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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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eigentlich seit letzten Dienstag nicht mehr im Laden gewesen war, vielleicht sogar noch länger nicht. War etwas schief gelaufen? Hatte ihm Zeinab vielleicht gebeichtet, dass der Anhänger, dank ihrer Nachlässigkeit, beim Ladeneinbruch gestohlen worden war? Das würde genügen, um einen Mann wütend zu machen, allerdings wohl kaum so sehr, dass er seine Hochzeit absagte. Sollte sie sich also allmählich auf die Suche nach einer Ersatzverkäuferin machen? Wenn nicht, würde sich sicher Freddy anbieten, was weniger auf ein Angebot hinausliefe als auf die schlichte Weigerung, ein »Nein, danke« als solches zu akzeptieren. Eine erneute Dosis Freddy – fünf Tage pro Woche, zehn Stunden täglich – könnte sie wahrscheinlich nicht ertragen. Ab und zu kehrten ihre Gedanken wieder zu dem Problem mit dem Schlüssel zurück, mit dessen Hilfe diese Leute in ihr Haus eingedrungen waren. Freddy war absolut ehrlich, davon war sie überzeugt, aber er könnte doch auf irgendeinen Schurken hereingefallen sein, der seine Freundschaft auszunutzen verstand. Aber wie? Das konnte sie sich kaum vorstellen.
    Wenn sie so weiter grübelte, würde sie gar keinen Schlaf mehr finden. Gott sei Dank war morgen – heute – noch ein Feiertag. Sie knipste das Licht an, setzte sich auf und entdeckte neben dem Bett auf dem Boden die »Radio Times« mit einem Foto von Martin. Auf dem Programm stand ein alter Film, Jahre vor der Forsyth-Serie gedreht, in dem er eine kleine Nebenrolle gespielt hatte. Er sah sehr gut und sehr jung aus. Sie widerstand der Versuchung, das Bild zu küssen, das wäre sentimental und dumm gewesen. Am Mittwoch würde sie Zeinab definitiv fragen, was sie nun bezüglich ihres Jobs und der Hochzeit vorhabe, und auf einer klaren Antwort bestehen. Es war gut, Entscheidungen zu treffen, gut für den Seelenfrieden. Martin war sehr entschlussfreudig gewesen. Sie wünschte ihm »Gute Nacht«, löschte das Licht und lag lange Zeit im Dunkeln wach.
     
    Julitta beendete das Telefongespräch und legte die Füße auf Anwars Bett. Langsam wurde es eng, denn hier lagen bereits Anwar und Flint. Flint rauchte einen Joint, den er an Julitta weiterreichte. Blaue süßliche Marihuanawolken waberten durch die Luft. Obwohl sie erst zehn Minuten wieder da waren, war Keefer schon in der Ecke auf einem Sack Schmutzwäsche eingeschlafen. Nur Anwar nahm nichts Stärkeres zu sich als eine Dose koffeinfreies Diät-Cola. Um Julittas Rauch auszuweichen, stützte er sich auf einen Ellbogen und sagte nach einem Blick auf ihren Hals: »Wo ist das Diamantteil?« Ihre Hand fuhr an die Kehle. Sie fuhr hoch und schrie.

26
    Er solle mit dem Geld, das er sich wie früher von verschiedenen Bankfilialen und Geldautomaten besorgen musste, ins Kino gehen, ins Odeon im Swiss Cottage. Diesmal solle er für den Transport eine Computertasche benutzen. Das Odeon gehörte zu den Multiplex-Kinos. Der Film, den er anschauen sollte, liefe in Saal drei, »Kick it like Beckham«. Er müsse am Mittwoch die Drei-Uhr-Vorstellung besuchen und um fünf nach drei dort sein. Zu dieser unpopulären Nachmittagszeit würden nur die wenigsten Sitze belegt sein. Er solle sich in die vierte Reihe von hinten setzen, ganz auf die rechte Seite, möglichst auf den äußersten rechten Sitz. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass die vierte Reihe voll sei, solle er zurück in die drittletzte gehen.
    Jeremy war über ihre Filmwahl empört. Hatte sie im Laufe der letzten Woche mehr über ihn herausgefunden und wusste nun, dass jeder andere Film im Odeon besser zu ihm gepasst hätte? Zum Beispiel »Untreu« oder »About a boy« oder »Der Tag der toten Eule«. Außerdem schien sie zu wissen, dass er im Computergeschäft tätig und der Erwerb einer Laptoptasche daher für ihn leicht zu bewerkstelligen war. Dies setzte voraus, dass sie beziehungsweise sie und ihr Freund intelligent waren, wenn es sich überhaupt um ihren Freund handelte. Und das bezweifelte er. Alles musste purer Zufall sein. Zuletzt hatte ihn das Mädchen angewiesen, nach einer halben Stunde solle er die Tragetasche unter seinen Sitz stellen, unter seinen, nicht unter den Vordersitz, und gehen. Sie würden ihn beobachten, sie würden die Tasche finden. Allerdings dürfe er sich nicht herumtreiben, und sollte er die Polizei einschalten … Eines wussten sie – er und die Erpresser – ganz genau: Der Polizei würde er nichts erzählen.
    So begann das ermüdende Geldeinsammeln von vorne, doch diesmal hatte er nur anderthalb Tage

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