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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Operation Hausarrest auf den Plan. Damit war es vorbei, als er Rebecca Milsom lange vor Einbruch der Dunkelheit im Regent’s Park erdrosselte, wenn auch nicht am ganz helllichten Tag. Also konnte er zu jeder Tageszeit töten und nicht nur unter dem Gesetz der Dunkelheit. Erneut spazierte er nach Lust und Laune herum.
    An diesem Abend schlug er den Weg Richtung Paddington Basin ein, zu dem riesigen Neubauareal. Auch ohne seine Fantasiebraut Belinda Gibson musste er noch für dieses Jahr einen Umzug ernsthaft in Erwägung ziehen. Es war Zeit. Die Wohnungen, die im Basin zum Verkauf standen, schienen hübsch zu sein und wären obendrein neu. Momentan hatte er zwei Wohnsitze in Altbauten, also waren Pflege und Unterhalt zeitaufwändiger und teurer.
    Leider kam man in das Basin nicht hinein. Mit Ausnahme der dort arbeitenden Baufirmen war das Gelände noch für alle abgesperrt. Jeremy war enttäuscht. Vermutlich würde er zum Besichtigen einer Musterwohnung einen Termin mit einem Makler vereinbaren müssen, der Zugang hätte. Oder wäre es klüger, ganz weit weg zu ziehen, vielleicht sogar in den Süden von London? Bei seinem Versuch, einen Durchgang zwischen dem Bahnhof Paddington und Bishop’s Bridge zu finden, kam er über eine Seitenstraße beim Kreisel heraus, wo er fast mit diesem Blödmann von Will Cobbett zusammengeprallt wäre.
    Dieser starrte Jeremy an, als hätte er ihn noch nie gesehen und würde den Anblick gar nicht mögen. Um Himmels willen, er sah ja regelrecht verängstigt aus. Als wenn er es ahnte, dachte Jeremy amüsiert. Leider hatte Will weder das richtige Geschlecht noch die richtige Größe, um sich mit Recht vor einer Begegnung mit ihm in dunkler Nacht zu fürchten. Trotzdem war es nicht angenehm, so angestarrt zu werden. Jeremy spürte, wie er wütend wurde, und sagte scharf und fast warnend: »Guten Abend.«
    Cobbett gab keine Antwort, sondern ließ Jeremy an der Bushaltestelle stehen und fing zu rennen an, Richtung Edgware Road. Nur einmal warf er einen Blick über die Schulter zurück. Jeremy kochte. Der Mann hatte ihn behandelt, wie ein gut erzogener Zehnjähriger einen Sittenstrolch behandeln würde. Langsam drehte er sich um und ging auf die Unterführung zu. Seinen Spaziergang wollte er auf alle Fälle fortsetzen. Dadurch kam er an der Stelle heraus, wo sich Warwick Avenue und Harrow Road kreuzen. Und dort kam ihm ein anderer Bekannter aus der Star Street entgegen – Detective Sergeant Zulueta.
    Beide wünschten einander einen guten Abend. Wenn Jeremy sich dafür entschuldigt hätte, weil er sich nach Einbruch der Dunkelheit in dieser verlassenen und ziemlich einsamen Gegend aufhielt, hätte Zulueta vielleicht Verdacht geschöpft, aber Jeremy meinte nur ganz langweilig und bieder: »Ein milder Abend für April.«
    Zulueta, dessen Gehirn mit den geheimnisvollen und zweifelsohne kriminellen Aktivitäten von Will Cobbett beschäftigt war, nickte nur und sagte, er müsse weiter. An der Ecke trennten sie sich. Jeremy nahm den kürzesten Rückweg zur Edgware Road. Eigentlich hatte er seinen Spaziergang zu einer Erkundungstour durch Maida Vale ausweiten wollen, aber Zuluetas Gegenwart war ihm bis auf das absolut nötige Minimum zuwider. Er behielt den Polizisten im Auge, wie er über die Kanalbrücke ging und auf der Blomfield Road außer Sichtweite verschwand.

12
    Zu keinem Zeitpunkt seines Lebens hatten Jeremy Quick oder sein Alter Ego, Alexander Gibbons, Damenkleider oder Schmuck gekauft. Bei seiner Heirat war er zu arm gewesen, um auch nur an den Kauf eines Verlobungsrings zu denken – es wäre ihm ohnehin nicht im Traum eingefallen –, und während der Zeit bei seiner Freundin sah er keinen Grund, seine Einstellung zu ändern. Seitdem hatte sich keine Gelegenheit ergeben, Spezialgeschäfte für Frauen zu betreten. Jetzt war es so weit.
    Anfangs war er wild entschlossen gewesen, bei diesem Spiel Jacky Millers eigene Ohrringe einzusetzen. Dann merkte er, dass er dazu unbegreiflicherweise nicht imstande war. Am frühen Morgen holte er sie zusammen mit dem Schlüsselring und dem Feuerzeug aus dem Tresor und musste erleben, dass es ihm zutiefst widerstrebte, sich davon zu trennen. Plötzlich schienen sie einen enormen Wert zu besitzen, wie jene kostbaren Schmuckstücke, von denen ihre Besitzerin für den Tagesgebrauch eine Kopie aus Silber und Strass anfertigen ließ. Vermutlich handelte es sich um versilbertes Material und Similisteine, die höchstens fünfzehn Pfund wert waren. Kopien,

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