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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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anstießen, kamen beiden die Tränen und sie umarmten sich noch einmal. Erst nach und nach wurde beiden klar, was es bedeutete, einen Bruder zu haben und dazu noch einen Zwillingsbruder.
    »Wir werden uns viel zu erzählen haben, Jan. Sehr viel. Wahrscheinlich werden wir nächtelang zusammensitzen müssen. Weißt du was, bleib doch noch ein bisschen bei uns, ich möchte dich nicht gleich wieder verlieren.«
    Jan und Monika wechselten einen pfeilschnellen Blick. »Das ist furchtbar nett gemeint, Joachim, aber ich möchte euch nicht zur Last fallen.«
    »Blödsinn! Wir haben achtundzwanzig Jahre nachzuholen, da wirst du wohl ein paar Wochen bei uns wohnen können.«
    Jans zurechtgelegte Worte waren nutzlos, seine Strategie überflüssig. Joachim schöpfte keinen Verdacht, im Gegenteil, er ebnete ihnen alle Wege. Das verwirrte Jan, und er kam ins Stottern, was sonst nicht seine Art war. »Das ist – äh – natürlich richtig, aber ich muss …«
    »Taxi fahren? Wegen des Verdienstausfalls musst du dir keine grauen Haare wachsen lassen. Von heute an sind wir beide immer für dich da, das ist Ehrensache.«
    »Ich wollte nicht den Eindruck erwecken …«
    »Du erweckst gar nichts. Es sei denn, du willst mich beleidigen und meine Gastfreundschaft ausschlagen?« Joachim zwinkerte ihm zu wie ein Schuljunge.
    Jan atmete tief durch. »Das will ich natürlich keinesfalls.«
    »Dann ist die Sache klar. – Monika, Jan hat nichts mehr im Glas. – Weißt du Jan, ich bin oft geschäftlich unterwegs, Monika wird es dir vielleicht schon gesagt haben?«
    Jan nahm Monika die Flasche aus der Hand und lächelte ihr zu. »Danke, ich schenke mir schon selbst ein. – Ja, sie erwähnte es«, sagte er, an Joachim gewandt. Es ärgerte ihn, dass Joachim sein Wort nur an Monika richtete, wenn er etwas von ihr wollte.
    »Du könntest dann etwas mit Monika unternehmen, das wäre doch schön. Vielleicht besucht ihr das Theater oder geht ins Kino? Monika geht auch gern in den Zoo.«
    »Ach, tut sie das?« Jan konnte seinen Unwillen kaum noch verbergen. »Gehst du gern in den Zoo, Monika?«
    Sie nickte. Sie war an Joachims Art gewohnt; dass er sie ignorierte, fiel ihr nicht auf. Was sie hörte, war die gute Nachricht: Jan durfte bleiben, und Joachim hatte nicht einmal etwas dagegen, wenn sie mit Jan etwas unternahm. »Joachim weiß, dass ich sehr unternehmungslustig bin«, sagte sie vorsichtig, um Joachim nicht die Stimmung zu verderben.
    Jan war das unheimlich. Joachim hatte ihm soeben mit versteckten Worten die eigene Frau angeboten, nichts anderes. Die Freude über den Bruder mochte noch ehrlich gewesen sein, aber diese Großzügigkeit war verdächtig.
Also doch eine Geliebte!
, überlegte Jan. Oder Schlimmeres? War Joachim gar in unlautere Geschäfte verwickelt und deshalb ständig unterwegs?
    Vielleicht sollte er sich hier nicht einmischen, überlegte Jan. Aber waren Joachims Sachen jetzt nicht auch seine eigenen? Außerdem sah Jan bei Monika keine Zukunft und hatte sich innerlich bereits abgesetzt. Wenn er sich weiterhin als ihr Liebhaber betätigte, konnte er nicht gleichzeitig mit Barbara etwas anknüpfen.
    Langsam angehen lassen
, dachte er. Und so bedankte er sich für Joachims Entgegenkommen und versicherte, er werde alles tun, um Monika zufriedenzustellen. Joachim schien diese Doppeldeutigkeit zu überhören, er strahlte, als habe man ihm ein Geschenk gemacht. »Abgemacht Jan, du kannst so lange bleiben, wie du möchtest. Unsere Wohnung ist ja geräumig.«
    Dann lehnte sich Joachim genüsslich zurück, blies sich die Strähne aus der Stirn und fuhr fort: »Jetzt erzähl doch mal aus deiner Kindheit, Jan. Wie bist du aufgewachsen?«
    »Weshalb lässt du dir eigentlich nicht die Haare schneiden? Die fallen dir ja ständig ins Auge.«
    »Äh – wie?« Joachim war völlig irritiert. Niemand in seinen Kreisen hätte ihm geraten, diese lustvolle Strähne abzuschneiden.
    »Na, dein merkwürdiger Pony da. Viel zu lang.«
    Joachim wischte sich die Strähne gekonnt aus der Stirn.
    »Da, schon wieder musst du dir das Haar aus dem Gesicht streichen. Ist doch lästig.«
    Joachim wurde rot. »Ja, findest du? Ich – also ich merke das gar nicht.«
    »Deswegen sage ich es dir ja. Andere macht das auch nervös. – Dich nicht, Monika?«
    »Das Thema mit Joachims Haaren habe ich längst aufgegeben. Ich glaube, er findet es lässig, wenn man so ein Geschlenker vor den Augen hat.«
    »Jan soll lieber etwas aus seiner Jugend erzählen. Meine

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