Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
Vom Netzwerk:
stummer Hoffnungslosigkeit nach. Ohne sich umzusehen, preschte er auf Orlando fort, weg von ihr, vielleicht für immer. Er hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, etwas einzupacken, einen Mantel, Verpflegung, sein Gewehr. So eilig hatte er es, von ihr wegzukommen.
    Verloren stand sie vor dem Haus und lauschte auf die leiser werdenden Hufschläge. Bald war nichts mehr zu hören als die Geräusche der Natur, das gleichmütige Pfeifen der Vögel und das Rascheln kleiner Tiere im Laub.
    Carl war weg.
    Sie schlich zu ihrer Hütte, ging hinein und ließ sich auf das kaputte Feldbett fallen. Ihr fiel absolut nichts ein, was sie hätte tun können, um Carls Liebe zurückzugewinnen und ihn davon zu überzeugen, dass die ihre stets tief und aufrichtig gewesen war.
    Also tat sie das Einzige, was ihre Qual ein wenig zu lindern vermochte: Sie weinte.

30
    W ie lange sie in ihrer Hütte gelegen und geweint hatte, wusste sie nicht. Es war ihr auch gleichgültig.
    Denn er war nicht mehr da.
    Sie verspürte keinen Durst, keinen Hunger, nichts als die überwältigende Sehnsucht, Carl ihrer Liebe zu versichern. Es klopfte an der Tür ihrer Hütte, doch sie drehte nicht einmal den Kopf. Sie wollte niemanden sehen und mit niemandem sprechen.
    Erst als die Tür sich öffnete und Yileen zögernd seinen Kopf hereinsteckte, setzte sie sich auf.
    »Yileen! Was machst du denn hier?«
    Er trat auf leisen Sohlen ein, blieb vor ihrem Feldbett stehen und sah ernst auf sie herunter.
    »Birwain mich geschickt. Er sagt, ist Zeit für Eukalyptusfeuer. Du lange nicht von selbst gekommen, darum ich dich holen.«
    Emma schüttelte den Kopf. »Es ist alles zu spät. Carl ist weg. Wie sollte mir da ein Eukalyptusfeuer helfen?«
    »Birwain gesagt«, wiederholte Yileen eigensinnig. »Ich auch nicht wollte kommen, aber er darauf bestanden.«
    Sie rieb sich die verquollenen Augen. »Hattest du Angst vor Oskar?«
    »Ja. Geist immer noch in diese Mann. Aber Birwain gesagt, wir müssen besiegen, und Angst kein guter Lehrer. Feuer guter Lehrer!«
    Was sollte sie von alldem halten? Was hatte es mit diesem mysteriösen Feuer auf sich, von dem die Eingeborenen nicht müde wurden zu sprechen? Trotz ihres Unglücks verspürte sie einen Funken Neugierde. Und Hoffnung, bemerkte sie erstaunt.
    Doch noch sträubte sie sich dagegen.
    »Ich muss hier bleiben«, sagte sie halbherzig zu Yileen. »Wenn Carl zurückkommt, wird er mich suchen.«
    Ach ja?, fragte eine Stimme in ihr spöttisch. Erstens wird er nicht zurückkommen, und zweitens: Selbst wenn er es tut, wird es ihm absolut gleichgültig sein, wo du dich herumtreibst.
    »Wird dich bei uns finden«, sagte Yileen ungerührt. »Geister ihn führen.«
    »Wir Weißen verlassen uns nicht auf die Geister«, sagte Emma. Sie hörte selbst, dass es überheblich klang.
    »Wäre aber besser«, entgegnete Yileen, nicht im Mindesten gekränkt. »Komm, Birwain wartet mit Feuer.«
    »Er wusste doch gar nicht, ob ich mit will!«
    »Birwain alles wissen«, sagte Yileen drängend. »Jetzt komm, wir keine Zeit mehr! Geist-Mann bald da.«
    Emma schüttelte den Kopf. »Wenn du Oskar meinst, der ist ganz sicher im Regenwald. Er sammelt Tiere, weißt du?«
    Es klopfte.
    »Emma? Bist du da drin? Mit wem zum Teufel sprichst du?«, ertönte Oskars Stimme vor der Hüttentür.
    Yileen erstarrte.
    Emma warf ihm einen schnellen Blick zu und legte warnend den Finger auf die Lippen.
    »Ich rede nur so vor mich hin«, rief sie dann laut. »Was willst du, Oskar?«
    »Ich suche Scheerer. Und dir habe ich Pflanzen und Tiere ins Zeichenzimmer gebracht, aber du warst ja nicht da. Was ist hier eigentlich los?«
    »Nichts«, rief Emma schnell. »Alles in Ordnung. Carl ist … er ist … in Ipswich.«
    Oskar lachte. »Und da verkriechst du dich in deiner Hütte? Hast du Angst rauszukommen, wenn dein Buschkönig nicht da ist?«
    »Unsinn!«, versetzte sie ärgerlich.
    »Dann ist es ja gut«, sagte er spöttisch. »Ich dachte schon, das Fräulein Kratzbürste hätte vielleicht seine Stacheln verloren. Wie dem auch sei: Mach dich langsam mal an die Arbeit. Auch den halben Lohn gibt’s nicht umsonst! Fürs Faulenzen zahle ich dir kein einziges Pfund, klar?«
    Am liebsten wäre Emma auf der Stelle aus der Hütte gestürzt, um Oskar ihre Kündigung an den Kopf zu werfen. Wenn sie kein Geld mehr verdiente, na und? In diesem Moment war ihr alles gleichgültig. Ihr Lebensglück hatte sie sowieso verspielt, denn Carl war weg, und selbst wenn er zurückkäme, würde

Weitere Kostenlose Bücher