Der Duft des Apfelgartens
gesagt: »Du bist mein!« Ihr Anblick und der Ruf der Eulen erinnern Schwester Nicola an Con, den lieben Con.
»Dann lebe doch am Klostertor, wenn es sein muss, Nicky«, hatte er ausgerufen. »Das ist mir gleich, solange wir nur zusammen sind. Ich werde auch im Garten arbeiten und das beste Gemüse ziehen, das die Nonnen je gegessen haben.«
Schwester Nicola lächelt; sie erinnert sich so deutlich, als wäre es gestern gewesen. Und das hätte er auch getan, denn er konnte alles, ihr Con! Er ist so stark und fröhlich und zielbewusst – und so gut aussehend. Und doch ist da eine Barriere zwischen ihnen, etwas, das sie zurückhält.
Ich liebe Con, denkt sie verwirrt. Natürlich. Wer könnte Con nicht lieben? Er ist so aufregend – aber es gibt etwas, das ich mir sogar noch mehr wünsche als Con und das steinerne Pförtnerhäuschen am Ende der Auffahrt.
Die Kapelle ist das Herz des Klosters. Sie liebt auch die geräumige Küche, in der geschäftiges Treiben herrscht und es köstlich nach selbst gekochter Suppe duftet, die auf dem Herd köchelt, und nach Brot, das im Ofen backt; und Nicola liebt das kalte Refektorium mit der hohen Decke und dem langen, blank polierten Tisch, auf dem an jedem Platz ein Lesepult steht. Die Bibliothek mit ihren Bücherregalen und den nach Süden und Westen gehenden Stabkreuzfenstern scheint immer voller Sonnenschein zu sein, aber die einfache, saubere Kapelle mit dem schlichten Steinaltar ist der eigentliche Mittelpunkt der Gemeinschaft und zieht sie immer wieder an, um dort in der Stille Gottes Wort zu lauschen.
Sehr seltsam, doch die Novizin ist aus ihrer dunklen Bank verschwunden.
Ich muss mich davonschleichen, denkt sie, schnell, schnell, bevor mich jemand sieht. Wie schwer die Tür ist; ich schaffe es kaum, sie hinter mir zuzuziehen, aber ich muss mich jetzt beeilen. Zu spät! Ich kenne diese Nonne, die näher kommt und meinen Arm nimmt.
»Das ist sehr unartig von dir, Nicola«, sagt Schwester Ruth vorwurfsvoll. »Du solltest im Bett liegen. Am Ende erkältest du dich noch. Du hast ja nur dein Nachthemd an.«
Und als sie an sich hinuntersieht, stellt sie fest, dass sie tatsächlich im Nachthemd ist, wenn auch mit einem weichen Seidenschal darüber. Ihre Hände sind mit braunen Flecken übersät, die Hände einer alten Frau; und plötzlich fühlt sie sich zittrig und verängstigt. Wo ist das junge Mädchen geblieben, das Con liebt, aber nicht genug, um ihn zu heiraten; das nicht glauben kann, dass es Nonne werden will, doch in dem Pförtnerhäuschen am Ende der Auffahrt leben will, damit es in die Kapelle kommen und in der dunklen Bank bei der Muttergottesstatue sitzen kann?
Schwester Ruth legt einen Arm um sie und hüllt sie warm in den hübschen Schal, und dann gehen sie zusammen hinaus.
»Wir machen uns große Sorgen um Schwester Nicola«, erklärt Mutter Magda.
Sie steht in Vater Pascals Arbeitszimmer und sieht sich ziemlich unbestimmt um, als fragte sie sich, was sie hier zu suchen hat. Er bemerkt die vertrauten Sorgenfalten in ihrem schmalen Gesicht und erinnert sich einmal mehr an eine viel jüngere Schwester Magda und ihre Angst vor der Verantwortung als Oberin. Noch heute lässt sie sich lieber mit »Schwester« als mit »Mutter« ansprechen.
»Ich sehe Sie nicht oft hier«, meint er herzlich, schiebt die Hand unter ihren Ellbogen und führt sie zu einem Sessel. »Haben Sie Zeit für einen Kaffee? Oder lieber Tee?«
Mit einem jähen Seufzer, als ließe sie all ihre Sorgen hinter sich, lässt sie sich in den Sessel sinken.
»Ja, bitte, Kaffee«, sagt sie dankbar. »Und ich bin gekommen, weil ich ganz privat und im Vertrauen mit Ihnen reden möchte, ohne dass uns jemand sieht und voreilige Schlüsse zieht.«
Er geht den Kaffee kochen. »Schwester Ruth?«, ruft er ihr durch die offene Tür zu.
»Ja.« Sie seufzt wieder, und diesmal klingt es beinahe schuldbewusst. »Ich mache mir Sorgen, Schwester Nicola könnte ihr zu viel werden, aber sie will einfach nichts davon hören. Sie wird defensiv und ärgerlich, wenn das Thema auch nur angesprochen wird. Haben Sie gehört, dass Schwester Nicola im Nachthemd zur Komplet gekommen ist? Doch was soll man machen? Wir können sie nicht in ihrer Zelle einschließen; aber wir sind uns einig, dass sie abends einfach nicht mehr so lange aufbleiben sollte. Schließlich ist sie zweiundneunzig und nicht bei guter Gesundheit.«
Während das Wasser kocht, tritt Vater Pascal wieder ins Zimmer und lehnt sich an den Türpfosten. »Das
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