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Der Duft des Meeres

Der Duft des Meeres

Titel: Der Duft des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Frazier
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Christina gesunken ist«, zischte er. Er presste die Lippen zusammen, als habe er etwas gesagt, was er nicht zu sagen beabsichtigt hatte.
    »Wovon redest du?«, fragte sie. Ihre Stiefel glitten auf dem Moos aus. Er wich ihr aus, indem er zum Bach hinüberschaute. Er ließ sich einen Moment Zeit mit seiner Antwort, und als er sprach, sah er ihr immer noch nicht in die Augen.
    »Erinnerst du dich daran, wie du auf der Londoner aufgewacht bist? Als du mich gefragt hast, ob ich deinen Vater gesehen hätte?«
    Camille nickte und hoffte, dass ihr Streit vorüber war. »Du hast gesagt, du hättest ihn nicht gesehen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe gelogen. Ich habe ihn im Wasser gesehen. Er hat versucht, über Wasser zu bleiben, nachdem ich das Beiboot erwischt hatte.«
    Es war, als träfe der eisige Schock des Meerwassers Camille noch einmal mit voller Wucht ins Gesicht. Sie sprang von dem Stein und stolperte dabei beinahe über den Saum ihres Rocks.
    »Bist du zu ihm gerudert? Hast du versucht, ihn zu retten?«
    Er schüttelte abermals den Kopf. »Nein.«
    »Warum nicht?«, schrie sie. »Oscar, wie konntest du ihm nicht helfen?« Ihr Lidschlag stockte. Sie konnte nichts anderes tun, als ihn ungläubig anzustarren. Er hatte ihren Vater im Stich gelassen, den Mann, dem er alles zu verdanken hatte.
    »Weil ich dich entdeckt hatte«, antwortete er, kaum laut genug, dass sie es hören konnte. »Ich habe dich in den Wellen gesehen und mich dafür entschieden, zu dir zu rudern.«
    Benommen lockerte sie die Fäuste.
    Oscar setzte sich auf den Stein und grub die Spitzen seiner abgewetzten Lederstiefel in die trockene Schicht Kiefernnadeln.
    »Ich wollte zu ihm zurückrudern«, sagte er und trat in die Nadeln, »aber als ich dich aus dem Wasser gezogen hatte und mich umdrehte, war er fort.«
    Sie konnte sich nicht bewegen, konnte kaum atmen. Wenn sie doch nur die Hand ihres Vaters festgehalten hätte … Oscar hätte sie beide retten können.
    »Wenn es nur eine Möglichkeit gegeben hätte, euch beide ins Boot zu holen …«, sagte er.
    Camille setzte sich neben ihn auf den Stein und legte ihm zaghaft eine Hand auf den Arm. »Du bist der tüchtigste Mann, den ich kenne, Oscar. Wenn es eine Möglichkeit gegeben hätte, hättest du sie gefunden.«
    Sie presste die Hand auf seinen kräftigen Arm und die flachsfarbenen Haare auf seiner Haut fühlten sich unter ihren Fingerspitzen struppig an. Sie wollte ihn weiter beruhigen, wollte ihn trösten, wie er sie immer tröstete. Aber das Bild ihres Vaters, der darum kämpfte, über den Wellen zu bleiben, und die Vorstellung, was er empfunden haben musste, als er beobachtet hatte, wie sein Steuermann von ihm wegruderte, wie seine letzte Hoffnung verblasste, erlaubte es Camille nicht, auch nur ein einziges Wort zu sagen.
    Ein Gewehrschuss durchdrang die Luft und scheuchte die Vögel von den Bäumen auf. Camille zog die Hand zurück, während das Flattern von Flügeln mit dem Echo des Schusses verklang.
    »Hoffen wir, dass er sich nicht selbst in den Fuß geschossen hat«, sagte Oscar, dessen düstere Miene sich aufhellte. Der Witz entspannte sie, und Camille stand auf, um Stöcke fürs Lagerfeuer zu sammeln. Sie hockte sich hin und schob sich einige trockene Zweige in die Armbeuge.
    »Warum ich?«, fragte sie, bevor sie sich bremsen konnte.
    »Was?«, fragte Oscar.
    »Mein Vater und du, ihr wart wie Vater und Sohn. Deine Loyalität hat immer zuerst ihm gegolten. Warum bist du zu mir gerudert?«
    All die Male, da sie das Prickeln ihrer Haut unter seiner Hand gefühlt hatte, das Rasen ihres Herzens, den Atem, der ihr aus den Lungen wich. Sie hatte gehofft, dass ihre Berührung auch bei ihm ein Gefühl von Wärme zurückgelassen hatte. Sie hatte sich vorgestellt, dass ihr Duft ihn berauschte und ihn zu ihr hinzog, obwohl es selbstsüchtig und sinnlos war.
    Ira brach durch die Bäume, bevor Oscar antworten konnte.
    »Ich war so nah dran!«, rief er und hielt Daumen und Zeigefinger zwei Zentimeter voneinander entfernt. »Ich hab es mit diesem Schuss gestreift, jawohl.«
    Oscar feixte und schüttelte den Kopf, sichtlich erleichtert, Camilles Frage entkommen zu können.
    »Spielt keine Rolle. Wir haben die Hechte. Seht ihr den hier?« Ira sorgte dafür, dass Camille hinschaute. »Den hab ich mit bloßen Händen gefangen.«
    »Er lügt«, sagte Oscar, der Feuer machte. »Er hat Finger, so weich wie Butter.«
    Ira zuckte die Achseln. »Na schön, ich werde sie denken lassen, Sie hätten sie alle

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