Der Duft des Sommers
Rahmen schlug. Und als er den Rollstuhl abgestellt hatte, rückte er sachte Barrys Kopf zurecht, der durch den Transport zur Seite gekippt war.
So, mein Junge, sagte er.
Ich schaltete den Fernseher ein.
Meine Mutter und Frank waren in die Küche gegangen, und ich sah sie durch die offene Tür. Frank streckte die Hand aus, um einen Küchenschrank über dem Herd zu öffnen, und berührte dabei wie zufällig meine Mutter am Hals.
Sie sah ihn an.
Gut geschlafen?, fragte er.
Du kennst die Antwort.
Frank war es dann, der Barry sein Frühstück fütterte. Evelyn hatte zwar gesagt, dass Barry schon gefrühstückt hatte, aber er wurde ganz aufgeregt, als er die Armen Ritter sah. Darauf schnitt Frank ein paar davon in kleine Stücke. Zum zweiten Mal innerhalb von anderthalb Tagen fütterte er in unserem Haus jemanden, aber mit Barry war das etwas ganz anderes. Als Frank die Lippen meiner Mutter mit dem Löffel berührt hatte, war das eine so intime Geste gewesen, dass ich weggeschaut hatte.
Nach dem Essen beförderte Frank Barry wieder ins Wohnzimmer und parkte seinen Rollstuhl vor dem Fernseher. Barry trug noch seine Windjacke und seine Kappe, und wir zogen ihm beides aus. Es war zwar noch nicht mal halb acht morgens, aber schon extrem schwül.
Weißt du was, mein Junge?, sagte Frank. Ich glaube, eine kleine Erfrischung würde dir gut tun.
Er ging in die Küche und kam kurz darauf zurück mit einer Schüssel, die er mit Eiswürfeln und etwas Wasser gefüllt hatte, und einem kleinen Handtuch. Das Handtuch tauchte er in das Wasser und wrang es aus.
Dann knöpfte er Barrys Hemd auf und strich mit dem kühlen Handtuch über die glatte haarlose Brust des Jungen, seinen Hals, seine knochigen vogelartigen Schultern und sein Gesicht. Barry gab Laute von sich, die fröhlich klangen, und sein Kopf, der oft wild herumrollte, kam zur Ruhe, während er Frank unverwandt anschaute.
Ist bestimmt heiß in diesem Stuhl, was, mein Junge?, sagte Frank. Vielleicht trage ich dich heute Nachmittag mal zur Wanne, damit du ein richtiges Bad nehmen kannst.
Barry machte immer weiter freudige Töne.
Auf der Titelseite der Zeitung ein weiterer Bericht über Rekordtemperaturen, erwartete Verkehrsstaus auf der Autobahn Richtung Strand, drohende Stromausfälle wegen Einsatz zu vieler Klimageräte. Aber wir hatten nur Ventilatoren.
Ich möchte mir mal dein Bein anschauen, sagte meine Mutter zu Frank. Um zu sehen, ob es gut abheilt.
Frank rollte sein Hosenbein hoch. Das Blut an der Schnittwunde war getrocknet. Unter anderen Umständen hätte man eine solche Wunde genäht, aber wir wussten alle, dass es diese Möglichkeit nicht gab.
Die Stelle an Franks Kopf, wo er sich an der Fensterscheibe geschnitten hatte, sah auch nicht mehr sonderlich beunruhigend aus. Wenn er nicht diese Wunde von der Operation hätte, meinte Frank, würde er das Brennholz hacken. Holzhacken sei befriedigend. Man würde seine ganze Wut los, aber auf eine Art, die niemandem schadete.
Woher kommt die Wut denn?, fragte ich. Ich wollte nicht, dass er wegen irgendwas auf mich wütend war. Ich wollte, dass er hier bei uns blieb. Es war nicht zu übersehen, dass er meine Mutter mochte.
Ach, dies und jenes, gab er zur Antwort. Die Red Sox. Um diese Zeit des Jahres fangen sie meist an, Mist zu bauen.
Ich glaubte nicht, dass er das gemeint hatte, sagte aber nichts weiter dazu.
Da wir grade von Baseball reden, sagte er. Wo ist denn
dein Handschuh? Was hältst du davon, wenn wir den Ball ein bisschen rumwerfen, nachdem ich deiner Mutter hier bei ein paar Sachen geholfen habe?
Barry und ich schauten Die Fantastischen Vier und Scooby-Doo. Normalerweise hätte meine Mutter mir nicht erlaubt, so viele Cartoons nacheinander zu sehen, aber das war eine Ausnahmesituation. Als Die Schlümpfe kamen, wollte ich nach etwas weniger Kindischem suchen, aber Barry gab eine Art Quietschen von sich, wie wenn man einem kleinen Hund auf die Pfote tritt, und deshalb ließ ich ihn weiterschauen. Die Folge war gerade zu Ende, als Frank von oben, wo er meiner Mutter angeblich geholfen hatte, die Treppe runterkam und verkündete, er sei in Catcher-Stimmung, ob wir loslegen wollten.
Ich sagte ihm wieder, dass ich eine absolute Niete in Sport sei, aber Frank meinte, solche Worte solle ich gar nicht erst in den Mund nehmen. Wenn du tust, als sei etwas zu schwer, dann wird es auch so sein, sagte er. Du musst im Gegenteil daran glauben, dass du etwas schaffen kannst.
All diese Jahre im Knast habe ich
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