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Der Duft des Meeres

Der Duft des Meeres

Titel: Der Duft des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Frazier
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würde eine verlangen, bis ihr Vater nachgab.
    Die Tür wurde geöffnet und Oscar erschien. Er legte die Stirn in Falten, machte Anstalten, etwas zu sagen, ließ es dann aber angesichts des Feuers in ihren Augen und des Papiers in ihren Händen.
    »Ich habe ihm gesagt, dass er den Brief einschließen sollte«, erklärte er. Camille kam um den Schreibtisch herum und schwenkte den Brief.
    »Wie lange weißt du es schon?«
    Oscar bedeutete ihr, still zu sein. »William wird jeden Moment hier sein, Camille. Leg den Brief zurück. Wir können das unter uns regeln. Ich werde kein Wort sagen.«
    Es kam gar nicht infrage, den Brief zurückzulegen. Es konnte kein Zurück geben, nicht jetzt.
    »Wie lange?«, wiederholte Camille. Oscar seufzte, rieb sich das Kinn und schaute zur Tür hinüber. Er wollte nicht hineingezogen werden, das konnte sie sehen.
    »Kurz bevor wir abgelegt haben«, antwortete er endlich.
    Camille drehte sich um und warf den Brief auf den Schreibtisch ihres Vaters.
    »Warum hat er es dir gesagt?« Und nicht mir , fügte sie im Stillen hinzu. Die Dielenbretter hinter ihr bogen sich unter Oscars Gewicht.
    »Er wollte jemanden, den er kannte und dem er traute, als Steuermann, für den Fall, dass die Männer sich gegen Port Adelaide entscheiden würden.«
    Das war also der Grund, warum Oscar seine Meinung in letzter Sekunde geändert hatte und doch mitgefahren war.
    »Du hättest es mir sagen sollen«, sagte sie. Ihr war übel und sie zitterte. Seine Hand lag auf ihrer Schulter und zerknitterte kaum den Stoff ihres Kleides, so leicht und zögerlich war seine Berührung. Sie konnte nicht einmal die Wärme spüren, von der sie wusste, dass sie sich nicht nach ihr sehnen sollte.
    »Ich wollte es, aber …«
    »Aber du bist ihm gegenüber loyal, und nur ihm gegenüber. Stimmt’s?« Sie entzog sich seiner Hand. Dann schloss sie die Augen und kämpfte gegen die Tränen an. Sie wollte nicht weinen, nicht vor Oscar.
    »Er ist mein Kapitän. Und ich wusste, dass er dich nur beschützen wollte«, flüsterte er.
    »Lass ihn seine eigenen Ausreden vorbringen.«
    Camille strich über den Brief, der mit der beschriebenen Seite nach unten auf dem Schreibtisch lag, und sie sehnte sich danach, den Rest der Worte in sich aufzunehmen. Es kam ihr alles so unwirklich vor, dieser Brief – von ihrer Mutter.
    »Was geht hier vor?«
    Beim Klang der Stimme ihres Vaters drehten sie sich um. Oscar machte einen großen Schritt weg von ihr. William stand reglos in der Tür. Seine düstere Miene, weil er seine Tochter und seinen Steuermann allein in seiner Kajüte in dem schwachen Licht angetroffen hatte, verwandelte sich in Bestürzung, als er die Bögen unter Camilles Fingern sah. Er kniff die Augen zusammen und starrte Oscar an.
    »Ich habe dich um Verschwiegenheit gebeten, Oscar«, sagte er und schlug die Tür hinter sich zu. Er griff sich eine Streichholzschachtel und entzündete eine Laterne an der Tür. Ein goldener Schimmer erhellte die Kajüte, als Camille sich vor Oscar stellte.
    »Er hat nichts getan. Ich habe den Brief selbst gefunden. Die einzige Person, die sich des Verrats schuldig gemacht hat, bist du.«
    Ihr Vater atmete tief ein, seine Halsschlagader schwoll an, und er hob das Kinn, bis er über seine Nase auf sie herabschaute.
    »Du weißt nicht, wovon du redest, Camille.« Er schob sich an ihnen vorbei und nahm den Brief in die Hände.
    »Ich habe genug gelesen, um zu wissen, dass meine Mutter lebt«, antwortete sie mit zitternder Stimme. »Wie konntest du mich so belügen?«
    Ihr Vater nickte Oscar knapp zu und entließ ihn. Er ging zur Tür.
    »Kapitän. Miss Rowen.« Oscar duckte sich unter dem Türrahmen hindurch.
    Ihr Vater verschränkte die Finger, als er auf sie zukam. Sie sah, dass seine Hände zitterten, seine Daumen gruben sich in die rissige Haut seiner Knöchel.
    »Camille, bitte.« Er versuchte, ihre Hand zu ergreifen. Sie sprang zurück.
    »Lass mich in Ruhe!« Sie wollte irgendetwas zerschlagen, wollte nach dem gläsernen Papierbeschwerer auf seinem Schreibtisch greifen und ihn auf den Boden schmettern, um mehr Lärm zu machen, als das Chaos in ihrem Kopf verursachte.
    »All die Jahre hast du mir erzählt, sie sei tot. Wie konntest du?« Sie wandte sich von ihm ab und ging zu den hohen, bleiverglasten Fenstern. Die Wellen waren nicht länger sichtbar, aber die Laterne spiegelte sich im Glas und beleuchtete das Abbild ihres Vaters hinter ihr. Sie beobachtete, wie er sich Mund und Kinn rieb. Für

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