Der Duft des Apfelgartens
sich, weil es ihm gelungen ist, an seiner aufgeräumten Laune festzuhalten – Kitty hat erleichtert darauf reagiert, und sie haben eine angenehme Zeit miteinander verbracht, statt sich in den bitteren kleinen Wortgefechten und spitzen Bemerkungen aufzureiben, von denen die letzten paar Monate gekennzeichnet waren.
Er fühlt sich beinahe freudig erregt, als er Exeter passiert und auf die A30 abbiegt. Sogar der trübselige Anblick der in Wolken gehüllten Hügellandschaft von Dartmoor oder die überwucherten, ausgebleichten Hecken, deren Blätter bereits gelb werden, können ihn nicht deprimieren. Vielleicht, sagt er sich, sollte er sich größere Sorgen machen, aber momentan kann er sich einfach nicht vorstellen, dass seine beiden Welten zusammenstoßen: Kitty in Bristol und Dossie in Cornwall. Er kann sich einfach eine Zeit lang treiben lassen und das Cottage fertig renovieren. Kitty wird sich schon nach und nach dieses leichte Leben in Bristol aus dem Kopf schlagen. Schließlich ist sie es schon einmal leid geworden.
Er weiß noch, wie er ihr in diesem allerersten Ferienhaus, das er umgebaut hat, begegnet ist und wie es sofort zwischen ihnen gefunkt hat. Sie war von ihrem vorhersehbaren Leben gelangweilt, von ihren reichen Eltern in dem großen Haus in Clifton, ihren Fotos in Country Life und dem regelmäßigen Reigen gesellschaftlicher Ereignisse und Benefizveranstaltungen. Auch ihr Job als Sekretärin an der Universität langweilte sie, und als er ihr zeigte, wie ihre gemeinsame Zukunft aussehen könnte, ist sie einfach ausgebrochen. Bald, daran hat er keinen Zweifel, wird sie das Großstadtleben wieder genauso ermüdend finden wie damals.
Vielleicht sollte er wegen Dossie ein schlechtes Gewissen haben, aber – er schüttelt den Kopf – Dossie hat ihre eigenen Vorstellungen: Sie denkt darüber nach, die Frühstückspension ihrer Eltern wieder zu eröffnen, und sie ist spürbar aufgeregt deshalb. Er ermuntert sie natürlich. Der Plan klingt sehr gut, und er freut sich, dass ihr Leben gegenwärtig einen leicht unterschiedlichen Kurs einschlägt; neue Herausforderungen und nicht ständig dieses Umherflitzen in dem kleinen Golf. Komisch, dass sie und Kitty den gleichen Wagen fahren – sogar die dunkelblaue Lackierung stimmt überein.
Es tut gut, mit Dossie über alles Mögliche zu reden, seine Freizeit mit ihr zu verbringen, gelegentlich mit ihr zu schlafen. Es ist so lustig mit ihr – und sie hat so viele Menschen, die sie lieben und schätzen kann; sie ist nicht einsam oder bedürftig … Rupert runzelt die Stirn. Trotzdem ist er froh, dass er beschlossen hat, das Cottage bei St. Endellion nicht zu kaufen. Vielleicht hat ihn eine Art Selbstschutz-Instinkt davor gewarnt, weil es ein wenig zu nahe beim Court liegt, um sich wirklich wohlzufühlen – und außerdem hält ihn der Besitzer immer noch hin. Doch das ist kein Problem. Er hat noch sein eigenes Haus, das er fertig renovieren muss, und während der Wintermonate fällt in den bestehenden Objekten immer viel Arbeit an. Aber zugleich regt sich der vertraute kreative Drang. Er braucht neue Projekte, neue Herausforderungen.
Während er über den Tamar nach Cornwall hineinfährt, beschließt er, Dossie nicht gleich eine SMS zu schicken. Er hat ihr erklärt, er fahre an die Südküste, um nach seinen Objekten zu sehen, daher muss er aufpassen und vielleicht ein paar Tage vergehen lassen, bis er sich wieder bei ihr meldet. Er hasst es zu lügen – natürlich –, aber manchmal ist es eben nötig, die Wahrheit ein wenig zu beugen, um seine Spuren zu verwischen. Gleichzeitig sehnt er sich danach, Dossie zu sehen. Merkwürdig, wie sie ihn in ihren Bann geschlagen hat …
Als er beim Cottage ankommt, spürt er das gleiche Gefühl von Erleichterung und Befreiung, das er jedes Mal nach seiner Rückkehr aus Bristol empfindet. Unter dem Futterhäuschen auf der kleinen Wiese pickt tieftraurig ein durchnässter Fasan, das Bachbett ist bis zum Rand mit Wasser gefüllt, und das Plätschern des schnell fließenden Wassers klingt durch das Tal. Glücklich atmet Rupert durch. Er wird den Holzofen anzünden und das Häuschen richtig durchheizen. Dann wird er zum Mittagessen in den Pub spazieren.
Seit dem Mittagessen ist Dossie nervös; ziellos geht sie umher und sieht ständig besorgt auf ihr Handy. Mo beobachtet sie nachdenklich und wünscht, sie könnte sie ohne Umschweife nach dem neuen Mann in ihrem Leben fragen, denn es ist vollkommen klar, dass es jemanden gibt, der
Weitere Kostenlose Bücher