Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft des Meeres

Der Duft des Meeres

Titel: Der Duft des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Frazier
Vom Netzwerk:
allein gefangen, wenn es das ist, was Sie möchten.«
    Trockenes Kleinholz zischelte im Lagerfeuer, als die Spitze des Mondes über die Baumwipfel stieg. Camille malte sich immer wieder aus, was Oscar in der Nacht des Sturms gesehen hatte. Wie hätte sie sich entschieden, wenn sie in dem Beiboot gesessen hätte, vor die Wahl gestellt, ihren Vater zu retten oder Oscar? Sie konnte sich nicht vorstellen, einen von ihnen ertrinken zu lassen. Sie aß schweigend einen halben Hecht, kaute auf dem zarten, bröckeligen Fisch und zupfte sich dünne Gräten von der Zunge, während sie in die Flammen starrte.
    »Sie beide könnten in ihrem betretenen Schweigen einen Wal ertränken«, stöhnte Ira, der ausgestreckt an einem umgestürzten Baum lehnte. Er wärmte seine bestrumpften Füße am Feuer und rieb sich seinen aufgeblähten Bauch. »Was ist überhaupt los mit euch beiden?«
    Camille schaute zu Oscar hinüber und sah seine gefurchte Stirn. Sie sehnte sich immer noch danach, seine Sorgen zu lindern, aber sie wusste nicht, wie. Bereute er seine Entscheidung? Bei dem Gedanken daran lehnte sie sich zurück. Während all dieser Zeit hatte sie sich selbst die Schuld gegeben. Oscar musste das Gleiche getan haben, und vielleicht wünschte er, er wäre in die andere Richtung gerudert.
    »In Ordnung, ihr zwei müsst aufgeheitert werden. Wie wär’s mit einer schönen alten Ballade, um eure Laune zu heben?« Ira beugte sich vor und rieb sich die Hände.
    Camille zog die Decke um ihre Schultern. »Was ist es denn für eine Ballade?«
    »Sie heißt Bold Jack Donohue . Sie singen gern, oder?«
    Sie zuckte die Achseln und gab zu, dass sie manchmal mit den Matrosen Seemannslieder gesungen hatte.
    »Also schön, sie fängt folgendermaßen an:
    Hey, ihr Bushranger, kommt herbei,
Die ihr euch verweigert aller Sklaverei.
Hört, was ich sage, und schaut, was ich tu,
Wenn ich erzähl vom kühnen Jack Donohue.
    Seht ihr, es ist eine schöne Melodie.«
    Camille lachte, während Ira sang und sich in einen Schauspieler verwandelte, der nach Aufmerksamkeit heischte.
    »Singen Sie noch den Rest vor«, forderte sie ihn auf. Ira fügte sich ihrem Wunsch und brachte Camille die nächsten Strophen bei.
    Kommt, ihr Söhne der Freiheit,
Hört der Ballade zu,
Dem unglaublichen Freud und Leid
Des kühnen Bushrangers Donohue.
    Die Armseligkeit der Krone,
Die verachtet er.
Des Königs eiserne Fesseln,
Sie machen das Leben schwer.
    Ihre Stimmen hallten über die Lichtung und den Bach. Sie sah ein Lächeln in Oscars Mundwinkeln.
    »Ich dachte, du magst keine Lieder«, sagte sie. Er war immer stumm geblieben, während die Mannschaft ihre Seemannslieder gesungen hatte.
    »Tu ich auch nicht«, erwiderte Oscar. »Aber du hast eine hübsche Stimme.«
    Sein Kompliment zauberte ein verschämtes Lächeln auf ihre Lippen. Sie war dankbar für das Licht des Feuers, das ihre Wangen bereits mit einem rötlichen Schimmer überzog.
    »Und was ist mit mir, mein Freund?«, fragte Ira.
    »Kann ich nicht sagen. Ich habe versucht, das auszublenden«, antwortete Oscar.
    Camille lachte und selbst Ira stimmte in ihr Gelächter ein.
    »Also, wer war Jack Donohue?«, fragte sie, als der Nachhall ihres Gelächters verebbte.
    »Einer der ersten Bushranger, der Gesetzlosen, die nach Australien gebracht wurden«, antwortete Ira.
    »Aber ich dachte, die Gebrüder Hesky seien solche Bushranger«, wandte sie ein. Ira nickte und nahm einen Schluck aus seiner Feldflasche.
    »Das sind sie, aber sie sind welche von der üblen Sorte. Die guten wollen auf ihre eigene Weise leben, ohne dass die Krone ihnen sagt, was sie zu tun haben. Es sind Buschleute, Farmer und Jäger. Die schlechten berauben Siedler, stehlen und töten.«
    Ira fuhr fort, die Melodie zu pfeifen, aber die Angst war wieder unter Camilles Haut gekrochen. Was taten sie nur hier draußen im Wald, auf dem Weg in gefährliches Territorium? Vielleicht hatte Oscar doch recht gehabt. Sydney wäre sicherer gewesen.
    Sie schaute zu Oscar hinüber, der an demselben Baumstamm lehnte wie Ira. Er fing ihren Blick auf, und es war, als könne er ihre Gedanken lesen. Seine vollen Lippen verzogen sich zu einem schiefen kleinen Grinsen, um sie zu beruhigen. Es funktionierte. Camille legte sich auf den Bohnensack, den sie von ihrem Pferd genommen hatte, und zog die Decke bis ans Kinn hoch. Sie schloss die Augen und lauschte auf Iras Stimme, während er den Rest der Ballade murmelte.
    Neun Schüsse gab er ab,
Neun Männer zog er hinab,
Als eine Kugel

Weitere Kostenlose Bücher