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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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wollte er mich wohl davon abhalten. Na ja, ganz unrecht hatte er nicht mit seiner Warnung. Du hast ja gesehen, wie hoch Orlando gestiegen ist.«
    Carl warf den Kopf in den Nacken und lachte laut. Emma stimmte in sein Lachen ein, sie konnte nicht anders.
    Verrückt, ging es ihr durch den Kopf, ich bin nass, dreckig, und ich friere, aber ich fühle mich so lebendig und glücklich wie seit Langem nicht mehr.
    Auch als sie beide aufhörten zu lachen und sich nur noch in die Augen schauten, hielt dieses seltsame Glücksgefühl an.
    »Darf ich dich überhaupt duzen?« Nun sah Carl verlegen aus. »Ich habe dich gar nicht gefragt.«
    »Höflichkeitsfloskeln, während wir so voreinander stehen?« Emma schaute an sich hinab. »Es scheint uns bestimmt zu sein, dass wir uns ständig klatschnass zu Gesicht bekommen.«
    »Ich könnte mir Schlimmeres vorstellen.« Carls Stimme war belegt. »Und wie lautet nun die Antwort?«
    »Ja«, sagte sie leise. »Ja, Carl.«
    Die vibrierende Spannung zwischen ihnen war fast mit Händen zu greifen. Es hatte endlich aufgehört zu regnen, golden und warm ging die Sonne auf. Überall funkelten die Wassertropfen im Morgenlicht, Carls nasses Hemd zeichnete jeden Muskel seines Oberkörpers ab, und ihr war bewusst, dass auch ihr Kleid eng am Körper klebte. Eine Situation wie geschaffen für …
    Nein. Sie wollte das nicht.
    Nicht noch einmal.
    Nie mehr!
    Schnell wandte Emma sich ab, ging zu ihrer Stute und saß auf. Sie sah Carl nicht an: »Oskar wird sich schon fragen, wo ich bin. Er macht sich bestimmt Sorgen.«
    Falls Carl ebenfalls etwas gespürt hatte, ließ er sich nichts davon anmerken. Er war wieder ganz der überlegene Leiter, als er antwortete: »Dann nichts wie zurück zum Lager. Unterwegs müssen wir noch Krügers Pferd einsammeln, ich hatte es an der Stelle angebunden, an der Orlando in den Fluss gestürzt war. Wie es wohl im Lager aussieht? Hoffentlich hat der Sturm keinen weiteren Schaden angerichtet.«
    Und hoffentlich, setzte Emma im Stillen hinzu, macht es meinem Scheinverlobten nichts aus, dass ich Herrn Scheerer von nun an Carl nennen werde.
    Sie hatte das dumpfe Gefühl, dass Oskar sie nicht mit Hochrufen begrüßen würde.
    Ihre Vorahnung bestätigte sich. Als Emma und Carl ins Lager ritten und absaßen, liefen Pagel und Krüger aufgeregt herbei, bestürmten Carl mit Fragen und kümmerten sich eilfertig um die Pferde. Oskar hingegen stand abseits und wartete mit verschränkten Armen darauf, dass Emma zu ihm kam.
    Langsam ging sie auf ihn zu. Nach dem langen Ritt in ihren nassen Kleidern war ihr kalt, und die Wut in Oskars Augen ließ sie noch mehr frösteln. Als sie schließlich vor ihm stehen blieb, fiel es ihr schwer, nicht den Blick zu senken.
    Er sah auf sie herunter, die Arme immer noch verschränkt.
    Seine Stimme war gefährlich leise, als er sagte: »Ich hatte dir befohlen, zurück in dein Zelt zu gehen.«
    Furcht überkam sie, gleichzeitig aber fühlte sie rebellischen Widerstand in sich aufsteigen. Sie hatte das Pferd des Expeditionsleiters gerettet, während alle anderen gemütlich geschlafen hatten. Sie hatte Mut bewiesen und sich Carls Anerkennung erworben. Musste sie dafür vor Oskar zu Kreuze kriechen?
    Oh nein!
    »Stimmt, das hattest du«, sagte sie und sah Oskar in die Augen. »Aber mir war klar, dass Carl in Schwierigkeiten steckt. Und da ich mir vorgenommen hatte, euch allen keine Last mehr zu sein, sondern eine Hilfe, habe ich mich aufgemacht, ihn zu suchen.«
    »Carl? Ah, ich verstehe. Solch eine edle Hilfsaktion verbindet natürlich.« Oskars Stimme troff vor Sarkasmus. »Deine guten Vorsätze in Ehren, meine Liebe, aber du bist und bleibst eine Frau. Vergiss das nicht. Und vergiss auch nicht«, er hob mit dem Zeigefinger ihr Kinn an, »dass du meine Assistentin bist. Godeffroy ernährt dich nur so lange, wie ich es für richtig halte.«
    Emma war durchaus klar, worauf er anspielte: Wenn sie Oskar zu sehr verärgerte, würde er sie entlassen – und damit hätte sie keinen Anspruch mehr auf Lohn, Verpflegung und Gebrauch der Ausrüstung, nicht einmal mehr auf ihre Stute. Oskar hatte sie in der Hand.
    Und das wusste er.
    Sie schwieg und zwang sich, seinen Finger nicht wegzuschlagen.
    »Außerdem bist du, zumindest in den Augen der anderen, meine Verlobte«, sagte Oskar leise. »Du tätest gut daran, dieses Spiel weiterzuspielen, wenn du nicht als Lügnerin entlarvt und weggeschickt werden willst.«
    »Auch du hast gelogen, Oskar«, platzte es aus Emma

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