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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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dem eine Weiche falsch gestellt wurde. Ich weiß, dass nichts hiervon wirklich passiert. Dass ich vermutlich immer noch auf Händen und Knien in meinem Hausflur hocke und, wenn ich Glück habe, dorthin zurückkehre und nicht nackt im Haus eines Fremden zu mir komme.
    Und dann weiß ich auf einmal noch etwas anderes. Ich will das hier nicht verlieren. Ich will die Realität nicht, in der Johnny mich wegschiebt oder, schlimmer noch, durch mich hindurchsieht. Ich will diese Zeit, diesen Ort.
    Wo er mich liebt.
    „Ich gehe nirgendwohin“, sage ich und biete ihm meine Lippen an.
    Er küsst mich und murmelt: „Wirst du doch. Das tust du immer.“
    „Dann lass uns die Zeit genießen, die wir haben“, flüstere ich an seinem Mund.
    „Ja“, sagt Johnny. „Zeit.“
    Es hätte mich nicht überrascht, würde er mich hier auf den Küchentisch legen und gleich an Ort und Stelle ficken, aber bevor einer von uns etwas in der Richtung unternehmen kann, schwingt die Hintertür auf und Candy, beladen mit zwei Lebensmitteltüten, tritt ein, gefolgt von Bellina und Ed, die ebenfalls Tüten und Weinflaschen tragen.
    „Sieh an, sieh an“, sagt Bellina. Ihre Stimme ist rau von zu vielen Zigaretten. Sie mustert mich von Kopf bis Fuß. „Wir wollten nicht stören.“
    In ihrer Stimme schwingt keine Boshaftigkeit mit, also lächle ich nur kurz an Johnnys Lippen, bevor ich mich zurückziehe. „Hey, Bellina.“
    „Hilf uns mal bitte. Candy hat ziemlich viel zu essen eingekauft. Wir machen heute eine Party.“ Ed sieht schon leicht stoned aus.
    „Ja, eine Party in meinem Haus.“ Doch es wirkt nicht so, als würde es Johnny etwas ausmachen. „Nett von euch vorbeizukommen.“
    Sie alle lachen. Sogar ich hab den Witz verstanden. Das hier ist Johnnys Haus, aber es ist, als würden alle hier wohnen, so oft sind sie hier. Wie eine Kommune eben. Oder ein Bienenstock.
    Zusammen packen wir die Lebensmittel weg. Jede Verpackung ist für mich eine Überraschung. Dosen, die keinen Ring zum Öffnen haben. Marken, die ich nicht kenne. Um mich herum lachen alle und machen Witze. Anfangs mache ich mit, aber mit jedem Teil, das ich in den Schränken oder im Kühlschrank entdecke, werde ich stiller.
    Normalerweise hätte ich mich bei jemand anderem niemals so schnell zu Hause gefühlt. Aber hier scheinen Privatsphäre und persönlicher Besitz keine sonderlich große Bedeutung zu haben. Ich gehe von Schrank zu Schrank, schaue mir die Kartons, Tüten und Dosen an. Ich öffne die Schubladen, um einen Blick auf das Besteck zu werfen. Ich betrachte die Tupperdosen, die auf den Regalen stehen. Und dann, als ich merke, dass alle mich beobachten und dabei vorgeben, es nicht zu tun, drehe ich mich mitten in der Küche einmal um die eigene Achse und schaue sie alle an.
    Ich gucke auf den Kalender, der an der Wand hängt.
    „Es gibt hier so viel“, sage ich laut, und es ist mir egal, was sie von mir denken.
    Denn was sollen sie schon denken? Nichts anderes als die Gedanken, die mein Gehirn ihnen gibt. Sie können nichts tun als das, was ich für sie vorsehe. All diese Leute sind Marionetten, dieser Ort eine Bühne, die ich gebaut habe. Und doch stehe ich hier und staune, der Schweiß läuft mir über den Rücken, und ich zittere.
    Johnny verschränkt seine Finger mit meinen. Hält mich fest. Hindert mich daran, zu zittern. Als ich ihn anschaue, schmilzt unter seinem Lächeln alles andere dahin.
    „Lass uns nach oben gehen“, sagt er. „Komm, meine Schöne.“
    „Oh-oh, Emm. Pass bloß auf. Er wird dich fragen, ob du seine Radierungen sehen willst.“ Ed kichert und zündet sich eine von seinen selbst gedrehten Zigaretten mit dem strengen Geruch an.
    „Wie sieht’s aus, Emm?“ Johnny lässt meinen Blick nicht losund zieht leicht an meiner Hand. „Willst du mit mir nach oben kommen?“
    „Ja.“ Ein kleines Wort, einer trockenen Kehle entrungen.
    Es ist mir egal, dass uns alle hinterherstarren, egal, was sie über uns denken. Ich will mit Johnny nach oben gehen. Natürlich will ich das. Ich will ihn nackt ausziehen und mir einen Weg von seinen Knöcheln bis zu seiner Brust hinauf küssen. Ich will ihn tief ihn mir spüren und so lange reiten, bis wir beide kommen und erschöpft und schweißnass zusammenbrechen.
    Als ich noch bei meinen Eltern gewohnt habe, war ich für sehr wenig verantwortlich. Trotz meiner Proteste hatte meine Mutter darauf bestanden, meine Wäsche zu machen. Ich gab ihnen was zu den monatlichen Haushaltskosten dazu, musste mich

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