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Der Duft des Apfelgartens

Der Duft des Apfelgartens

Titel: Der Duft des Apfelgartens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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triffst du ihn?«
    Er zögert kaum wahrnehmbar. »In Bristol. Dort habe ich schon seit meinem Studium mein Konto. Ich bleibe dann noch ein paar Tage und besuche meine Mutter.«
    Mit einer Mutter hat sie nicht gerechnet, und aus irgendeinem Grund, den sie nicht versteht, versetzt sie das in eine fröhlichere Stimmung. Er wirft einen Blick auf seine Armbanduhr, und Dossie trinkt den Kaffee aus und stellt den Becher ab.
    »Ich lasse dich lieber weitermachen«, sagt sie und steht auf. »Gute Fahrt.«
    Er erhebt sich ebenfalls, und zusammen gehen sie zu ihrem Wagen.
    Sie lächelt ihn an und weiß nicht so recht, was sie sagen soll. »Danke für den Kaffee.«
    Rasch legt er die Arme um sie und küsst sie leidenschaftlich. Damit hat er sie überrumpelt. Spontan erwidert sie den Kuss und hält ihn fest umschlungen.
    »Liebe Dossie«, murmelt er. »Ich wünschte, ich müsste nicht so eilig weg. Ich melde mich per SMS. Pass auf dich auf!«
    Ebenso unvermittelt, wie er sie umarmt hat, lässt er sie los, und sie klettert zittrig und verwirrt ins Auto und fingert ungeschickt mit den Schlüsseln herum. Sie weiß kaum, was sie tut. Er ist bereits weggegangen und steht jetzt an der Tür und beobachtet sie. Sie setzt zurück, wendet und hält inne, um ihm zuzuwinken. Rupert hebt zur Antwort die Hand, und sie fährt schnell davon.
    Rupert bringt die Tassen nach drinnen, spült sie unter dem Wasserhahn ab und läuft dann nach oben, um seine Tasche fertig zu packen. Zwanzig Minuten später fährt er in die entgegengesetzte Richtung. Er flucht unterdrückt und bedauert, dass er die günstige Gelegenheit mit Dossie nur verpasst hat, weil sich im Haus einfach zu viele Hinweise darauf finden, dass er, anders als er behauptet, nicht alleinstehend ist. Falls es ein nächstes Mal gibt, wird er daran denken, obwohl er sich im Allgemeinen lieber anderswo betätigt als zu Hause. Das wirkliche Problem ist, dass Dossie nicht die Art Frau ist, die sich auf so etwas einlässt. Vermutlich wird sie ihn fallen lassen, falls sie herausfindet, dass er verheiratet ist – und er mag sie inzwischen ziemlich gern. Rupert fragt sich, ob er sie richtig einschätzt oder ob sie vielleicht doch zu einer kleinen Affäre bereit ist; er weiß, dass sie für ihn schwärmt. Er denkt an den Kuss; er könnte schwören, dass sie in diesem Moment bereit war. Vielleicht will sie ja keine feste Beziehung, und er ist ein Narr, wenn er die Gelegenheit nicht beim Schopf packt. Ein Jammer, dass sie ausgerechnet aufgekreuzt ist, als er auf dem Weg nach Bristol und zu Kitty war.
    Und Kitty? Seit er Dossie begegnet ist, genießt er sein Doppelleben sehr und hat keine Lust, jedes Wochenende in Bristol zu verbringen, wo ständig Sally und Billy, diese Langweiler, vor der Tür stehen und zu viert ausgehen wollen. Und Mummy, die mit ihrem Rollator zwischen ihrem kleinen Wohnzimmer und ihrem Schlafzimmer hin- und herwackelt oder im Rollstuhl sitzt und es inzwischen nicht einmal mehr in den Garten schafft. Obwohl Mummy sogar noch zum Lachen aufgelegt ist, das arme alte Mäuschen. Keuchend ringt sie nach Luft, während ihr Lachtränen in den Augen stehen, wenn er sie gnadenlos aufzieht. Die Prognose ist nicht gut. Allerhöchstens sechs Monate, sagt der Arzt. Geistig ist sie noch gut beieinander, aber sie leidet unter Angina-pectoris-Anfällen und Kurzatmigkeit. Ihr wird oft sehr schwindlig, und sie fällt sogar in Ohnmacht, wenn sie es übertreibt. Er kann verstehen, warum Kitty das Gefühl hat, bei ihr sein zu müssen; aber sie streiten jetzt so oft darüber, ob sie das Leben, das sie einst genossen hat, wieder aufnehmen will.
    »Du hast Cornwall geliebt«, erinnert er sie manchmal. »Wir hatten so viel Spaß. Du hast gesagt, du wolltest nie wieder in einer Stadt leben.«
    »Ich weiß «, schreit sie dann. »Ich weiß ja! Okay, vieles ist jetzt anders. Vielleicht habe ich mich verändert. Ich genieße es einfach, zurück in der Zivilisation zu sein. Ich hatte ganz vergessen, wie es ist, beinahe spontan ins Theater oder ins Kino zu gehen oder einer Freundin eine SMS zu schicken und mit ihr zu Mittag zu essen. Vergiss nicht, dass ich hier geboren und aufgewachsen bin. Es ist mein Zuhause.«
    »Aber nicht in einer Wohnung, sogar wenn sie in Sneyd Park liegt, mit Aussicht auf den Avon«, gibt er zurück. »Du weißt genau, dass ich hier ersticke.«
    Dann setzt sie eine mürrische Miene auf und gibt es auf, ihn aufzumuntern und so von seinem Entschluss abzubringen.
    »Du brauchst keine

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