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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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überwältigen drohte.
    Unruhig wälzte sie sich in der nächtlichen Hütte auf ihrem Feldbett hin und her und versuchte mit aller Macht, in der Gegenwart zu bleiben. So sehr es sie danach drängte, ihre Erinnerung wiederzuerlangen, so wenig wollte sie, dass es ausgerechnet in dieser Nacht geschah. Morgen, ja. Aber nicht jetzt!
    Sie brauchte äußere Stabilität, um sich dem inneren Chaos stellen zu können; eine gewisse Seelenruhe, um nicht im Aufruhr ihrer Gefühle unterzugehen. Nun, da sie spürte, dass die letzte Erkenntnis unmittelbar bevorstand, hatte sie plötzlich das Gefühl, noch gar nicht bereit dafür zu sein. Erst wollte sie ihre Angst vor Oskar in den Griff bekommen, sich als Forscherin etablieren, mehr über die Marmbeja erfahren, die ihr helfen wollten … Ihr fielen tausend Gründe ein, warum es noch zu früh war.
    Doch ihre Seele nahm keine Rücksicht auf derlei Überlegungen. Unerbittlich stürmten Erinnerungsfragmente auf Emma ein, konfrontierten sie mit einem Ich, das sie längst nicht mehr war, und zogen den Vorhang vor den schwarzen Tagen zurück – ob sie es wollte oder nicht.
    »Wiedergutmachen?« Emma starrt Ludwig an. »Ich muss nichts wiedergutmachen! Ich weiß, dass ich recht habe, dass es sie gibt und … dass du mich verlassen wirst. Gib mich einfach frei, wenn du mich sowieso nicht mehr liebst, Ludwig. Ich kann nicht mehr. Und ich will nicht mehr.«
    Die letzten Worte flüstert sie nur noch.
    Unerbittlich macht er sich an seiner Hose zu schaffen.
    »Was du dir immer einredest! Komm, verschaff mir ein nettes Viertelstündchen, und dann vergisst du den ganzen Unsinn.«
    Sie merkt, dass er sie nicht versteht, und plötzlich weiß sie, dass er sie noch nie verstanden hat. Nicht, was sie von ihm wollte, und nicht, dass sie unendlich unter dem gelitten hat, was er von ihr wollte.
    Ihr wird schlecht. Sehr schlecht.
    Sie presst sich die Hand vor den Mund, ihr bricht der kalte Schweiß aus, und sie weiß, wenn Ludwig sie nicht augenblicklich gehen lässt, wird sie sich hier vor ihm übergeben.
    »Was ist denn jetzt schon wieder los?«, fragt er stirnrunzelnd.
    Sie antwortet nicht, rennt nur an ihm vorbei und erbricht sich auf den Fußboden, noch bevor sie die Tür erreicht hat.
    »Mein Gott, Emma!« Angewidert starrt Ludwig sie an. »Warum sagst du die Klavierstunde nicht ab, wenn es dir so schlecht geht?«
    »Mir geht es in den letzten Wochen immer schlecht«, sagt sie mit Tränen in den Augen. »Es hört gar nicht mehr auf. Und ich bin auch so schwach. Ich fühle mich so komisch, Ludwig!«
    Seine Augen verengen sich. »Dir ist ständig übel?«
    Sie nickt unglücklich.
    »Schmerzen deine Brüste?«
    Sie schluckt. »Wie bitte?«
    »Du hast mich sehr gut verstanden«, bellt er. »Also?«
    Sie nickt wieder.
    Er fährt sich mit zitternder Hand durch die goldblonden Haare, plötzlich sieht er so bleich aus, wie sie selbst sich fühlt.
    »Wann hast du das letzte Mal geblutet? Sag schon, Emma!«
    Auch wenn sie nicht versteht, warum er das fragt, rechnet sie nach.
    »Vor acht Wochen.«
    Sie starren einander an, und Emma weigert sich zu verstehen, was sie tief in ihrem Herzen längst weiß.
    »Du bist schwanger, verdammt!«, sagt Ludwig heiser.
    Mit einer gewaltigen Kraftanstrengung riss sie sich zurück in die australische Nacht. Ihr Herz hämmerte in der Brust, sie war schweißüberströmt.
    Schwanger, dachte sie bestürzt, ich war schwanger, ich hätte ein Kind bekommen sollen. Wo ist es? Wo ist das Baby? Was ist mit mir passiert?
    Tränen schossen ihr in die Augen. Unfähig, sich zu beruhigen und klar zu denken, vergrub Emma schluchzend das Gesicht in den Armen.
    Sie weinte eine lange Zeit, und auch als keine Tränen mehr kamen, fand sie keinen Schlaf. Unaufhörlich dachte sie an das Kind, das sie hätte bekommen sollen. Ihr Baby. Wie hatte Ludwig es bloß geschafft, dass sie es verloren hatte? Was hatte er ihr angetan? Oder hatte Emma etwa selbst … nein. Nein! Nie hätte sie ein Baby umgebracht, ihr eigenes Kind!
    Es war auch Ludwigs Kind, flüsterte eine unerbittliche Stimme in ihr, hättest du ein Kind von diesem Mann wirklich gewollt? Das Balg hätte deinen Untergang bedeutet …
    Sie zwang sich, diese grausamen Gedanken zu stoppen. Nicht denken! Nur nicht mehr denken! Blicklos starrte sie in die Dunkelheit. Wenn sie sich darauf konzentrierte, nicht zu denken, dann konnte sie auch nicht zu dem Schluss kommen, dass sie das Baby vielleicht selbst … Oh Himmel, hilf!
    Trotz ihrer

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