Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
»Es ist hier einfach wunderschön, nicht? Es ist, als gäbe es keine Zeit, keinen Kummer, keine Sorgen.«
Oliver sah sie an. Ihre Augen waren wieder auf das Land gerichtet. Die Abendsonne ließ ihr Gesicht leuchten, und er verspürte einen Stich, als ihm klar wurde, wie viel sie ihm bereits jetzt bedeutete. Beide drehten sich zum Haus um, als sie die Stimme von Heather vernahmen, die sie zum Abendessen rief.
Sarah winkte ihr zu als Zeichen, dass sie verstanden hatten. Während sie sich auf den Weg machten, fuhr sie sich durchs Haar und seufzte. »Ich hätte ewig dort stehen bleiben können.«
Oliver warf einen Grashalm fort, den er schon einige Zeit zwischen den Fingern gedreht hatte.
»Ja, mir ging’s genauso. Obwohl sich mein Magen nicht mehr lange mit dem bloßen Anblick der Landschaft hätte vertrösten lassen.«
Sarah lachte und gab ihm einen Schups. »Da steht er still und leidet Hunger. Du hättest doch ruhig etwas sagen können.«
Sie waren kurz vor der Veranda, als sie plötzlich innehielt und ihn ernst ansah.
»Puh, mir graust jetzt schon vor dem Small Talk mit Wolf am Tisch meiner Großeltern.« Sie legte die Stirn in Falten und schien nachzudenken. »Ich möchte zu gern wissen, wer ihm verraten hat, dass ich nach Australien geflogen bin.«
Oliver zog sie an einer Hand die Stufen hinauf. »Na komm. Das hilft dir jetzt auch nicht weiter. Augen zu und durch.«
Als Sarah sich abends in ihrem Bett ausstreckte, überkam sie eine ruhige Zufriedenheit, und sie kuschelte den Kopf behaglich ins Kissen. Erfreut stellte sie fest, dass sie auch von hier aus die Sterne am Himmel beobachten konnte. Sie dachte nach. Was für eine merkwürdige Situation, in der sie sich hier befand. Sie glaubte noch nie in ihrem Leben so hin und her gerissen gewesen zu sein. Fast immer war alles reibungslos verlaufen. In der Geborgenheit einer intakten Familiewar sie herangewachsen. Später hatte sie auf eigenen Beinen gestanden und eigentlich nie ernsthafte Zweifel an ihrem Leben gehabt. Vielleicht war sie deshalb umso erschrockener gewesen, als sich all der schöne Schein ihrer privaten Zukunft in Nichts aufgelöst hatte. Wie auch immer, nun war sie hier bei ihren Großeltern, nebenan schlief Oliver und ein Zimmer weiter Wolf. Sie konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken, als ihr das Bizarre an dieser Situation vor Augen stand. Gähnend zog sie die Decke ein Stück höher und lauschte den Geräuschen des Outback. Wer weiß, vielleicht würde Wolf ja von selbst einsehen, dass es besser wäre, wenn er abreisen würde. Müde fielen ihr die Augen zu, und sie schlief ein.
Shane McMillan zog an seiner Zigarette, die in der Dunkelheit rot aufglühte. Während er den Rauch inhalierte, betrachtete er den Sternenhimmel und schätzte das Wetter für den kommenden Tag ab. Er wandte sich um, als die Verandatür leise quietschte und seine Frau neben ihn trat. Sie legte einen Arm um seine Hüfte und lächelte zu ihm auf.
»Na? Du bist so nachdenklich, Shane. Es stört dich doch nicht, dass Sarah gekommen ist?«
Er hatte ebenfalls einen Arm um sie gelegt und schüttelte jetzt unwirsch den Kopf. »Was für ein Unsinn. Ich bin froh, dass sie da ist. Wir haben sie viel zu selten gesehen.« Er nahm wieder einen Zug, und Heather beobachtete den Rauch, der kurz darauf aus seiner Nase strömte. Er sah sie an und deutete dann auf die Sterne und die Pferde, die inzwischen im Mondlicht grasten.
Die Fohlen hatten sich hingelegt, während die Stuten auf sie Acht gaben.
»Da, sieh dir das an, Heather. Hast du es je bereut, dass ich dich hierher gebracht habe?«
Sie war seinem Blick gefolgt und lächelte erneut.
»Nein, Shane. Ich liebe diesen Ort wie du.«
Er seufzte zufrieden. »Wie gut, dass du damals deinen Kopf durchgesetzt und mit der Pferdezucht begonnen hast.« Schmunzelnd sah er ihr in die Augen und drückte sie an sich. »Heute würde mir direkt etwas fehlen, wenn sie nicht da wären. Sie haben so etwas Beruhigendes.« Sie lachte leise. »Ja, ohne meine Pferde hättest du mich nicht hierher bekommen.«
Eine Weile schwiegen sie beide. Schließlich drückte Shane den Stummel seiner Zigarette im Aschenbecher aus, den er auf der Verandabrüstung abgestellt hatte.
»Wie können wir Sarah helfen? Was meinst du?«
Heather strich sich eine Strähne zurück, die sich aus ihrem aufgesteckten Haar gelöst hatte.
»Am besten warten wir ruhig ab und sorgen dafür, dass sie sich wohl fühlt. Mir gefällt übrigens der junge Mann, der sie
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