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Der Duft des Meeres

Der Duft des Meeres

Titel: Der Duft des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Frazier
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habe«, antwortete er. Camille riss die Tür auf, um sich von ihm und seinen Geheimnissen und Lügen zu befreien.
    »Ich will deinen Schutz nicht. Ich will die Wahrheit!« Sie schlug die Tür hinter sich zu, aber das Geräusch ging in dem Sturm unter. So nutzlos, schien es, wie sie.

Kapitel 5

    Camille lag in ihrer Koje. Es war eine Stunde vergangen, seit sich der Sturm gelegt hatte. Die Laterne in der Ecke ihrer engen Kajüte schwankte sanft an rostigen Kettengliedern und eine kleine Flamme flackerte darin. Der Sturm war abgeflaut, genau wie ihr Zorn. Das Einzige, was sie noch empfand, war Schmerz. Ihr Vater hatte sie getäuscht, und Oscar hatte sich bereit erklärt, seine Lügen zu decken. Elend packte sie und band sie so wirksam an ihre Koje wie die Schwindsucht ihre Mutter in Australien an ihr Bett. Zumindest war es das, was in dem Brief stand. Ich will Camille sehen. Ich will mein Baby ein letztes Mal sehen … Die Worte spukten in ihrem Kopf herum. Wenn sie doch nur schneller hätte lesen können, bevor Oscar hereingekommen war.
    Sie presste die Augen zu, zu frustriert, um klar denken zu können. Andere Teile dessen, was Camille gelesen hatte, kehrten jetzt zurück. Was hatte ihre Mutter in Schande bei sich getragen und was hatte es mit dieser Karte auf sich? Der Name des Ortes fiel ihr nicht ein. Die Glocke auf Deck erklang und signalisierte den Wachwechsel. Mit dem letzten Schlag der Glocke schoss ihr der Name durch den Kopf und lag ihr auf der Zunge.
    »Umandu.«
    In der stickigen Luft ihrer Kajüte klang ihre Stimme lauter, als sie in Wirklichkeit war. In ihrem Nachhall vernahm sie ein weiteres Geräusch. Sie spitzte die Ohren und lauschte auf ein leises, gehauchtes Murmeln. Sie stützte sich auf die Ellbogen. Es klang, als sei jemand draußen vor ihrer Kabine und flüstere.
    Das Murmeln wurde lauter und schien durch die solide Kiefer ihrer Tür zu dringen und um ihren Kopf herumzuschwirren. Haarsträhnen flatterten in einem kühlen Windzug um ihr Gesicht, der nach etwas Schwerem und Erdigem roch. Ein Duft, den Juanita häufig getragen hatte. Myrrhe. Wie kam er auf die Christina? Der kalte, ungemütliche Wind griff unter den Kragen ihres Nachthemds und strich ihr über Arme, Brust und Bauch, sodass sie Gänsehaut bekam, und er wirbelte um die Spitzen ihrer Zehen.
    Ein Schrei stieg in Camilles Kehle auf, aber bevor sie ihn ausstoßen konnte, sang der Wind in ihren Ohren. Ein heiseres Murmeln in einer Sprache, die Camille noch nie gehört hatte, nahm aus dem Wind heraus Gestalt an. Sie hielt den Atem an, als die Stimme intensiver wurde, so deutlich, als rufe eine unsichtbare Person direkt neben ihr. Das rhythmische Schlagen einer Trommel verzehrte die Worte und dann hörte das Murmeln abrupt auf. Der kühle Wind um sie herum drehte ab und raste in die Ecke der Kabine. Die Flamme in der Laterne flackerte wild und erlosch. Camille starrte in die Dunkelheit, zu verängstigt, um irgendetwas anderes zu tun als zu blinzeln.
    Das einzige Geräusch, das kam, war das des Windes, der seltsamerweise wieder auffrischte. Das Schaukeln des Schiffs begann ebenfalls von Neuem, und Camille klammerte sich an ihre Koje, als ein Windstoß die Christina erfasste. Sie riss die Augen auf, als dunkles Wasser gegen das Bullauge schwappte und in plötzlich aufzuckenden Blitzen zu irisierender Jade zerstäubte. Ein weiterer Windstoß und dann noch einer attackierten das Schiff und ließen die Planken ächzen. Das Heulen des Windes klang, als könne es das Segeltuch aus der Takelage reißen, ganz zu schweigen davon, dass es einen Seemann direkt in die Nacht schleudern konnte.
    Ein plötzliches ohrenbetäubendes Krachen ließ ihre Trommelfelle schmerzen. Ein Blitz hatte die Christina getroffen. Bei der nächsten gewaltigen Welle ließen Camilles Arme sie im Stich und sie flog aus ihrer Koje. Ihre Knie schrammten über den Kajütenboden und ihr Kopf schlug hart gegen die Kante ihres Sekretärs.
    Sie hörte, wie die erloschene Laterne zu Boden krachte und zersprang. Ihre Schläfe schmerzte von der scharfen Kante des Sekretärs und ihr Magen rebellierte. Sie lehnte sich an eine Wandschräge und würgte. Dann griff sie nach den Messingknäufen des Sekretärs und zog sich hoch, gerade als die Kajütentür aufsprang und den Blick auf hastig vorbeieilende Matrosen freigab. Befehle und Flüche verschmolzen mit dem Getöse dieses zweiten unerwarteten Sturms. Bei jedem Schlingern klang die Christina , als würde sie gleich entzweibrechen. Das

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