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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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kannte, sie in ihre Wohnung in Kilburn einziehen lassen würden. Andernfalls hieße es wieder zurück zu Mama und Papa nach Harlesden.
    »Auf Wiedersehen, Will«, sagte sie.
    Er war ins Frühstücksfernsehen vertieft und schaute nicht einmal her.
    »Tschüss.«
     
    Um James mitzuteilen, dass sie ihn nie mehr wiedersehen wolle, musste sich Becky betrinken. Schon auf der Rückfahrt von der Star Street war sie in ziemlich übler Verfassung gewesen. Zweimal war sie auf den Gehsteig geraten, und einmal hatte sie die Rückfront eines fremden Autos nur um Millimeter verfehlt. Der Fahrer behauptete zwar, sie hätte seine Stoßstange touchiert, aber es war keine Delle zu sehen. Viel schlimmer war, dass man ihr unter groben Schimpfworten und Flüchen an den Kopf geworfen hatte, sie sei ja »besoffen« und solle sich schämen.
    Wenn sie nicht betrunken gewesen wäre, hätte sie begriffen, dass es nicht sonderlich tapfer, um nicht zu sagen äußerst ungehörig war, ihrem Liebhaber am Telefon den Laufpass zu geben. Aber der angenehm schwankende Nebel, in dem sie sich befand, hinter dem das Zimmer in Wellenbewegungen stieg und fiel, nahm ihr jedes ethische Empfinden. Sie rief James an und sagte, ihre Beziehung sei beendet. Er solle bitte nicht versuchen, sie wiederzusehen.
    »Becky, wie viel hast du getrunken?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie. »Nicht viel, gar nicht viel.«
    »Vielleicht glaubst du ja, ich hätte nie bemerkt, wie oft du dir heimlich einen Schluck gegönnt hast, aber da täuschst du dich. Oh, ich habe es bemerkt.«
    »Ich hasse dich«, rief sie im Ton von Will und lallte vor sich hin, was Will aber nie getan hätte. »Du bist ein puripuri-puritanischer, moraletischer – mo-ral-lis-ti-scher – moralistischer, langweiliger, prüder Mensch.«
    Sie knallte den Hörer auf, bevor er es tun konnte. Er war all das, was sie gesagt hatte, und außerdem fies zu Will und hatte keine Geduld und – also, alles andere auch noch. Was genau, wusste sie nicht. Sie war eingeschlafen.
    Am nächsten Tag fühlte sie sich so krank, dass sie im Büro anrief und sagte, sie käme nicht, sie hätte eine Sommergrippe. Mit Hilfe von Aspirin, Alka-Seltzer und zuletzt einem Schluck Alkohol gegen den Kater dauerte es den ganzen Vormittag und fast den ganzen Nachmittag, bis sie sich wieder erholt hatte. Scham und Selbstvorwürfe setzten ein und auch Schuldgefühle. Sie grübelte. Hatte Kim Beatty etwas Merkwürdiges an ihr bemerkt? Sie hatte sich, weiß Gott, ein paar Drinks verdient. Gleich nach dem Mittagessen hatte ihr Will mit seinen Bitten zugesetzt. Er wolle die Wohnung in der Gloucester Avenue nicht verlassen. Sie solle ihn doch da bleiben lassen und nicht wieder in die Star Street zurückzwingen. In den beiden letzten Tagen sei er so glücklich gewesen. Bei ihr zu Hause gäbe es genug Platz, es sei nicht wahr, dass sie kein zweites Schlafzimmer hätte. Für ihn sei es groß genug. Mehr wolle er gar nicht.
    Schon lange hatte sie ihn nicht mehr so jammern gehört, wie er es jetzt tat. »Bitte, bitte, mach doch, lass mich bleiben. Becky, sag doch, dass ich bleiben kann, mach doch.«
    »Du bist doch mit Kim glücklich, oder? Du bist nicht allein.«
    Er hatte sie angesehen, als wäre ihm kaum bewusst, wer Kim war. Dann war die Bettelei weitergegangen. Und sie war so sicher gewesen, dass dieses Arrangement für beide befriedigend war. An einem bestimmten Punkt hatte sie sogar überlegt, ob es schon zum unvermeidlichen Schritt gekommen sei, der ihrer Meinung nach von Anfang an Kims eigentlicher Wunsch gewesen war und vielleicht auch seiner. Vielleicht wären sie ja schon ein Liebespaar. Sie hatte sich geirrt, davon war sie jetzt fast überzeugt. Hatte sie Will verkuppelt, wenn auch nur halb bewusst? Das Blut schoss ihr ins Gesicht, ihr wurde heiß.
    »Becky, ich will doch nur hier bei dir bleiben. Du wirst mich doch nicht wieder wegschicken, nicht wahr?«
    Nur der Gin ließ sie den Nachmittag überstehen. Schmollend war er vor dem Fernseher gehockt. Nachdem er eine halbe Stunde nicht gejammert hatte, brachte sie selbst das Thema erneut zur Sprache: »Will, du kannst unmöglich hier bleiben. Bitte, frag mich nicht wieder danach. Ich koche dir jetzt dein Lieblingsessen, einen großen Berg Pommes, und dann werde ich dich heimfahren.«
    Er hatte keine Antwort gegeben.
     
    Der Anhänger war weg. Trotz ihrer Müdigkeit hatten sie das Zimmer, das ganze Treppenhaus von oben bis unten und die Straße abgesucht – alles vergeblich. Während sie sich

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