Der Duft des Sommers
Stimme hatte einen merkwürdigen Unterton, der mich daran erinnerte, wie ich in der Zeit, als ich meiner Mutter auf ihren Wunsch hin bei ihren MegaMite-Verkäufen half, manchmal bei Leuten anklopfte, die Kunden waren, aber jetzt keine Vitamine mehr haben wollten. Ich spürte immer, dass sie sich wünschten, ich würde verschwinden, damit sie vergessen konnten, wie schuldig sie sich fühlten.
Alles in Ordnung bei dir und deiner Mutter?, fragte mein Vater. Er hörte sich an, als bemitleide er uns, könne es aber gleichzeitig nicht erwarten, wieder aufzulegen und sich seiner anderen Familie zuzuwenden, mit der alles viel einfacher war.
Wir haben Freunde zu Besuch, sagte ich. Wie Frank gesagt hätte: Damit wäre ich bei einem Lügendetektortest durchgekommen.
Auch Evelyn rief an. Der Verkehr auf der Route 93 war so schlimm gewesen, dass sie erst um zwei Uhr im Krankenhaus
ankam. Jetzt warteten sie darauf, mit dem Arzt sprechen zu können, und sie hoffte, dass Barry doch bis nach dem Abendessen bei uns bleiben könne.
Mach dir keinen Stress, Evelyn, sagte meine Mutter. Barry scheint sich wohl zu fühlen.
Dann fragte Evelyn wohl nach dem Wickeln. Das machte ihr Sorgen. Barry war jetzt ein großer Junge. Es war nicht mehr so leicht, ihn aus dem Rollstuhl zu heben.
Meine Mutter sagte natürlich nicht, dass Frank ihn gewickelt hatte. Frank hatte ihn nach dem Baseballspiel ins Haus getragen, ihm ein Bad eingelassen und Eiswürfel und Rasierschaum dazugetan. Ich saß in meinem Zimmer und hörte die beiden: Barry, der vergnügt gurgelte, und Frank, der vor sich hinpfiff.
Was bin ich eigentlich für ein Trottel?, sagte Frank. Ich hab mich nicht mal anständig vorgestellt, Kumpel. Mein Name ist Frank.
Barry gab einen Laut von sich.
Genau, sagte Frank. Frank. Meine Großmutter nannte mich Frankie. Ist mir beides recht.
Er machte auch wieder das Abendessen. Meine Mutter saß an der Küchentheke, und die beiden teilten sich ein Bier. Sie hatte irgendwo einen alten chinesischen Fächer hervorgekramt, den sie wahrscheinlich mal bei einer Tanznummer benutzt hatte. Und fächelte Frank jetzt damit Luft zu.
Damit könntest du bestimmt einen tollen Tanz für mich aufführen, Adele, sagte er. In irgendeinem schicken Kleid. Oder auch ohne.
Wegen der Hitze hatte niemand richtig Hunger, aber Frank hatte aus den restlichen Pfirsichen und einem Päckchen scharfer Soße, das übrig geblieben war von einem Imbiss, den wir uns irgendwo geholt hatten, eine kalte Currysuppe zubereitet. Danach machte meine Mutter uns Eisbecher mit Vanilleeis und Rootbeer, und Barry und ich saßen hinten im Garten. Nebenan bei den Jervis’ hörten wir, wie das asthmatische Mädchen und ihr kleiner Bruder im Pool herumplantschten. Als dann zu viele Insekten in der Luft waren, gingen wir rein und schauten Fernsehen. Es lief Unheimliche Begegnung der dritten Art. Frank setzte Barry in seinen Rollstuhl und legte ihm ein kühles feuchtes Tuch um den Hals. Meine Mutter machte Popcorn.
Als wir Evelyns Wagen vorfahren hörten, verschwand Frank nach oben, wie die beiden es besprochen hatten. Für Evelyn hielten sich hier drei Leute auf. Ihr Sohn, meine Mutter und ich.
Als Evelyn ins Wohnzimmer kam, berichtete sie, dass sich der Zustand ihres Vaters stabilisiert habe. Er sei noch auf der Intensivstation, schwebe aber nicht mehr in Lebensgefahr. Wie kann ich dir das jemals vergelten, Adele, sagte sie zu meiner Mutter.
Ich wusste, dass meine Mutter froh gewesen wäre, wenn die beiden gleich aufgebrochen wären, aber Evelyn hatte eine zweistündige Fahrt hinter sich. Du siehst aus, als könntest du ein Glas kaltes Wasser gebrauchen, sagte meine Mutter.
Sie kam gerade mit dem Wasser zurück, als die neuesten Nachrichten im Fernsehen liefen. Durch den hohen Energieverbrauch
wegen der Hitzewelle drohten Stromausfälle, und dabei hatte das lange Wochenende gerade erst angefangen.
Wir wissen, dass es heiß ist, Leute, sagte der Nachrichtensprecher, aber unsere Freunde, die Stromversorger, bitten uns, die Klimageräte nach Möglichkeit abzustellen. Wenn Ihnen die Hitze zu schlimm wird, nehmen Sie doch mal eine kalte Dusche.
Später berichtete er, dass die Polizei die Suche nach dem entflohenen Häftling seit Donnerstag ausgedehnt habe.
Franks Gesicht erschien auf dem Bildschirm. Bis zu diesem Moment hatte Barry relativ teilnahmslos gewirkt, aber jetzt wedelte er mit den Armen und gab Laute von sich, als begrüße er einen alten Freund. Er gurgelte und klatschte sich
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