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Der Duft von Tee

Der Duft von Tee

Titel: Der Duft von Tee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Tunnicliffe
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soll. Sie lächelt mich freundlich an. Celine stellt sich noch einmal vor – mit dieser Stimme, die so sahnig ist wie Crème double. Ich schüttele ihre weiche Hand. Ihr rundes Gesicht, das die Farbe von Mondlicht hat, spitzt sich zum Kinn hin zu und lässt sie wie ein unschuldiges Kind aussehen. Sie macht mühelos Konversation, als hätte sie sowieso nicht erwartet, dass ich viel dazu beitrage, und erzählt, dass ihre Familie aus China kommt, sie aber in Paris aufgewachsen ist. Sie ist mit ihrem Ehemann hier und arbeitet als Französischlehrerin, weil sie, nun ja, Französin ist.
    » Pourquoi pas? « Warum nicht?, sagt sie mit einem Schulterzucken und lacht.
    Ich merke, dass ich zurücklächle. Sie hat diese Lehrerangewohnheit, eine einsame Außenseiterin sofort unter ihre Fittiche zu nehmen. Ich gebe klein bei und überlasse mich ihrer Fürsorge.
    »Sie müssen Léon kennen lernen.«
    Sie nimmt meinen Ellenbogen und führt mich sanft aus dem klimatisierten Raum auf den Balkon. Wir befinden uns im siebzehnten Stock im Restaurant eines brandneuen, glitzernden Kasinos; man kommt sich vor wie auf der Spitze eines Weihnachtsbaums. Der Blick von hier oben ist atemberaubend – die Halbinsel Macao liegt direkt jenseits des Wassers, ihr Spiegelbild schimmert in der Dunkelheit. Nachts ist sie mit ihren vielen Lichtern so viel schöner. Selbst die Brücke glitzert durch die Scheinwerfer der Taxis, die sie auf ihrem Weg nach Taipa überqueren.
    Ein hochgewachsener Mann lehnt am Geländer, ein großes Glas Wein in der Hand. Er scheint das Gleiche zu denken wie ich. Ein Lächeln liegt auf seinem Gesicht, als er mit seinen mandelförmigen Augen unter den dunklen Brauen auf die Stadt blickt. Sein Haar ist dick und silbrig und reicht ihm bis zum Kragen, seine vollen Lippen werden gegen das Glas gedrückt, als er einen Schluck trinkt. Er dreht sich um, sieht zu uns herüber und lächelt, wobei er seine perlmuttfarbenen Zähne entblößt. Meine Brust wird eng, und plötzlich fühle ich mich beschwipst. Oder zumindest etwas benommen.
    »Léon! Du musst Grace kennenlernen. Grace, das ist mein Mann, Léon.«
    »Hallo«, murmle ich.
    Er beugt sich vor und küsst mich erst auf die linke und dann auf die rechte Wange.
    »Guten Abend, nett, Sie kennenzulernen«, sagt er mit echter Wärme. Er klingt genau wie das Paris aus meinen Erinnerungen. Die Stadt der Liebe und der Mysterien. Ich bin sprachlos.
    Ich beobachte, wie Celines Haar im Wind weht, während sie von ihren Schülern erzählt. Ihre Augen leuchten, als sie ein sehr ernsthaftes Kind mit einer entsetzlichen Aussprache beschreibt; ihr Lachen hat den silbrigen Klang einer Flöte. Ich würde gerne wissen, ob sie Kinder haben, doch meine Kehle schnürt sich zusammen, und ich bekomme kein Wort heraus. Ich sehe die beiden vor dieser glitzernden Aussicht stehen. Sie trägt eine weiße Seidenbluse, er ein blaues Leinenhemd. Ich muss an die Werbung für ein Waschmittel denken, das Weißes weißer und Farben leuchtender macht. Seide und Leinen sind anspruchsvolle, pflegebedürftige Fasern. Doch sie strahlen Leichtigkeit aus, wie sie sich auf eine lässige Art aneinanderschmiegen, die mich ein wenig traurig macht. Sie sehen wie das Ehepaar aus, das dich von dem Foto in einem neuen Bilderrahmen anlächelt, das man herausnimmt, bevor man sein eigenes hineinsteckt. Das Ehepaar, das man selbst gerne wäre.
    Celine entschuldigt sich, um mehr Wein zu holen, und als ich aufblicke, sehe ich, dass Léon mich anlächelt.
    »Es tut mir wirklich leid, entschuldigen Sie, aber mein Englisch ist nicht sehr gut.« Er hat einen starken Akzent, doch jedes Wort ist klar verständlich. Ich wünschte, ich könnte besser Französisch, aber ich war nie gut in Sprachen. Ich glaube, dafür bin ich nicht extrovertiert genug.
    »Oh, nein, ganz und gar nicht. Ihr Englisch ist sehr gut. Mein Französisch ist dagegen ziemlich furchtbar; Sie müssen sich nicht entschuldigen.«
    »Sie sind sehr freundlich. Es ist manchmal ziemlich mühsam, verstehen Sie? Die Leute haben Schwierigkeiten, mich zu verstehen.« Er seufzt und lacht. Als er sich auf das Geländer zurücklehnt, fällt mir ein kleines Rechteck aus Bartstoppeln auf, die er beim Rasieren übersehen haben muss. Mich überkommt das lächerliche Bedürfnis, meinen Finger daraufzulegen und zu sehen, wie es sich anfühlt.
    »Das Essen schmeckt Ihnen, ja?«
    »Wie bitte?«
    »Das Catering. Schmeckt es Ihnen? Ich habe gesehen, wie Sie den Käse gegessen haben.«
    Mein

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