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Der Duft des Apfelgartens

Der Duft des Apfelgartens

Titel: Der Duft des Apfelgartens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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als Nächstes sagen wird. Heutzutage spricht sie selten, und ihre wenigen Worte sind seltsam und doch bedeutungsvoll.
    Und sie hat so recht, überlegt Clem. Diese staunenswerte Stille am Ende einer großen Symphonie, wenn das Publikum auf eine andere Bewusstseinsebene erhoben worden ist. Wie ich es hasse, wenn die Leute schon schreien und klatschen, fast bevor die letzte Note gespielt ist, und die Atmosphäre zerstören, die entstanden ist!, denkt er. Und die tiefe Konzentration zu Beginn, wenn der Taktstock sich hebt und jedermann in eine atemlose, erwartungsvolle Stille gezogen wird.
    »Und die Stille vor und nach dem Gebet«, ergänzt Vater Pascal und nimmt seinen Platz am Tisch ein. »Wie wäre es, wenn wir kurz schweigend innehalten und um die Weisheit beten, Gottes Plan für uns hier auf Chi-Meur zu erkennen, und um den Mut, ihm zu folgen?«
    Auf dem Kirchhof legt Mo Blumen auf das Grab ihrer Schwiegereltern. Keiner der beiden hätte ihr für Treibhausblüten gedankt; stattdessen hat sie ein paar der hübschen Märzbecher gepflückt, die auf dem Kirchhof noch blühen, und rosarotes Leimkraut, das wild auf den großen alten Gräbern anderer, lange verstorbener Familienmitglieder wächst, die im Court gelebt und in dieser wunderschönen kleinen Propsteikirche den Gottesdienst besucht haben.
    Was würdet ihr tun?, fragt sie lautlos ihre Schatten, während sie die vertrockneten Stiele ihrer letzten Gabe herausnimmt und die leuchtenden, frischen Blumen in die kleinen Löcher in dem metallenen Halter steckt. Es war euer Haus. Ihr habt es geliebt und in Ehren gehalten, genau wie wir, und in dem Garten gearbeitet, in dem alle Hunde begraben sind. Oh, die Hunde! Ich erinnere mich so gut an alle! Und ich weiß noch, dass es nach dem Aufenthalt in all den fremden Ländern im Court war, als kehrte man in eine Schutzburg heim.
    Sie geht in die Hocke, schaut nach oben in die glänzenden schwarzgrünen Blätter der großen Eibe und streckt die Hände aus, um die rauen, körnigen Äste zu berühren.
    »Ihr habt Adam so geliebt, als er ein Baby war. Wie stolz ihr auf ihn wart! Aber was würdet ihr jetzt von ihm halten? Wie sollen wir uns eurer Meinung nach entscheiden? Er will das Court nicht. Er weiß es nicht zu schätzen. Als wir die Pensionsgäste hatten, hat er es gehasst und sich geweigert, in den Ferien seine Freunde mit nach Hause zu bringen. Stattdessen ist er zu ihnen gefahren, und wir haben ihn kaum gesehen. Natürlich habe ich ihn verwöhnt. Nach all den Fehlgeburten hatten wir plötzlich einen Sohn und waren überglücklich. Und er war so ein merkwürdiger kleiner Junge, so kühl und still. Immer hat er alles beobachtet, aber nie richtig daran teilgenommen. Er war so distanziert. Die arme Dossie! Sie hat sich so große Mühe gegeben, ihn in ihre Unternehmungen mit ihren Freunden einzubeziehen, doch er war das, was die Franzosen insortable nennen, nicht gesellschaftsfähig.
    Ich war so glücklich, als er Maryanne geheiratet hat. Sie war so ein überschäumendes, extrovertiertes Mädchen. Sie wird dafür sorgen, dass er endlich menschlich wird, dachte ich. Aber es hat nicht funktioniert. Zu Anfang hat sie ihn mit ihrer Energie einfach mitgerissen, doch am Ende hat seine Kälte sie einfach erstarren lassen. Sie hat sie ausgedörrt, bis sie nur noch gehen konnte, um sich selbst zu retten. Das konnte ich sehen. Sie wollte es nicht wirklich; sie hat ihn geliebt, aber sie konnte einfach keine Verbindung zu ihm aufbauen. Keiner von uns konnte das. Ach, Maryanne fehlt mir! Wir halten den Kontakt, doch das bringt Adam gegen uns auf. Es war fast eine Erleichterung, als sie die Stelle in Brüssel angenommen hat. Und jetzt ist Natasha da. Sie ist auch so eine unterkühlte Person, daher passen sie zueinander, und ich bin mir sicher, dass sie auf ihre eigene Art glücklich sind. Ich urteile nicht über die beiden, sondern ich frage mich nur, was wir mit dem Court anfangen sollen. Sie wollen es nicht. Natashas Töchter hassen es hier. Sie wollen shoppen gehen, sich unterhalten lassen, Lärm. Adam und Natasha wollen dafür sorgen, dass Dossie kein Wohnrecht im Haus erhält, wenn wir sterben. Sie haben Angst, Clem und Jakey würden dann auch einziehen, und für sie selbst gäbe es kein Geld. Ich weiß, dass es falsch von uns ist, so zu empfinden, wenn Adam sie liebt, aber Pa hat gesagt: »Was wird, wenn wir das Haus Adam hinterlassen, er bald und unerwartet stirbt und es an Natasha und diese Mädchen fällt? Wir kennen sie nicht,

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