Der Duft des Apfelgartens
Vater Pascal sich an Jakey erinnert, der um eine Leckerei bettelt. Er legt Clem, der viel größer ist als er, leicht die Hand auf die Schulter.
»Treffen Sie sich mit Pa und Mo«, sagt er sanft. »Gehen Sie zum Gottesdienst und beten Sie um Führung, aber reden Sie einstweilen noch mit niemandem darüber.«
Er öffnet die Haustür. Clem duckt sich unter dem niedrigen Türbalken hindurch, wechselt einen letzten, aufgeregten Blick mit dem Priester und eilt dann den steilen Hügel nach Chi-Meur hinauf.
»Bunte Kinder-Muffins«, erklärt Dossie. »Ich habe einen Kindergeburtstag ausgerichtet. Aber ich dachte, wir sollten einen Moment zusammensitzen. Das haben wir seit Ewigkeiten nicht getan, stimmt’s? Herrje, der Lavendel duftet wunderbar!«
Sie gibt Janna die Kuchendose und beugt sich hinunter, um mit den Fingern durch die duftenden Spitzen des Lavendels zu fahren. Der Wohnwagen scheint mitten in einem Blumenbeet zu stehen: Rundherum sind Töpfe in verschiedenen Größen und Formen aufgestellt, in denen Kräuter und Blumen wachsen. Dossie berührt die eine und die andere Pflanze und hält inne, um genüsslich an ihren Fingern zu riechen. Janna schaut zu und freut sich, sie zu sehen. In ihren verwaschenen Jeans und dem weiten weißen Baumwollhemd wirkt Dossie jung, hübsch und glücklich.
»Ich liebe Kinder-Muffins«, sagt Janna, »und der Zeitpunkt ist genau richtig. Wir haben nur ein paar Stammgäste, die mich ein bisschen entlasten und einen Teil meiner Arbeit übernehmen, deswegen habe ich einen Tag frei. Tee?«
»Hm, ja, bitte. Kamille und Zitrone würden gut zu den Muffins passen.« Sie richtet sich auf und schaut Janna an. »Wie geht es Ihnen?«
»Mir geht es gut.« Sie versucht, ihre Sorge um Chi-Meur, um ihre Zukunft, zu verbergen, denn sie weiß, dass Dossie keine Ahnung hat, was los ist. »Es ist schön, ein wenig Hilfe zu haben. Wissen Sie, die Leute, die hierherkommen, sind einfach erstaunlich. Es ist, als gehörten sie zur Gemeinschaft. Wie Familienmitglieder. Na ja, vielleicht liegt es daran, dass sie schon seit Jahren herkommen. Warten Sie, ich setze das Wasser auf.«
Sie holt einen kleinen, stoffbezogenen Klappstuhl, stellt ihn für Dossie neben dem Lavendel auf und geht wieder hinein, um den Tee zu kochen. Ein paar Minuten später taucht sie mit einem Tablett auf, das sie ins Gras stellt, und setzt sich dann wieder auf die Stufe des Wohnwagens.
»Ich finde es wunderschön hier«, sagt Dossie, die mit geschlossenen Augen in der Sonne sitzt, träumerisch. »Komisch, nicht wahr, dass hier auf dem Gelände exakt die gleiche Atmosphäre herrscht wie in der Kapelle. Es ist, als läge eine Art Zauber über dem Ganzen. Haben Sie keine Angst, wenn Sie hier draußen allein schlafen?«
Janna schüttelt den Kopf. »Manchmal lasse ich sogar die Tür offen, wenn es nachts heiß ist. Jedenfalls die obere Hälfte. Ich habe mich auf Straßen voller Menschen schon mehr gefürchtet als hier allein. Es wird mir schwerfallen …« Sie unterbricht sich, beißt sich auf die Lippen und greift nach ihrer Tasse.
»Was?«, fragt Dossie, immer noch mit geschlossenen Augen, müßig. »Was wird Ihnen schwerfallen?«
»Nichts. Ich hatte nur daran gedacht, wie ich zurechtkommen werde, wenn die Stammgäste nach Hause gefahren sind. Ein paar Frauen aus dem Dorf kommen herauf, wenn sie Zeit haben, also ist es eigentlich in Ordnung. Und wie geht es Ihnen? Sie sehen fantastisch aus.«
Dossie schlägt die Augen auf. »Ja?«, vergewissert sie sich erfreut. »Wirklich? Mir geht es im Moment auch ziemlich gut.«
»Und woran liegt das? Neuer Freund?«, zieht Janna sie auf, und Dossie dreht den Kopf, um sie anzusehen.
»Ja.« Janna ist verblüfft. Dossie lacht über ihre Miene. »Verrückt, nicht wahr? Aber sagen Sie bitte nichts, ja? Bis jetzt weiß niemand davon. Ich bin einfach noch nicht bereit, darüber zu reden. Pa wird mir tausend Fragen stellen – Sie wissen ja, wie er ist –, und Mo wird einen Riesenwirbel veranstalten. Und Clem …« Sie verstummt. »Es ist immer ein wenig schwierig, dem eigenen Sohn zu erklären, dass man … Herrje.«
»Verstehe. Clem würde sich doch darüber freuen, dass Sie glücklich sind, oder?«
»Ja, ganz bestimmt; aber die Wahrheit ist, dass ich bis jetzt immer an die falschen Männer geraten bin. Deswegen erzähle ich niemandem davon, nicht einmal meinen alten Freunden. Sie wollen mich immer an das letzte Mal erinnern. Es hat nie so richtig funktioniert, verstehen Sie, und ich fühle
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