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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Erlöschen des Feuers versiegten auch Emmas Tränen. Als schließlich nur noch eine dünne, duftende Rauchfahne übrig war, die der Wind erfasste, noch bevor sie sich in den Himmel erheben konnte, wusste sie, dass es vorbei war.
    Sie setzte sich auf mit einem Gefühl, als sei sie von einer langen, beschwerlichen Reise zurückgekehrt. Mit wackeligen Beinen kletterte sie von der Holzkonstruktion herunter. Der weiche Boden der Lichtung schwankte ein wenig unter ihren nackten Füßen.
    »Wie ich sehe, haben die Marmbeja den bösen Traum mitgenommen«, sagte Birwain. Die Feder baumelte schon wieder an seinem Hüftgürtel, und er lächelte sie zufrieden an, wobei sich unzählige Fältchen um seine Augen bildeten.
    »Ja«, sagte Emma, und ihre Stimme gehorchte ihr nicht ganz. »Ich bin endlich aufgewacht, Birwain. Dafür danke ich euch mehr, als Worte es ausdrücken können. Dir und den Marmbeja.«
    Er lachte krächzend. »Dann glaubst du endlich, dass es sie gibt, unsere Geister?«
    »Sieht ganz so aus«, sagte Emma und sandte ihren Dank in die dunklen Zweige und Blätter über ihr, die im kühlen Nachtwind wisperten.

32
    S ie hatte gedacht, dass die Heilungszeremonie mit dem Erlöschen des Eukalyptusfeuers zu Ende war, doch sie hatte sich getäuscht. Birwain erklärte, sie müsse sich nun niedersetzen und unverzüglich alles, woran sie sich erinnert hatte, laut in Worte fassen. Die Marmbeja würden sich betrogen fühlen, wenn sie nur als Boten durch Zeit und Raum missbraucht würden, die Geschichte danach aber nicht erzählt bekämen.
    »Es ist wichtig, dass du wirklich laut sprichst«, ermahnte er sie. »Sonst hören dich die Marmbeja nicht!«
    Emma fand das zwar komisch – hatten Baumgeister so schlechte Ohren? –, doch sie beugte sich Birwains Anordnung. Hatte er ihr nicht auch mit dem Eukalyptusfeuer geholfen? Wenn er nun verlangte, dass sie ihre Erkenntnisse rekapitulierte, würde das schon seinen Sinn haben.
    Er ließ sie allein, versprach aber, dass ihr an einem heiligen Platz wie diesem niemals etwas Böses widerfahren würde. Die Schildkrötensteine seien sichtbare Teile der Himmelswesen, die in der Traumzeit das Land durchstreift hätten. Hier, am Ort des Eukalyptusfeuers, seien die Kräfte dieser Wesen noch lebendig und würden Emma beschützen.
    Die ergreifende Erfahrung, die Emma gerade gemacht hatte, ließ sie dem Schamanen vertrauen.
    Birwain kündigte an, dass sie ins Lager zurückkehren dürfe, sobald die Geschichte erzählt und die Heilung abgeschlossen sei. Sie fragte ihn mit leicht schlechtem Gewissen, ob er vorhabe, in dieser Nacht gänzlich auf seinen Schlaf zu verzichten, es musste bereits auf Mitternacht zugehen, und er nickte.
    »Besondere Nächte erfordern eben kleine Opfer«, sagte er mit einem Lächeln. »Und ungewöhnliche Methoden.«
    Wie meinte er denn das nun wieder?
    Sie hörte das Knacken der Zweige unter seinen Füßen, als er sich entfernte. Fast klang es so, als käme er danach wieder, denn sie glaubte das Geräusch von Schritten ganz in ihrer Nähe zu vernehmen. Emma spähte in die tiefschwarze Nacht, sah aber nichts als Schatten und undefinierbare Umrisse.
    Es ist niemand hier, schalt sie sich nervös.
    Sie räusperte sich. Wie bizarr es war, in vollkommener Dunkelheit und Einsamkeit australischen Geistern eine Geschichte zu erzählen!
    Sie setzte sich auf den Boden neben einen der Holzpfähle, die ihr Astlager trugen. Noch immer hing der Duft des verbrannten Eukalyptus in der Luft. Stockend begann sie zu sprechen.
    Sie fing ganz von vorn an, mit der ersten Begegnung zwischen Ludwig und ihr in jenem Herbst. Wenn die Geister schon wissen wollten, wie alles geendet hatte, mussten sie auch wissen, wie es begonnen hatte, fand Emma.
    Es war schmerzhaft, alles noch einmal zu durchleben – die Verliebtheit, die Zweifel, die Erniedrigung –, doch sie merkte auch, dass es ihr guttat, sich die Vergangenheit von der Seele zu reden. Ihr hörte zwar kein menschliches Wesen zu, aber vielleicht konnte sie gerade deshalb so offen sprechen, wie sie es einer Freundin gegenüber niemals gewagt hätte.
    Sie erzählte den wispernden Zweigen von ihrem schlechten Gewissen Auguste gegenüber, von ihrem Entschluss, alles zu beenden, und von dem seelischen Druck, den Ludwig auf sie ausgeübt hatte. Ihre Schuldgefühle sparte sie ebenso wenig aus wie ihre Verachtung dem ehemaligen Geliebten gegenüber. Als sie zu ihrer Schwangerschaft kam, meinte sie, jemanden scharf einatmen zu hören, doch da täuschte

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