Der Duft von Orangen (German Edition)
Besinnungslosigkeit.“
Sie lachte. „Und das ist schlimm? Ich meine, abgesehen von der Tatsache, dass du unter den Episoden leidest?“
„Ich meinem Kopf läuft da diese großartige, aufregende Sache zwischen uns. Alles ist so frei. Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll. Es ist eine vollkommen andere Welt. Aber sie ist nicht real“, erkläre ich ihr. „Anfangs war es echt toll – wenn ich schon einen Hirnschaden habe und unter Blackouts leide, dann ist es ziemlich nett, mit Johnny Dellasandro herumzuhängen.“
„Kann ich nachvollziehen.“ Wieder klingt sie mitfühlend, ohne mich zu bemitleiden. „Also, wo ist das Problem? Ich weiß, dass du die Episoden lieber nicht hättest.“
Ich lache auf. „Ja, so in der Art. In den Träumen ist es einfacher. Ich muss mir über nichts Sorgen machen und habe trotzdem Johnny.“
„Du hast ihn doch auch im echten Leben.“
„Ich habe ihm nichts von den Halluzinationen erzählt. Ich will nicht, dass er denkt, es geht mir nur um die Filme oder das Modeln oder das ganze Zeug, das er hinter sich gelassen hat, verstehst du? Ich liebe den heutigen Johnny.“ Ich mache eine kurze Pause. „Zumindest glaube ich das.“
„Ist es so falsch, sich aufgrund seiner Vergangenheit in ihn verliebt zu haben?“, fragte Jen. „Das, was er erreicht hat, zu bewundern, ist nichts Schlimmes. Johnny schämt sich nicht für das, was er getan hat, er hat sich einfach nur weiterentwickelt, oder?“
„Ja, ich schätze schon.“ Ich konnte nicht erklären, wieso sich das alles so verdreht und durcheinander anfühlte. „Ich sollte ihmnur sagen, dass meine Ohnmachtsanfälle immer damit enden, dass ich mit seinem Siebzigerjahre-Ich mit Koteletten und langen Haaren vögele. Was übrigens echt scharf ist. Verdammt scharf.“
Sie kicherte. „Solange es nicht schärfer ist als im wahren Leben.“
„Nein, das ist es nicht. Es ist einfach anders. Und nicht echt“, sagte ich trocken. „Also meinst du, ich sollte es ihm nicht sagen?“
„Ich weiß nicht, ob du es für dich behalten solltest, aber ich bin mir auch nicht sicher, ob du es ihm sagen solltest. Würdest du es ihm erzählen, wenn es sich in deinen Fantasien um einen anderen Mann handelte?“
„Vielleicht. Wobei, wenn der Sex dann genauso schmutzig wäre wie mit ihm, vermutlich nicht.“
„Du meinst, er könnte eifersüchtig auf … sich selber sein?“
Ich kicherte. „Vielleicht. Zumindest fühlt es sich bestimmt komisch an. Aber es geht nicht immer nur um Sex. Das letzte Mal hatte ich diese Szene mit Ed D’Onofrio, und glaub mir, das war echt unheimlich und überhaupt nicht sexy. Ich weiß, man sagt, er war ein Genie und alles, aber seine Gedichte gruseln mich. Und stell dir vor, ich habe mir eingebildet, er hätte ein Gedicht über mich geschrieben.“
„Puh, das ist wirklich unheimlich.“
„Ja. Siehst du, ich will Johnny diese Sachen nicht erzählen. Es ist peinlich und gruselig und schon schlimm genug, dass er mit meinen Anfällen zurechtkommen und mich überall hinfahren muss. Ich will ihm nicht erzählen, dass mein Gehirn sich totalen Mist über ihn und seine alten Freunde ausdenkt, verstehst du? Das fühlt sich unheimlich an. Das ist unheimlich“, sage ich unglücklich. „Ich komme mir dabei vor wie ein Stalker.“
„Der du ja überhaupt nicht warst.“ Jen verdreht die Augen.
„Das war was anderes“, widerspreche ich. „Und daran warst außerdem du schuld.“
Sie lachte und trank den letzten Schluck Bier, dann stellte sie die Flasche auf den Tisch. „Ja, ja, ich habe dich mit dem Johnny-Fieber angesteckt. Willst du ein Gegenmittel? Ich glaube nicht.“
Wir lachten zusammen. Ihr die ganze Geschichte zu erzählenhatte mir ein wenig die Last von den Schultern genommen. „Du findest das nicht total krank? Ich meine, was ich mir vorstelle, wenn ich in die Dunkelheit gehe? Das bedeutet nicht, dass ich nicht glücklich bin mit dem, was ich mit ihm habe. Mit dem echten Johnny, meine ich. Denn das ist besser als alles, was ich mir je vorgestellt habe.“
„Wenn du aktiv versuchen würdest, Zeit in dieser Fantasiewelt zu verbringen, würde ich mir Sorgen machen. Aber das tust du nicht. Du verursachst die Episoden nicht, sie passieren einfach, oder?“
„Ja. Ich würde sie aufhalten, wenn ich könnte, selbst wenn ich dadurch den heißen Siebzigerjahre-Porno verlieren würde.“
„Du hast gesagt, du wüsstest immer, wenn du eine Episode hast und nicht einfach nur träumst, oder?“
Ich leckte etwas Soße
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