Der Duft des Blutes
Kommissarin versuchte, Zeit zu gewinnen. Sie schalt sich eine Närrin. Warum hatte keiner daran gedacht, sie selbst unter Schutz zu stellen? War es nun zu spät? War er ein Psychopath? Hatte er sie wie ein Wild gejagt und eingekreist, um sie nun zu töten?
„Nein, sie ist nicht daheim, und sie wird auch nie wieder dorthin zurückkehren."
„Was haben Sie mit ihr gemacht?", fragte Sabine Berner tonlos und griff sich unwillkürlich an den Hals.
„Ich habe gar nichts mit ihr gemacht. Ich habe nur etwas gesehen, von dem ich glaube, dass es Sie interessieren könnte. Würden Sie also bitte wieder losfahren?"
Wie in Trance startete Sabine den Motor und reihte sich erneut in den Verkehr ein. Noch immer rauschte der Regen herab. Die Blitze jedoch waren samt dem Donnergrollen weiter nach Osten gezogen und entluden sich nun über Winterhude oder Barmbek. Er befahl ihr, nach Bahrenfeld zu fahren und dann der Osdorfer Landstraße zu folgen.
„Da ich Sie hier so zufällig treffe, können Sie mir ja verraten, was Sie in meiner Wohnung gesucht haben", fragte sie im Plauderton, obwohl ihr Herz raste.
Er lachte kurz auf, antwortete jedoch nicht auf ihre Frage. Wie anziehend sie ist, wenn sie ihre Angst bekämpft! Was für eine Frau!
„Warum haben Sie nicht einfach wieder angerufen? Dann könnten wir uns den Ausflug bei diesem ungemütlichen Wetter ersparen", versuchte sie erneut, ihn aus der Reserve zu locken.
Wieder bogen sich die Mundwinkel nach oben. „Es soll doch nicht langweilig werden, oder?"
Bei Rissen gebot er ihr abzufahren. Der Ort war wie ausgestorben. „Fahren Sie den Weg weiter bis zum Wanderparkplatz."
Doch Sabine trat auf die Bremse und brachte den Wagen am Ortsendeschild zum Stehen. „Nein! Ich glaube Ihnen kein Wort. Warum haben Sie nicht einfach die Polizei gerufen, wenn Frau Richter etwas passiert ist?"
„Ich habe doch die Polizei gerufen -gewissermaßen, Frau Kommissarin!"
„Gut, dann sage ich jetzt der Zentrale Bescheid, damit die noch einen Wagen schickt."
Blitzschnell griff er nach ihrem Handgelenk, bevor sie das Telefon erreichen konnte. Wie ein Eisenring umklammerten seine kalten Finger ihr Gelenk.
„Ihre Kollegen können Sie nachher verständigen, nun fahren Sie vor bis auf den Wanderparkplatz und steigen Sie dann aus."
Sabine zögerte einen Moment, doch dann ließ sie den Wagen langsam weiterrollen. Sie stellte den Passat auf dem Parkplatz ab, löste den Gurt und riss die Tür auf. Es nieselte und war stockdunkel. Sie fühlte unebenen Schotter unter ihren Füßen, doch noch ehe sie sich drei Schritte vom Wagen entfernt hatte, stand der Fremde schon neben ihr und umklammerte wieder ihren Arm.
„Hören Sie, Kommissarin Berner, wir können das auch lassen, und ich verschwinde einfach -wenn Sie sich fürchten, im Dunkeln einen Wald zu betreten." Er seufzte, als habe er es mit einem störrischen Kind zu tun. Etwas Metallisches blitzte im Scheinwerferlicht eines vorbeifahrenden Autos auf, dann spürte sie den Pistolengriff in ihrer Hand.
„Hier, nehmen Sie und nun kommen Sie endlich."
Lautlos schritt er über den Schotterparkplatz auf die hoch aufragenden Kiefern zu.
„He, warten Sie, es ist stockdunkel!"
„Haben Sie keine Taschenlampe im Auto, Frau Kommissarin?", rief er über die Schulter zurück und blieb stehen.
Sabine wühlte in ihrer Überlebenskiste im Kofferraum. Kurz darauf flammte ein Lichtkegel auf.
„Nein, jetzt noch nicht", erklang die Stimme des merkwürdigen Mannes dicht an Sabines Ohr und ließ sie zusammenzucken. Noch bevor sie ihm ins Gesicht leuchten konnte, hatte er ihr die Lampe aus der Hand genommen und ausgeschaltet. Er schob seinen Arm unter ihren Ellenbogen und führte sie in den Wald. Eine Weile spürte sie noch Schotter unter ihren Sohlen, dann aufgeweichten Waldboden. Ein paarmal stolperte sie über eine Wurzel. Die Bäume rauschten im Wind. Ab und zu fiel ihr ein dicker Wassertropfen ins Gesicht und rann dann in ihren Kragen. Es raschelte und knisterte, wenn ein Tier, von den menschlichen Schritten im nächdichen Wald aufgescheucht, davonjagte, um sich ein neues Versteck zu suchen. Es roch nach Regen und feuchter Erde, doch plötzlich mischte sich noch ein anderer Geruch darunter. Sabine fühlte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. Ihr Herz begann wild zu schlagen. Die eiskalte Hand an ihrem Arm verschwand. Die Kommissarin lauschte, doch kein Fußtritt, kein Atmen oder Rascheln waren zu hören. Wie angewurzelt blieb die junge Frau stehen, den
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