Der Duft des Apfelgartens
natürlich nicht«, ruft er wegwerfend aus. »Er kann doch noch nicht laufen.«
Dossie schneidet sich selbst eine Grimasse. »Prima. Okay. Was meinst du denn, wie alt er ist?«
»Fassst zwei«, antwortet Jakey.
Eine Weile fahren sie schweigend weiter; sie durchqueren das Dörfchen Crugmeer und halten unter einem unendlich weiten, leeren Himmel, der auf die Nähe des Meeres hindeutet, auf die Küste zu. Dieser Himmel und das Wasser, das plötzlich am Horizont aufschimmert, heitern Dossie immer auf. Sie wirft einen Blick in den Rückspiegel; Jakey hat den Daumen in den Mund gesteckt und sieht aus dem Autofenster.
Was für ein Glück wir alle haben, denkt Dossie, dass er so ein liebes Kind ist, sich so gut einfügt und so anpassungsfähig ist! Grandmère und Grandpère aus Frankreich haben sie besucht und eine Woche bei ihnen verbracht; und alle haben viel Spaß gehabt.
Sie fragt sich, wie sie zurechtkommen werden, wenn Chi-Meur zum Einkehrhaus umgewandelt ist, und ob sich viel verändern wird. Jakey wird weiter den größten Teil seiner Ferien bei ihr und Pa und Mo verbringen, und in der Zwischenzeit wird er sich schon an die Neuerungen gewöhnen.
»Sehr viel wird sich nicht ändern«, hat Clem gemeint. »Manche Einkehrhäuser werden von jungen Familien betrieben, und den Gästen gefällt es, Kinder um sich zu haben. Natürlich wird es gewisse Regeln geben, doch daran ist Jakey schon gewöhnt. Wir werden weiter im Pförtnerhäuschen wohnen, sodass er im Garten herumlaufen kann und alle zusammen auf ihn aufpassen. Ich fange diesen Herbst mit der Ausbildung an, aber ich werde den größten Teil der Seminararbeiten zu Hause erledigen, obwohl ich ein paar Wochenenden wegfahren muss. Vater Pascal wird weiter als Kaplan hierbleiben, bis ich ordiniert bin, und wir hoffen, dass ich mein Vikariat hier in der Gemeinde ableisten kann; doch ich werde natürlich viel zu tun haben.«
Er war so aufgeregt, dass sie keine Einwände erhoben hat. Jakey ist gern im Court , und angesichts ihres neuen Plans, die Frühstückspension wieder zu eröffnen, wird sie bald immer, wenn es nötig ist, für ihn da sein können. Und sie wird mehr Zeit für Rupert haben. Sie denkt an ihn und fühlt sich durch die Freude, ihn in ihrem Leben zu haben, von Kraft erfüllt und aufgeregt. Manchmal wünscht sie sich, er würde ein wenig bereitwilliger über die Zukunft sprechen, aber sie kann warten. Sie hat so viel zu planen und so vieles, was ihr Freude bereitet.
»Ich finde, der Ssstreifenhase soll eine Feier zu seinem zweiten Geburtstag kriegen«, erklärt Jakey unvermittelt.
Dossie lächelt. Jakey hat seine eigene Geburtstagsparty – eine Bootsfahrt mit drei kleinen Freunden und anschließend Fisch und Pommes Frites in Padstow – enorm genossen und legt es wohl auf eine Wiederholung an.
»Das ist eine gute Idee«, meint sie zustimmend. »Was glaubst du, wo er gern feiern würde?«
»In Jannasss Wohnwagen«, antwortet er zu ihrer Überraschung. »Damit sie wieder froh wird.«
Dossie runzelt die Stirn und sieht ihn noch einmal im Rückspiegel an. »Warum braucht sie denn eine Aufmunterung?«
Er schüttelt den Kopf und steckt den Daumen wieder in den Mund, und Dossie, die jetzt besorgt ist, biegt in den schmalen Fahrweg ein und fährt zwischen fedrigen Tamarisken und tief herabhängenden Brombeerbüschen auf das Tor des Klosters zu.
»Das ganze Problem mit der Liebe«, sagt Vater Pascal, »ist, dass sie uns verwundbar macht gegenüber dem Schmerz der Zurückweisung und der Angst, jemanden – oder etwas –, der oder das uns kostbar ist, zu verlieren.«
»Egal, wie ich mich entscheide, ich habe das Gefühl, es wird immer die falsche Entscheidung sein«, erklärt Janna unglücklich. »Ich will ja nicht jammern, doch ich kann mir nicht vorstellen, mit den Schwestern in der Remise zu wohnen. Ich würde mir wie eine Gefangene vorkommen. Und dann bin ich ihnen nicht mehr von Nutzen, obwohl ich sie so gern habe.«
Er beobachtet sie, betet lautlos um Führung und denkt an ein ganz ähnliches Gespräch mit Schwester Ruth.
»Janna kennt unsere Lebensweise nicht«, hat sie gesagt. »Das ist nicht ihre Schuld. Warum sollte sie auch? Aber ein enges Zusammenleben mit uns ist etwas ganz anderes als unser jetziger Umgang.«
»Das Wichtigste«, meinte Vater Pascal sanft, »ist, dass wir tun, was wir können, um Sie alle auf Chi-Meur einzubeziehen. Das geht nicht ohne Kompromisse oder Veränderungen ab. Janna ist eine sehr ungewöhnliche junge Frau. Sie
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