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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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aber nicht darum kümmern, dass die Rechnungen auch bezahlt wurden. Ich habe nicht gekocht, und meistens ging ich mit meiner Mutter gemeinsam einkaufen, sodass auch das nur der halbe Aufwand war. Zu Hause bei meinen Eltern hatte ich wesentlich mehr Freizeit gehabt, die in meinem neuen Haus jetzt von so Alltäglichkeiten wie Toilettenpapierrollen tauschen und aufräumen aufgefressen wurde. Ich wollte es gegen nichts auf der Welt eintauschen, aber ich hatte doch einige der Aktivitäten vergessen, mit denen ich mir damals die Zeit totgeschlagen habe.
    So wie die Sims zu spielen. Ich hatte Stunden vor dem Computer verbracht und mich in ihrer Welt verloren. Häuser bauen, Familien zusammenbringen, zusehen, wie sie leben, arbeiten, schlafen, essen, sich verlieben, heiraten, Kinder kriegen … sogar sterben. Ich war der Gott dieses Universums, ein manchmal gar nicht sehr gütiger Gott. Die Höchstzahl an Sims , die man spielen konnte, waren acht, aber ich schaffte es nie, mehr als drei von ihnen glücklich zu machen, ihnen ihre Wünsche zu erfüllen und sie auf einen positiven Lebensweg zu schicken. Ich war kein sehr guter Gott.
    Ich will mit Johnny nach oben gehen, weil ich in der Küche Kopfschmerzen bekomme. All diese Teile. All die Einzelheiten. All die Menschen. Ich bin nicht gut im Jonglieren. Alle Bälle befinden sich in der Luft, und ich stehe da mit ausgestreckten Händen.Ich werde es versuchen, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass ich sie nicht alle wieder auffangen werde.
    „Komm“, sagt Johnny noch einmal. Seine Augen blitzen. Mit einem dicken Grinsen geht er rückwärts aus der Küche und ignoriert alle Pfiffe und anzüglichen Kommentare seiner Freunde. „Ich will dir meine Bilder zeigen.“
    Das ist keine Lüge. In seinem Zimmer holt er ein in Leder gebundenes Skizzenbuch aus einer Schublade und schlägt es auf, um mir eine Bleistiftzeichnung zu zeigen. Eine Serie von Linien und Schatten. Ich schaue sie mir genau an. Ich bin mit seiner Arbeit nicht vertraut genug, um zu wissen, ob ich das Bild wiedererkennen sollte.
    „Du bist gut.“ Ich meine das ernst. So viel weiß sogar ich, um das zu erkennen.
    „Nee, ich kann das nicht. Ich kritzel nur so rum.“
    Johnny streckt sich neben mir auf dem Bett aus. Ich setze mich in den Schneidersitz und blättere in dem Block. Ab und zu steckt ein Foto zwischen den Seiten, meistens ein kleines, manchmal aber auch ein größeres. Ich nehme eines in die Hand und betrachte es eingehender als seine Kunst.
    „Netter Arsch.“ Ich wedele mit dem Bild vor seiner Nase herum.
    Johnny lacht und legt sich mit hinter dem Kopf verschränkten Händen zurück. „Dieser Arsch hat ein paar Monate die Miete für dieses Haus gezahlt.“
    Es ist ein Schwarz-Weiß-Foto von Johnny, nackt, in der klassischen Römerpose. Fehlt nur das Feigenblatt. Sein Gesicht im Profil ist ernst, sein Körper angespannt und straff, sein Hintern äußerst lecker. Ich finde ein weiteres Bild aus der Serie, es ist schon ein wenig geknickt. Es zeigt ihn ebenfalls von vorne.
    „Du solltest damit vorsichtiger sein.“ Ich entdecke eine Signatur in der unteren Ecke. „Wow. Die sind signiert?“
    „Ja. Paul hat sie gemacht.“
    Das weiß ich natürlich, auch wenn der Name mir nicht sofort eingefallen ist. Das erste Bild habe ich schon einmal online gesehen. Das zweite kenne ich nur in beschnittenen, körnigenVersionen, die der Schönheit des Originals nicht das Wasser reichen können. Und die anderen, ein gutes Dutzend weiterer Fotos, alle noch neu und hochglänzend, habe ich noch nie gesehen.
    Ich schaue mir jedes sorgfältig an, sehe darin mehr als nur seinen Körper. Er ist knackig, ja, aber das ist nicht alles. Es sind weder Pin-up- noch Gay-Fotos, obwohl ich sie bisher hauptsächlich auf einschlägigen Seiten gesehen habe. Ich lege sie sorgfältig in die richtige Reihenfolge. Diese Bilder erzählen nach und nach eine Geschichte.
    „Du solltest gut auf sie aufpassen“, merke ich an, als ich ein Bild sehe, das vor Kurzem auf einer Onlineauktion für knapp viertausend Dollar weggegangen ist. „Gerade auf die Signierten.“
    Johnny stützt sich auf einen Ellbogen. „Warum? Die sind nichts wert. Ich hab sie Paul zum Gefallen gemacht. Er hat mir ein paar Hundert Dollar dafür gezahlt. Mehr nicht. Er hat sie noch nicht mal irgendwo veröffentlicht.“
    Ich drehe ein Bild um und sehe, dass auf der Rückseite ein Gedicht steht. Jetzt erinnere ich mich wieder, warum dieses Bild, das ich im Moment in Händen

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