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Der Duft des Meeres

Der Duft des Meeres

Titel: Der Duft des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Frazier
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so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Der Hafen lag nicht am Meer, sondern an einem breiten Gezeitenfluss, an dessen anderem Ufer nichts war als sumpfiges Marschland und in der Ferne ein denkbar schmaler Streifen des Ozeans. Sie hatten vor knapp einer Stunde die Stadt Adelaide passiert, deren Häuser, Straßen und Höfe malerisch und gediegen waren. Die Nähe zu ihrem Ziel hatte sie und die beiden Männer zu einem Galopp verlockt, und Aufregung und Furcht hatten an Camilles Nerven gezerrt, als sie schneller geritten waren, als sie es in den letzten Tagen getan hatten. Der Hafen konnte der Stadt jedoch bei Weitem nicht das Wasser reichen. Die rechteckig angelegten Straßenzüge waren dicht bebaut, aber das Auffälligste waren Kais, Lagerhäuser und Hafenläden.
    »Er wurde früher Hafen des Jammers genannt«, sagte Ira, als sie das Tempo verlangsamten, um sich durch eine lange Reihe angeschirrter Ochsen zu bewegen. Das Vieh transportierte Karren mit Bauholz über die Verbindungsstraße zum Stadtkern von Adelaide.
    »Wirklich passend«, meinte Oscar. Es war früh am Morgen, und ihre Stute war gut ausgeruht, daher teilte er den Sattel mit Camille.
    Sie rümpfte die Nase, als sie in die Hafenstadt einritten. Der Geruch eines Gezeitenflusses war kräftiger, durchdringender als der Duft von offenem Wasser. Zum ersten Mal fragte Camille sich, wie ihre Mutter die letzten Jahre gelebt hatte. Die nach Fisch stinkende abgestandene Luft weckte in ihr die Sorge, dass ihre Mutter die letzten sechzehn Jahre ihres Lebens in Armut verbracht hatte. Das Mitleid, das in ihr aufstieg, überraschte Camille. Sie hatte erwartet, dass sie Zorn oder Groll empfinden würde, dass sie sich ihrer Mutter vielleicht überlegen fühlen würde, aber nicht, dass sie ihr leidtat.
    Ira führte sie auf die Kais zu, auf denen geschäftiges Treiben herrschte. Dies war also der Ort, den ihre Mutter als ihre Heimat gewählt hatte, während sie die ganze Zeit über wusste, dass ihre Tochter Tausende von Meilen entfernt lebte und langsam erwachsen wurde. Wie hatte sie mit ihrer Entscheidung leben können? In ihrem Brief hatte sie geschrieben, dass sie nie aufgehört habe, Camille zu lieben. Das bedeutete nicht zwangsläufig, dass sie es bereute, sie verlassen zu haben. Es war auch möglich, dass sie Camille kennenlernte und zu dem Schluss kam, dass sie nicht die Tochter war, die sie sich in all diesen Jahren vorgestellt hatte. Was war, wenn sie enttäuscht darüber war, wie Camille sich entwickelt hatte?
    Sie füllte ihre Lungen und hielt die Luft in ihrer Brust fest. Ihre Gedanken waren absurd. Wenn jemand ein Recht hatte, enttäuscht zu sein, dann war sie es, nicht ihre Mutter. Aber ihre Nerven schienen etwas anderes zu denken.
    »Folgt mir, Freunde«, rief Ira ihnen zu. Camille bewegte sich im Sattel, um Oscar anzusehen.
    »Wen suchen wir zuerst, Iras Freund oder meine Mutter?«
    Er schaute auf sie herab und sah aus, als spüre er ihren Wunsch, das Kommende aufzuhalten. War er schon immer in der Lage gewesen, sie so gut zu durchschauen?
    »Was immer sich als Erstes anbietet, nehme ich an«, antwortete er.
    »Monty wird leicht zu finden sein«, sagte Ira. »Er ist immer da, wo etwas los ist.« Ira hatte ihnen im Laufe der letzten Tage von seinem Freund Monty erzählt, und es hatte sich angehört, als stünden sie einander so nahe wie Verwandte. Camille war davon überzeugt, dass Iras Talent dafür, sich die Wahrheit zurechtzubiegen, mit im Spiel gewesen war, aber sie freute sich trotzdem darauf, ein anderes menschliches Wesen kennenzulernen. Sie hatte für den Rest ihrer Tage genug von Eidechsen, Schlangen, Vögeln und Opossums.
    Ein leichter Nieselregen fiel aus den niedrigen grauen Wolken. Kälte kroch durch ihre Kleider und ein heißes Bad und ein Federkissen wurden so verlockend wie die Karte zum Umandu selbst. Sie folgten Ira, als dieser sie durch die schmalen Straßen führte. Zertretene Muscheln sorgten dafür, dass der Straßenstaub nicht überhandnahm, und sie glitzerten wie das aufgehende Sonnenlicht. Menschen drängten sich auf dem Markt, der mitten auf der Straße aufgebaut war. Gemüse, Fisch, Stoffe, Früchte und Vieh wurden in einem Durcheinander von Karren und Kisten und unter Zelten zur Schau gestellt. Plötzlich hob Ira eine Hand und winkte. Er riss seinen Hut herunter und winkte auch damit.
    »He, hallo!«, rief er einem untersetzten Mann zu, der fünfzig Meter entfernt auf einem Pferd saß, umringt von anderen Einkaufenden. Die schlaffe

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