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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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vor, als falle sie mit einem Schlag in ihre gewohnte Wirklichkeit zurück.
    Mit dieser Wirklichkeit kamen die Schuldgefühle. Ob man sie schon gesucht hatte? Bestimmt hatten die Forscher sich zumindest Sorgen um sie gemacht. Vor allem Carl …
    Die Bestätigung dieser Vermutung bekam sie, noch ehe sie die Hütten und das Hauptgebäude erreicht hatte.
    »Emma! Emma!«, hörte sie es von etwas weiter entfernt rufen, und ohne nachzudenken schrie sie: »Hier bin ich! Ich bin doch da!«
    Krüger kam aus dem Haus gestürzt. Als er sie sah, rief er: »Gott sei Dank, Fräulein Röslin! Wir haben schon gedacht, Sie seien verschleppt worden oder Sie hätten sich verirrt. Scheerer ist außer sich vor Sorge.«
    Er hob sein Gewehr und schoss zweimal in die Luft.
    Emma zuckte zusammen.
    Krüger erklärte: »Das haben wir als Zeichen dafür ausgemacht, wenn einer von uns Sie gefunden hat.«
    Gefunden? Ich bin doch von selbst heimgekommen, dachte Emma erbost, doch ihr schlechtes Gewissen verbot es ihr, den Gedanken auszusprechen. Alle suchten sie, und sie hatte Carl sorgenvolle Stunden bereitet! Und das nur, weil ihre Neugierde mit ihr durchgegangen war und sie Purlimil unbedingt hatte folgen wollen!
    Sie biss sich auf die Lippen und trat unter Krügers vorwurfsvollem Blick ins Haupthaus. Immerhin behelligte der Forscher sie nicht mit Fragen.
    Das tat dafür Oskar, kaum dass er mit Pagel durch die Tür gestürzt kam.
    »Zur Hölle, Emma, wo warst du?«
    Mit ärgerlich blitzenden Augen blieb er vor ihr stehen.
    Pagel baute sich nicht minder wütend neben ihm auf.
    »Haben gedacht, die Wilden kochen Sie zum Abendessen!«, bellte er. »Denken Sie, wir haben nichts Besseres zu tun, als Sie stundenlang zu suchen?«
    »Zehn Minuten, Georg«, mischte Krüger sich ein, trotz seiner Verstimmung wie immer um Gerechtigkeit bemüht.
    »Zehn Minuten sind zehn Minuten zu lang!«, sagte Oskar scharf. »Also raus mit der Sprache, wo hast du dich rumgetrieben?«
    Angesichts seines Tons und seiner Worte regte sich in Emma trotz ihrer Schuldgefühle der Widerspruchsgeist. Ja, sie war alleine losgezogen, und ja, sie hätte früher zurück sein sollen – aber sie war schließlich ein eigenverantwortlicher Mensch, oder nicht? Sie hätte auch einen einsamen Spaziergang machen können. Das konnte doch wohl nicht verboten sein.
    Sie hob das Kinn und sagte: »Ich habe mir den Regenwald angesehen. Mit meiner Arbeit war ich fertig, Gräser habe ich in den letzten Wochen wirklich genug gezeichnet, und da Sie alle, meine Herren, ebenfalls fort waren …«
    Sie verstummte abrupt, als Carl eintrat. Seine Augen waren dunkel vor Sorge, seine Miene erschöpft.
    »Gott sei Dank, dass du heil zurück bist«, sagte er leise und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
    Verunsichert sagte sie: »Natürlich bin ich heil zurück, ich war bloß im Regenwald. Ich verstehe nicht, warum …«
    »Bloß im Regenwald? Weißt du nicht, wie verflucht gefährlich so ein Ausflug ist?«, schnitt Carl ihr das Wort ab. Es war das erste Mal, dass er sie so rüde unterbrach, und sie schaute ihn mit offenem Mund an.
    »Du kennst das Terrain doch überhaupt nicht, Emma! Du hast keine Waffe. Du hast keine Ahnung, wie du dich ernähren könntest, wenn du dich verirrst. Meine Güte, du hättest dort umkommen können!«
    Sie schluckte. »Es tut mir leid. Ich hatte so große Lust, den Regenwald zu erforschen, und …«
    »Erforschen! Pah!«, spuckte Pagel aus.
    »Dein Platz ist am Zeichentisch, nirgendwo sonst!«, blaffte Oskar.
    »Eine Frau sollte seltsamen Gelüsten wie diesen …«, hob Krüger an, doch da reichte es Emma.
    »Gut, einverstanden, ich hätte meine Tour ankündigen können!«, sagte sie aufgebracht. »Aber was wäre passiert, wenn ich das getan hätte? Jeder Einzelne aus dieser Gruppe hätte mir verboten, mein Vorhaben auszuführen. Als wäre ich ein kleines Kind, das vor dem Sturz in den Bach bewahrt werden und deshalb an Mutters Hand bleiben muss. Aber ich möchte nicht an Mutters Hand bleiben! Ich möchte nicht im Cunningham’s Gap gewesen sein, ohne auch nur einmal meinen Fuß in den Regenwald gesetzt zu haben! Aber genauso habt ihr euch das gedacht, oder? Oskar? Carl?«
    Die Forscher schwiegen verblüfft.
    Pagel fand als Erster seine Sprache wieder.
    »Renitentes Weib«, sagte er kopfschüttelnd und drehte sich um. »Komm, Hermann, ich brauche frische Luft. Hier«, er warf Emma einen bösen Blick über die Schulter zu, »ist mir die Luft entschieden zu dick.«
    Krüger folgte

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