Der Duft von Orangen (German Edition)
der Vorderseite war kaum verblasst. Vermutlich konnte es auch problemlos in die Maschine, aber ich nahm dennoch einen Eimer aus dem Schränkchen unter dem Waschbecken und wusch das Shirt per Hand. Ich spülte mit klarem Wasser nach und wrang es vorsichtig aus, bevor ich es zum Trocknen auf dem Wäscheständer ausbreitete.
Zu viel Aufwand für ein T-Shirt, dachte ich. Die Wäsche war noch nicht so weit, in den Trockner gepackt zu werden, also ging ich in die Küche, um mir etwas zu essen zu machen. Jedes Mal, wenn ich an diesem Abend an der Küchentür vorbeiging, konnte ich den Wäscheständer sehen – und ich schaute auch jedes Mal hin.
In dieser Nacht träumte ich von ihm , aber es waren normale Träume. Verwirrend, durcheinander, voller Sprünge und Schnitte, die in den Episoden nicht passierten. Ich wusste auch nicht, dass ich träumte – selbst als er mich küsste. Selbst als er mir sagte, ich solle verschwinden. Dann vermischte sich der junge Johnny mit dem von heute und wurde von einem Schauspielerersetzt, dessen Namen ich nicht kannte, der aber in dem letzten Werbespot vorgekommen war, den ich vor dem Schlafengehen gesehen hatte.
Unruhig wachte ich in der Dunkelheit auf und tapste in die Wäschekammer, wo ich das T-Shirt fand. Es war trocken, ein wenig steif und roch frisch. Ich nahm es mit ins Bett und hielt es so fest an mich gedrückt, wie ich als kleines Kind meine Kuscheldecke an mich gepresst hatte. Sollte ich noch etwas geträumt haben, so erinnerte ich mich nicht mehr daran.
7. KAPITEL
A m nächsten Morgen traf ich mich nicht mit Jen im Mocha , aber auch ohne sie war es dort voll genug. Ich hatte nur ein paar Minuten Zeit, um mir einen Kaffee und einen Muffin zu kaufen, bevor ich zur Arbeit musste. Als ich die lange Schlange sah, hätte ich es mir beinahe anders überlegt. Doch als mir klar wurde, dass ich tatsächlich vielleicht zu spät kommen würde, war ich schon so weit vorne, dass ich nicht mehr gehen wollte. Ich drückte die Daumen und hoffte, dass der morgendliche Berufsverkehr gnädig mit mir wäre.
Natürlich dachte ich an ihn. Johnny hatte mein Gehirn vollkommen infiltriert. Als ich mich also mit Muffin und Kaffee in der einen und Autoschlüssel in der anderen Hand umdrehte, musste ich ein paarmal blinzeln, um zu glauben, dass er wirklich hier war. Er stand am Zeitungsständer und suchte nach der New York Times . Als ich vor ihn trat, klemmte er sie sich gerade unter den Arm.
„Hey“, sagte ich.
Ich war nicht sicher, was ich erwartet hatte, aber auf jeden Fall nicht diesen ausdruckslosen Blick. Johnny würdigte mich nicht einmal mit einem Nicken. Er drängte sich ohne ein Wort an mir vorbei und trat an den Tresen, um die Zeitung zu bezahlen. Ich fühlte mich, als hätte er mir eine schallende Ohrfeige verpasst. Meine Bestürzung musste wie ein Neonschild geleuchtet haben, denn Carlos schenkte mir von hinter seinem Laptop einen mitfühlenden Blick. Er war heute sehr früh hier.
„Hey, nimm’s dir nicht zu Herzen“, sagte er leise, während Johnny sich seinen Weg durch die Menge zur Eingangstür bahnte. Der schwarze Mantel flatterte um seine Knöchel. „So ist er zu fast allen. Er mag es nicht, wenn man sich bei ihm einschmeicheln will.“
„Ich wollte mich nicht einschmeicheln, verdammt noch mal!“ Ich runzelte die Stirn und beobachtete Johnny durch die Glastür hindurch. „Ich wollte nur höflich sein.“
Carlos zuckte mit den Schultern. „Ich meine ja nur. Er hatein paar ziemlich verrückte Fans. Ich schätze, das hat ihn vorsichtig werden lassen.“
„Ich bin kein verrückter Fan“, sagte ich angespannt.
Carlos hob die Augenbrauen und grinste mich an. „Ach nein? Du und Jen, ihr schaut ihn an, als wünscht ihr, das Mocha würde ihn auf die Speisekarte setzen.“
In meinen Wangen breitete sich Hitze aus. „Oh Gott. Ist das so offensichtlich?“
„Nein. Ich denke nicht, dass er es bemerkt hat, wenn du dir deswegen Sorgen machst. Er ist einfach nur misstrauisch. Ich meine, ich habe schon Mädels gesehen, die sich praktisch die Kleider vom Leib gerissen und versucht haben, ihn hier an Ort und Stelle zu besteigen!“ Carlos schüttelte den Kopf, als könnte er sich nicht entscheiden, ob die Vorstellung ihn verstörte oder erregte. „Alte Mädels, Emm. Schon mindestens über fünfzig. Im Vergleich dazu bist du ein sehr junges, heißes Ding.“
„Oh, danke.“ Ich konnte nirgendwo mehr einen Hauch von Johnnys schwarzem Mantel entdecken. Also nahm ich meinen
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