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Der Duft des Apfelgartens

Der Duft des Apfelgartens

Titel: Der Duft des Apfelgartens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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Häuser mehr zu restaurieren«, sagt sie. »Wir können es uns leisten, die Arbeit anderen zu überlassen. Inzwischen haben wir einen ziemlich großen Bestand an Mietobjekten, und wenn die arme Mummy nicht mehr ist, werde ich sehr wohlhabend sein. Wir können uns zurücklehnen und das Leben genießen.«
    »Ich will mich aber nicht zurücklehnen und unser Geld genießen«, schreit er. »Ich liebe meine Arbeit. Ich liebe es, zu planen, zu entwerfen und einem alten Haus seine Schönheit wiederzuschenken. Ich dachte, dir gefällt das auch. Zu Anfang warst du noch ganz begeistert. Du hast behauptet, die Unabhängigkeit, die Freiheit und die wunderbare Befriedigung zu lieben, die wir empfanden, wenn ein Haus fertig war. Du hast gesagt, du liebst all das. Kannst du dir wirklich vorstellen, wie wir hier in dieser Wohnung sitzen, ohne ein Ziel im Leben? Was zum Teufel soll ich tun? Kaffee mit dir, Sally und ihrem Mann, diesem langweiligen Pferdenarren, trinken? Mir ein kleines Hobby zulegen, das keinen Schmutz macht? Um Himmels willen! Wir sind noch nicht mal fünfzig.«
    Dann stürmt sie hinaus und knallt die Tür hinter sich zu, und es folgt eine Zeit eisigen Schweigens, das ganz langsam auftaut und einsilbigen Dialogen weicht, schließlich gefolgt von einer hastigen Versöhnung, bevor er wieder nach Cornwall fährt. Er fürchtet diese Wochenenden inzwischen. In letzter Zeit ist er weniger oft gefahren und hat zu viel Arbeit oder plötzliche Probleme vorgeschützt. Außerdem beginnt er, die Vorteile zu erkennen, die es bedeutet, ein wenig mehr Freiheit zu haben; vielleicht können sie doch einen Kompromiss schließen. Rupert stellt sich ein Szenario vor, in dem Kitty ihm näher, aber nicht zu nahe ist; gerade weit genug, um ihm etwas mehr Freiraum zu lassen.
    Kitty und Sally trinken Kaffee. Kitty ist leicht irritiert, weil die Freundin unerwartet aufgetaucht ist, versucht jedoch, es nicht zu zeigen. Sally ist sich Kittys Verärgerung vollkommen bewusst und genießt sie in aller Stille. Sie hat in ihrer Freundschaft gern die Kontrolle – das war schon immer so, seit sie beide als Mädchen neu an der Clifton-Highschool waren.
    »Du kannst meine neue beste Freundin sein.« Sally stellte die wichtige Miene eines Menschen zur Schau, der sich auskennt. Zwei ältere Geschwister von ihr besuchten die Schule – darunter ein Vertrauensschüler –, und Kitty konnte kaum an ihr Glück glauben. Und so ging es während ihrer ganzen Jugendjahre weiter: Sally sagte, wo es langging, und Kitty folgte ihr.
    »Dein neuer Haarschnitt gefällt mir«, bemerkt Sally jetzt. »Aber … ist er nicht ein wenig kurz? Ein ganz kleines bisschen? Du musst deinen Kiefer ein bisschen kaschieren. Ach, das wächst schon wieder. Nein, nein, sieht toll aus. Ehrlich. Dann ist Rupert also unterwegs. An den letzten paar Wochenenden hat er es nicht geschafft, oder? Wahrscheinlich versucht er, das Cottage rasch fertigzustellen. Du darfst einfach nicht zulassen, dass er noch eins kauft, Liebes. Es ist doch Wahnsinn, dass er ständig weg ist. Du musst dich schrecklich sorgen … nun ja, nicht wirklich sorgen, aber kribbelig würde mich das machen. Er ist so charmant, nicht wahr? Nicht, dass er etwas tun würde, natürlich nicht, aber Mitte vierzig ist ein gefährliches Alter, stimmt’s? Sogar der liebe alte Bill hat das Gefühl, dass ihm langsam die Zeit davonläuft. Hast du ihn letztes Mal im Club gesehen, als wir mit der armen Claire dort waren? Natürlich hat sie mitgespielt. Ehrlich, ich habe gelacht. ›Ignorier ihn einfach‹, habe ich nachher zu ihr gesagt. Tut mir übrigens wirklich leid, dass es deiner Mum wieder schlechter geht. Du bist so eine Heilige. Bill hat es erst gestern Abend gesagt: ›Kitty ist eine absolute Heilige, wie sie wegen ihrer Mutter ihre Ehe hintanstellt. Und der gute Rupert ist ganz allein in Cornwall.‹ Hör mal, ich muss laufen. Ich weiß, dass du jede Menge zu tun hast, und ich bin zum Mittagessen mit Claire verabredet. Bis bald …«
    Mit flatternden Schals und klappernden Absätzen wirbelt sie hinaus und hinterlässt eine Parfümspur. Sally sieht noch erstaunlich jung aus; ihr halblanges, zu einem Bob geschnittenes aschblondes Haar enthält inzwischen mehr Asche als Blond, doch sie macht sich nichts daraus.
    »Findest du nicht auch, dass es schrecklich alt macht, wenn man sich die Haare färbt?«, bemerkt sie gelegentlich und wirft dann verstohlen lächelnd einen Blick auf Kittys dunkles – dieser Tage noch dunkleres –,

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