Der Duft des Anderen
halten. Der Tod dieses Mannes, der eine Frau war …«
Alexander wuchtete hoch von der Liege wie ein angeschossener Löwe. »Schluss! Aufhören! Das ist ein unerträgliches Elaborat. Diesen Schmierfinken verklage ich! Der wird nie mehr einen Fuß in eine Redaktion setzen!«
Sein Gebrüll hallte über die gesamte Anlage. Am Rande scharten sich einige Hotelangestellte zusammen und berieten, wie man den aufgebrachten Gast beruhigen könnte. Ein Herr mit Fliege, offenbar ein vorgesetztes Wesen, scharwenzelte heran, eine halb verfaulte Orange zischte dicht an seinem Ohr vorbei. Alexander bückte sich bereits nach der Nächsten. Diese Wurfgeschosse waren von den Bäumen gefallen, die überall auf dem Gelände standen und Schatten spenden sollten.
Joachim versuchte, Alexander von weiteren Würfen abzuhalten. Er stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor ihn hin. »Mäßige dich! Wir sind hier nur zu Gast.«
Alexander maß ihn mit einem wilden Blick, die Hand mit der Orange drohend erhoben. »Alle Welt glaubt jetzt, Alexander Kirch sei eine Frau gewesen! Das ist ungeheuerlich! Das ist Rufmord! Mein Name ist befleckt, ach was, ruiniert!«
Aber er ließ den wurfbereiten Arm sinken, Joachim drängte ihn geduldig wieder zurück auf die Liege. »Unsinn! Du bist doch Fernando Ramirez, der berühmte Porno-Regisseur, und ich Steve Morrison, dein Produzent. Ich kenne gar keinen Alexander Kirch, du etwa?« Versteckt grinsend tat er den Zeitungsabschnitt zurück in den Umschlag und nahm von einem hübschen Pagen, der sich vorsichtig näherte, eine Piña Colada entgegen.
Alexander, gespreizte Knie, den muskulösen Rücken kampfbereit gespannt, ein Monument des Zorns, winkte herrisch. »Eine eisgekühlte Flasche Wodka zu mir, aber sofort!«
Langsam verrauchte sein Zorn, sein Körper entspannte sich mit jedem Schluck. Ein sanfter Wind kam vom Meer, knisterte in schaukelnden Palmwedeln, Alexander streckte sich behaglich, sein verhangener Blick war leicht umflort. Auch Joachims Blick war nicht mehr ganz von dieser Welt, er hatte sich an Karibik-Rum gehalten. »Du«, sagte er und stieß Alexander an. »Uns geht es doch fantastisch hier, was? Unsere Träume haben sich tatsächlich erfüllt. Sollten wir nicht eher mit Dankbarkeit an die Frau denken, die uns das alles ermöglicht hat?«
Alexander musterte Joachim mit verschleiertem Blick. Dann ließ er seinen rechten Arm träge von der Liege rutschen, fischte mit lässiger Bewegung eine Hibiskusblüte aus dem Swimmingpool und steckte sie sich vorn in die Badehose. »Also gut«, sagte er mit schwerer Zunge, »von jetzt an darfst du Barbara zu mir sagen.«
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