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Der Duft des Meeres

Der Duft des Meeres

Titel: Der Duft des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Frazier
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Band löste und ihren Hut abnahm, schwor sie sich, einen ernsthaften Versuch zu unternehmen, sich in Randall zu verlieben. Sie hatte vier Monate Zeit, um ihre Seele umzupflügen und die Gefühle auszugraben, von denen sie wusste, dass sie sich irgendwo versteckten. Aber in ebendiesem Moment war sie eine freie Frau. Camille atmete tief ein und wandte sich von der Reling ab.

Kapitel 3

    »Sie müssen es straff halten. Genau so, sehen Sie?« Micky, einer der erfahrenen Maate ihres Vaters, umfasste mit seinen schwieligen Fingern das Ende eines Taus. Camille beobachtete, wie seine geschickten Hände gekonnt einen Fallreepsknoten knüpften.
    »Danke, Micky, aber ich weiß, wie man einen Fallreepsknoten macht. Denkst du, du könntest mir stattdessen diesen besonderen Wantknoten beibringen, den du mir bei der letzten Reise gezeigt hast?«
    Er legte das Tau weg und nahm stattdessen zwei andere zur Hand. »Sicher, aber das ist etwas komplizierter.«
    Sie setzte sich auf ein Fass und wartete darauf, dass er begann. Kompliziert war genau das, was sie jetzt brauchte. Etwas, das sie von San Francisco und Randall ablenkte.
    Ein paar der Matrosen waren an Deck und genossen – in Erwartung ihrer Ankunft auf der Insel Maui in dieser Nacht – den sonnigen Sonntagnachmittag. Sie versammelten sich hinter Micky, und jeder von ihnen brachte seine Vorschläge ein, wie es weitergehen müsse und was Micky bereits versäumt habe.
    »Micky, muss ich dir denn alles zeigen?«
    Lucius, ein Junge etwa in Camilles Alter, erhob sich von den aufgeheizten Planken des Decks. Er hatte sein Hemd früher am Tag beiseitegeworfen, genau wie einige der anderen, und seine gebräunte Haut und schmalen Hüften entblößt. Die meisten der jungen Seeleute ihres Vaters scherten sich nur wenig darum, dass eine Frau an Bord war, und dachten sich nichts dabei, wenn sie Oberkörper und Arme entblößten. Die älteren Männer wie Micky behielten ihre Hemden an, entweder aus Rücksicht auf sie oder, wie Camille lächelnd dachte, weil ihre Bäuche mit denen der jüngeren nicht mithalten konnten. Lucius kam herbeistolziert.
    »Geben Sie mir das Seil«, befahl er. Camille zog eine Augenbraue hoch, als sie es ihm überreichte. Von den zwanzig Männern, die ihr Vater für diese Reise angeheuert hatte, war Lucius Drake der Unerfahrenste. Sein selbstgefälliges Grinsen und sein stolzer Schritt gingen Camille und der Mannschaft bereits auf die Nerven.
    Seine Hände flogen nur so und anschließend war der Hanf eine verhedderte Masse. Die Männer brüllten und krümmten sich vor Lachen. Rot im Gesicht warf Lucius das Seil nach der kichernden Menge und nahm seine Position mittschiffs wieder ein. Micky begann zu reimen.
    »Lucius Drake, er dachte,
Dass er’s besser machte.
Sein Knoten ist der beste,
Nur leider nicht allzu feste.«
    Der Vers wurde lauter und lauter rezitiert, Pfiffe und schrille Rufe gesellten sich hinzu. Lucius lag mit geschlossenen Augen und vorgeschobenem Kinn da, bis er endlich aufsprang.
    »Na schön, ihr hattet euren Spaß. Warum haltet ihr jetzt nicht alle …« Er brach ab und schaute über ihre Köpfe hinweg. Sie drehten sich um und verstummten. Oscar beobachtete sie vom Achterdeck aus, seine Miene so ehrfurchtgebietend wie sein Körper. Die Jungen streiften ihre weißen Baumwollhemden wieder über und verteilten sich auf dem Schiff.
    »Wir werden ein andermal üben, Miss Rowen«, flüsterte Micky, während er sich eine große Spule Hanf griff und begann, ein Tau zu schlagen. Es wurde still auf Deck. Sie schaute noch einmal zu Oscars hochaufragender Gestalt hinüber und blinzelte ins Sonnenlicht.
    »Du hast sie wirklich fest im Griff«, bemerkte sie.
    Ein Lächeln umspielte Oscars kantige Wangen. »Genau wie du.«
    Camille griff nach dem Tau, das auf dem Deck lag, und knotete es auf.
    »Micky hat nur versucht, mir diesen Knoten beizubringen.«
    Oscar stützte die Ellbogen auf die Reling des Achterdecks und die Grübchen in seinen Wangen waren immer noch zu sehen. »Du brauchst bei Knoten genauso viel Hilfe, wie ich Hilfe beim Segeln brauche, Camille. Ich denke, die Männer geben vor dir gern ein wenig an.«
    Camille hatte die Stufen erreicht, die zum Achterdeck hinaufführten. Mit Oscar auf See zu sein war etwas ganz an-deres, als mit ihm an Land zu sein. Auf dem Wasser sprach Oscar ohne die steife Etikette mit ihr, die er zu Hause einhielt. Er lächelte auch mehr. Auf See hatte Oscars Anwesenheit eine magnetische Wirkung auf ihre Lippen – je näher

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