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Der Duft des Sussita

Der Duft des Sussita

Titel: Der Duft des Sussita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Scheer
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Hühnerfleischvergiftung viele Untersuchungen gemacht und waren sehr überrascht von meinem Zustand.
    Sie sagten, sagte Onkel Sauberger, die Ärzte sagten, dass sie so etwas noch niemals gesehen hätten. Cholesterin. Sie sagten, fuhr Onkel Sauberger fort, dass ihnen jemand mit einem so hohen Cholesterinspiegel noch nie untergekommen sei, denn so jemand, jemand mit einem solch hohen Cholesterinspiegel, müsse längst tot sein.
    Längst tot, lächelte Onkel Sauberger, so sagten die Ärzte und wollten gar nicht mehr von mir ablassen. Sie wollten verstehen, sagte Onkel Sauberger, wie es für jemanden wie mich möglich sei, noch am Leben zu sein, denn wenn es nach der Wissenschaft ginge, dürfte ich ja schon jahrelang nicht mehr existieren.
    Die Wissenschaft, sagte Onkel Sauberger, schließe eine Existenz wie meine aus. So sagten mir die Ärzte, sie fragten mich, sagte Onkel Sauberger, was ich denn die ganzen Jahren gegessen habe, um so einen hohen Cholesterinspiegel zu erreichen. Die Ärzte wollten es ganz genau wissen. Ich bin sozusagen ein wissenschaftliches Rätsel, sagte Onkel Sauberger, wissenschaftlich kann man meine Existenz nicht erklären. Ich müsste längst tot sein, dürfte nicht mehr existieren, sagte Onkel Sauberger. Wieso bin ich noch da?
    Die Ärzte waren vollkommen konsterniert, sagte Onkel Sauberger, sie rannten zu mir, danach rannten sie aus meinem Zimmer, sie schrieben und schrieben, sie gingen raus und kamen zurück, von links kamen sie, von rechts kamen sie, die Ärzte kamen und schrieben und untersuchten mich und gingen wieder.
    Dann kamen sie erneut und schrieben und untersuchten mich. Sie waren vollständig verwirrt, sagte Onkel Sauberger, die Ärzte waren so verwirrt, dass sie mich ebenfalls in Verwirrung stürzten. Wir alle, die Ärzte und ich, waren angesichts meines Cholesterinspiegels konsterniert und ratlos.
    Und niemand dachte mehr an meine Hühnerfleischvergiftung, sagte Onkel Sauberger, alle vergaßen den eigentlichen Grund, den Grund, warum ich mich hier befand, ich war ja wegen meiner Hühnerfleischvergiftung eingeliefert worden, man vergaß diesen Grund, als hätte es ihn nie gegeben, und ich selbst vergaß meine Hühnerfleischvergiftung.
    Nach einigen Minuten Stille schnarchte Buzaglo kräftiger als zuvor.
    Er ist immer hungrig, der Marokkaner ist immer hungrig, sagte Onkel Sauberger, und die Ärzte geben ihm nichts zu essen, nur Flüssigkeiten geben sie ihm, aber kein richtiges Essen. Der Marokkaner sagte mir, er wolle essen, nicht diese Flüssigkeiten trinken, sagte Onkel Sauberger, sondern wirklich essen.
    Also habe ich den Metzger hierhergerufen, sagte Onkel Sauberger.
    David Metzger war ein Fleisch-Provider, der selbst in Israel Schweinefleisch besorgen konnte. Immer war er elegant gekleidet, mit schwarzem Anzug und manchmal sogar Krawatte. Seine Haare trug er kurz und ordentlich. Er roch angenehm und wurde niemals unrasiert gesehen.
    Über sein Leben ist wenig bekannt. David Metzger präsentierte sich nicht nur eigenwillig, er war eine durch und durch enigmatische Persönlichkeit.
    Weil er Hebräisch mit einem leichten Akzent sprach und oft eine Jacke trug, spekulierte man nicht selten über seine Herkunft.
    Viele dachten, er sei ein Jecke , ein Deutscher, weil er oft bei großer Hitze eine Jacke trug. Die jüdischen Deutschen wurden wegen des Tragens von Jacken Jecken genannt. Die Jecken sind Jackenträger. Das wissen hier alle. David Metzger auch. Trotz der Ungewissheit seiner Herkunft wurde David Metzger von vielen seiner Kunden und Bewunderer einfach als der Jecke bezeichnet. Man nannte ihn aber auch den Metzger oder David.
    Der Metzger handelte mit Fleischsortimenten aller Art. Schweinefleisch. Eine exklusive Auswahl, die er notfalls auch in einer seiner Jacken bei sich führte. Nur Schweinefleisch. Das war die Spezialität des Metzgers, der naturgemäß ein guter Freund von Onkel Sauberger war. Onkel Sauberger erschloss dem Metzger neue Kunden und manchmal beauftragte er ihn stellvertretend wie diesmal.
    Wenn es um Fleischprobleme ging, war Metzger der richtige Mann. Sein Service war das Gegenteil von billig, aber man konnte immer höchste Qualität erwarten, man konnte sich auf ihn verlassen. Letztendlich war er der größte Profi im privaten Fleischgeschäft. Jedenfalls in Israel. Vielleicht sogar weltweit. Nur das Beste, das war das Motto des Metzgers.
    Jemand klopfte.
    Seit Jahren hatte ich den Metzger nicht mehr gesehen.
    Die Tür öffnete sich. Im gleißenden

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