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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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paar Stunden freibekommen. Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass ich bei Ihren Nachbarn anrief, um sie zu bitten, Sie ans Telefon zu holen, doch es war niemand da. Also bin ich aufs Geratewohl …«
    Ich schluckte, als mir meine zerzausten Haare und mein unförmiger Overall bewusst wurden. Schnell wischte ich mit dem Handrücken die Schweißperlen von der Stirn. Dr. Duverger hingegen sah aus, als ob ihm die Hitze nichts anhaben konnte, mit seinem frischen Hemd unter dem luftigen Leinenjackett.
    » Aber das ist doch in Ordnung, wirklich. Ich muss nur kurz die Hände waschen und mich umziehen«, sagte ich.
    Er deutete auf die zwei alten Gartensessel aus Holz im Schatten einer Linde. » Das ist nicht nötig. Wir können uns hier draußen hinsetzen. Bitte, bleiben Sie, wie Sie sind. Sie sehen sehr …« – er legte den Kopf schief – » entspannt aus. Ja, sehr entspannt, und wenn Sie erlauben, dieser Aufzug steht Ihnen gut, Sie sehen reizend aus. Abgesehen von meinem letzten Besuch habe ich Sie nur unter weniger glücklichen Umständen erlebt. Oh«, fügte er hinzu, » bin ich zu unverblümt? Ich scheine Sie überrumpelt zu haben.«
    Ich lächelte vorsichtig, denn die Narbe verursachte noch immer ein leichtes Spannungsgefühl. Ich wollte den Anschein erwecken, als sei ich es gewohnt, bei der Gartenarbeit von irgendwelchen Männerbesuchen überrascht zu werden, die mir Komplimente machten, als wäre mein Lächeln wieder etwas ganz Normales für mich. » Wie gesagt, Sie haben mich einfach nur überrascht. Ich … ich habe nicht erwartet …« Ich unterbrach mich, weil mir bewusst wurde, dass ich mich wiederholte.
    » Also kommen Sie?«, sagte er und deutete mit einer einladenden Geste zu den beiden Gartensesseln. » Ich bleibe nur kurz. Aber dieses Wetter ist so herrlich. Und ich bin froh, aus dem Krankenhaus herauszukommen, auch wenn es nur für ein paar Stunden ist.«
    Ich setzte mich auf die Kante des einen Sessels, und er nahm mir gegenüber Platz.
    » Stört es Sie, wenn ich mein Jackett ausziehe?«, fragte er.
    » Aber nein. Und es ist wirklich ein herrlicher Nachmittag.« Ich rutschte weiter nach hinten in eine bequemere Position. Zinnober, die im Gras Insekten gejagt hatte, gesellte sich zu uns und sprang mir auf den Schoß.
    » Wie heißt Ihre Katze?«, fragte er und hängte sein Jackett über die Armlehne. Zum ersten Mal sah ich, dass er breite Schultern hatte.
    » Zinnober. Sie ist taub.«
    » Der Name passt zu ihr.« Dr. Duverger lächelte mich an.
    Ich nickte und grub das Gesicht in ihr Fell, damit er nicht sah, wie mich sein Lächeln berührte.

ELF
    D ie Welt wurde für mich eine andere. Ich wurde eine andere. In den folgenden Monaten, in denen ich mich in Etienne Duverger verliebte.
    Zweimal in der Woche kam er mich besuchen. Der Zeitpunkt hing jeweils von seinem Krankenhausdienst ab, doch falls es nicht gerade einen Notfall gab, traf er zu den ausgemachten Zeiten ein.
    Während der ersten beiden Wochen saßen wir im hinteren Garten, auf der Veranda oder im Wohnzimmer und unterhielten uns. Dann gingen wir zweimal in Albany zum Abendessen aus, einmal besuchten wir ein Theaterstück.
    Immer verließ er mein Haus gegen zehn Uhr abends; erst nachdem wir uns schon viermal getroffen hatten, nahm er beim Abschied meine Hand und drückte die Lippen darauf. Und am Ende unseres ersten Monats zog er mich auf der Türschwelle in seine Arme und küsste mich, ehe er ging.
    An der Art, wie er mich ansah und daran, dass er jedes Mal beim Abschied ein bisschen näher rückte, war mir klar gewesen, dass es bald passieren musste. Und als es so weit war, zitterte ich vor Angst und Erregung. Ich schämte mich, weil es mein erster Kuss war, und wollte nicht, dass er es merkte. Doch ich war so überwältigt von der Empfindung, die sein Kuss in mir hervorrief, und davon, wie sich sein eng an mich gepresster Körper anfühlte, dass sich mein Zittern noch verstärkte.
    Nachdem der Kuss vorüber war, hielt er mich noch eine Weile in den Armen. » Es ist gut, Sidonie«, sagte er, und ich lehnte den Kopf an seine Schulter. Ich hörte sein Herz schlagen, in langsamem, gleichmäßigem Takt, ganz anders als meines, das flatterte wie Blütenblätter im Wind. » Es ist gut«, sagte er nochmals und drückte mich stärker an sich. Da musste er geahnt haben, dass ich noch unschuldig war.
    Doch dieser eine Kuss hatte meinen Körper wachgerüttelt. Mir wurde klar, dass er die ganzen Jahre über geschlafen hatte: Ich selbst hatte ihn in

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