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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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suchte – ein Kleidungsstück, das damals sowohl farblich als auch sonst vollkommen außer Mode war –, fand ich das perfekte Stück im Laden der Heilsarmee. Als ich eine Jeansjacke brauchte, weil ich meine in einem Hotel vergessen hatte, konnte ich im Schnäppchenmarkt der örtlichen Kirche zwischen mindestens zehn Modellen wählen. Manchmal hatte ich das Gefühl, da war eine höhere Macht am Werk. Vielleicht war es aber auch nur eine Frage der Wahrnehmung, und ich öffnete immer im richtigen Moment die Augen.
    Wie jetzt, als ich ein T-Shirt in die Hand nahm. Weiße Baumwolle, ganz weich von Hunderten Waschgängen. Das Material war der Grund, warum ich danach gegriffen hatte, doch das Design war der Grund, warum ich es nicht mehr aus der Hand geben wollte.
    Auf der Vorderseite war das Poster von einem von Johnnys Filmen abgedruckt. Tanz mit dem Teufel lautete der Originaltitel, doch das hier war von der italienischen Version. Ich erkannte den Stil von meinen Internetrecherchen wieder: Johnny auf einem Motorrad, schwarze Lederjacke, Haare aus der Stirn gekämmt, Zigarette im Mundwinkel. Sehr James Dean. Sehr sexy. Und sehr selten.
    Auf dem Preisschild stand ein Dollar, was dank des Rabatttages fünfzig Cent bedeutete. Das wäre die Entschädigung für den horrenden Preis der DVD, und doch zögerte ich, konnte mich nicht entscheiden, was ich tun sollte: das T-Shirt wieder ins Regal zurücklegen und einfach gehen oder es mit beiden Händenfesthalten und auf dem Weg zur Kasse jeden niederschlagen, der mir in die Quere kam?
    Warum hatte ich ausgerechnet jetzt dieses T-Shirt gefunden? Wäre es mir vor ein paar Wochen untergekommen, hätte ich es dann zugunsten der Zigeunerbluse, an der noch das Originalpreisschild hing, beiseitegeschoben?
    Der Boden unter meinen Füßen schien zu beben.
    „Hey, hast du was gefunden?“ Jen schaute mir über die Schulter.
    Das Beben klang ab. Kein Duft nach Orangen, keine verschwommenen Linien in meinem Sichtfeld. Keine Episode. Ich stieß den angehaltenen Atem aus und hielt das Shirt hoch.
    Jen riss die Augen auf. „Hör auf! Ist das Tanz mit dem Teufel ?“ Ich schaute es mir noch einmal an. „Ja!“
    „Süße!“, Jen wurde ernst. „Ich weiß nicht, woher du dein Johnny-Glück hast, aber… wow! Das T-Shirt sieht nach einem Original aus. Ich meine, nicht so, als hätte jemand das Motiv zu Hause aufgebügelt. Lass mich mal das Schild sehen.“
    Ich zeigte es ihr. Sie blies die Wangen auf und gab mir das T-Shirt respektvoll zurück. „Das Schild sieht auch alt aus. Ich glaube, das ist ein echtes Promostück von damals.“
    „Das könnte sein.“ Ich drückte den Stoff mit beiden Händen gegen meine Brust. „Ich werde es kaufen.“
    „Natürlich wirst du das. Wehe nicht. Das Teil ist womöglich sogar was wert.“ Sie nickte. „Aber ich schätze, du hast nicht vor, es zu verkaufen. Du wirst es zum Schlafen anziehen, oder?“
    Ich lachte. „Vermutlich. Bestimmt.“
    „Johnny auf deinen Brüsten.“ Sie wirkte verträumt. „Kann ich dir nicht verdenken.“
    Nach diesem Fund gab es nichts mehr, was das noch hätte toppen können. Wir bezahlten unsere Sachen und verabschiedeten uns auf dem Parkplatz voneinander. Die Nacht war hereingebrochen. Die Luft roch nach Schnee. Jen sagte irgendetwas von Ausgehen, davon, sich am Wochenende zu treffen oder so, aber ich konnte mich nicht auf ihre Worte konzentrieren. Das T-Shirtfühlte sich in der Tüte, die an meinem Handgelenk baumelte, zu schwer an, und das lag nicht an seinem tatsächlichen Gewicht.
    Jen winkte und stieg in ihr Auto. Ich ging zu meinem. Ich atmete Zug um Zug die eiskalte Luft ein, überprüfte, ob auch wirklich kein Hauch von Orangen darin lag, und roch nichts außer dem alten Frittierfett von dem Fleck auf meinem Rücksitz. Meine Sicht war glasklar, bis auf die Feuchtigkeit, die sich auf meiner Windschutzscheibe niedergelassen hatte.
    Als ich endlich zu Hause ankam, schmerzten meine Finger von meiner verkrampften Haltung. Mein Kopf tat auch weh, weil ich mich so auf die Straße konzentriert hatte. Zur Abwechslung war mein Parkplatz frei, und so nahm ich ihn, obwohl ich inzwischen Gefallen daran gefunden hatte, vor Johnnys Haus zu parken.
    Drinnen warf ich alle meine Einkäufe, die gewaschen werden konnten, in die Waschmaschine und legte die Teile beiseite, die gereinigt werden mussten. Das T-Shirt hielt ich länger in den Händen als nötig. Es war schon einige Male gewaschen worden, das spürte ich, doch das Foto auf

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