltsam.« Barbara nahm sich von dem gerösteten Brot, das zu dem Krabbencocktail gereicht wurde, und knabberte daran wie ein Kaninchen, dabei sah sie Jan ernsthaft an. »Ich wünsche keinen Sex, unter keinen Umständen. Ich ertrage es nicht. Wenn wir Freunde bleiben wollen, musst du das unbedingt akzeptieren Jan. Das war es, was ich dir sagen wollte.«
Jan tat, als sei ihm etwas Mayonnaise auf die Hose gekleckert. Das musste er erst einmal verdauen. Gewiss, es gab solche Frauen. Sie waren verklemmt, frigide oder wie man das nannte. Aber dafür gab es Psychiater.
»Und bitte gib mir keine dummen Ratschläge, wie ich das ändern könnte«, fuhr Barbara fort. »Hormone schlucken oder einen Psychiater aufsuchen. Ich werde nichts dergleichen tun, weil ich mich in dieser Situation sehr wohl fühle.«
Jan fühlte sich ertappt und errötete. »Du hast Angst davor, nicht wahr, Barbara? Der richtige Mann könnte dir diese Angst nehmen.«
Barbara zerknüllte ihre Serviette. »Der richtige Mann, wie? Und jeder, mit dem ich spreche, hält sich für den Richtigen. Ha!« Sie warf ihm die Serviette ins Gesicht.
Jan hob beide Arme. »Nicht doch, ich nehme alles zurück. Bitte nicht werfen.« Er nahm das Papierknäuel und legte es vorsichtig auf den Tisch. »Ich sage nichts mehr, bestimmt. Aber du weißt einfach nicht, was du versäumst, wenn du …«
Der Rest des Aperitifs spritzte ihm ins Gesicht. »Du redest genauso beschissen wie alle Männer, Jan Matuschek! Du wärmst die gleichen Plattitüden auf. Ich habe weder Angst noch bin ich verklemmt, lass dir das gesagt sein. Ich habe Gründe für mein Verhalten, die aber nur mich etwas angehen. Willst du das akzeptieren? Willst du mein Freund sein, Jan?«
Jan wischte sich den Martini aus dem Gesicht. »Nur dein Freund?«
»Ja. Halte dir Monika als Geliebte und tausend andere, du wirst schon nicht zu kurz kommen.«
Jan schwieg. Konnte er so ein Versprechen abgeben und halten? »Mann und Frau können Freunde sein«, begann er vorsichtig, »sie können auch sein wie Bruder und Schwester, wenn sie – wenn sie einander nicht begehren.«
Barbara verdrehte die Augen.
Jetzt kommt der Satz
, dachte sie. Und er kam.
»Ich möchte mehr sein als nur dein Freund, weil ich dich ganz natürlich begehre und …«
»Halte mir keine
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