Der Duft von Tee
können, nicht wahr?«
»Ballett- und Schwimmunterricht am selben Nachmittag! Können Sie sich das vorstellen? Das ist ganz einfach schlechte Planung.«
»Es gibt nur einen Laden, in dem man Handtaschen kaufen kann. Aber keine Sorge, meine Liebe, ich werde ihn Ihnen zeigen.«
»Und dann habe ich gesagt, ›Sie müssen sie einfach gehen lassen!‹«
Ich wünschte, es fiele mir leichter, mich mit anderen Frauen anzufreunden. Oder sie zumindest zu verstehen. Manchmal habe ich das Gefühl, sie sprechen eine andere Sprache. Ich kann Lindas Unterhaltung nicht folgen, und wenn doch, langweile ich mich so sehr, dass ich an Rezepte denken muss und daran, dass ich Rosmarin auf unserer Fensterbank ziehen will. Ihr Mund ist in perfektem Pink geschminkt, der Konturenstift geht fachmännisch in den Lippenstift über. Ich krame in meiner Handtasche nach einem Labello.
»Hallo.« Plötzlich steht Léon vor uns. Er trägt seine weiße Kochuniform und beugt sich vor, um Linda zu küssen, die ein erfreutes Lachen von sich gibt, als er jede ihrer Wangen mit seinen Lippen streift.
»Wie geht es Ihnen?«, frage ich und stehe auf.
Petes Augen wandern über den Tisch zu uns, kehren aber schnell zu Paul zurück, der angeregt von neuen Betonkonstruktionstechnologien erzählt und mit seinen großen Händen gestikuliert.
»Mir geht es gut«, sagt er. »Es freut mich, dass heute so viel los ist und dass alle zufrieden sind. Eine große Erleichterung.«
»Ja, das glaube ich Ihnen gerne. Das Restaurant hat es auch mehr als verdient. Das Essen ist göttlich.«
Er nickt liebenswürdig, dann schweift sein Blick schnell durch den Raum. Wenn die Kellner oder die anderen Köche sehen, dass er in ihre Richtung guckt, lächeln sie.
»Ich habe gehört, dass Sie keine Desserts mehr anbieten?«
Sein Gesicht verdüstert sich kurz, doch er hat seine Enttäuschung schnell im Griff. »Nein, leider nicht. Nur noch Pralinen und ein wenig Fertigware. Mir wurde gesagt, es … rentiert sich nicht.« Er zuckt resigniert mit den Schultern. »Schade. Meine Patissiers sind ausgezeichnet.«
»Das ist schade«, stimme ich ihm zu. »Ihre Desserts waren so gut. Vor allem die Macarons. Ich habe gehört, dass sie ziemlich schwierig zu machen sind.«
»O ja, die Macarons.« Er nickt. »Aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben. Eines Tages wird Macao bereit sein für Macarons. Vielleicht nicht bei meinem Brunch, aber eines Tages.«
Linda trommelt mit den Nägeln gegen meine Schulter. »Gracie, Schätzchen, ich verhungere . Gehen wir doch alle zum Büffet.« Sie trinkt einen Schluck Champagner, bevor sie mit einem einfältigen Lächeln an uns vorbeigeht und mehr Léon als mich ansieht.
»Ich muss zurück in die Küche«, sagt Léon. »Ich hoffe, Sie genießen das Essen. Lassen Sie mich wissen, wie es Ihnen geschmeckt hat.« Er tritt höflich zur Seite, doch dann kommt er noch einmal auf mich zu. »Wenn Sie irgendwann einmal lernen wollen, wie man Macarons macht, wäre es mir eine Freude, das Rezept mit einer Feinschmeckerin zu teilen. Es ist nicht so schwer, wenn man weiß, wie es geht.«
»Danke«, sage ich lächelnd.
Als ich zum Büffet gehe, sehe ich Linda, Pete und Paul zusammen beim Schinken stehen. Das saftige Fleisch glänzt durch die Honigglasur, die Haut ist mit Nelken gespickt, die wie niedliche Sommersprossen aussehen. Der Schinken ist so groß, dass eine Familie eine ganze Woche lang davon satt werden könnte. Linda lacht über etwas, das Pete gesagt hat. Paul streckt die Hand aus und klopft ihm mehrmals gutmütig auf den Rücken. Wie sie so zusammenstehen, sehen sie aus wie alte Freunde, vielleicht sogar wie Geschwister. Paul, dann Linda, dann Pete, alle in einer Reihe. Ich halte kurz inne, den Teller locker in der Hand. Unser Kellner bleibt neben mir stehen. Er trägt ein Tablett mit schmutzigen Tellern, Gabeln und Messern. Wir beide sehen zu ihnen hinüber wie Bauern, die getrennt durch Zaun und Gattung ihre Kühe betrachten.
»Den Truthahn kann ich heute sehr empfehlen«, flüstert er.
Später am Abend sitze ich auf der Toilette, als ein gewaltiger Donner die Wohnung erzittern lässt. Eine Explosion? So schnell war ich noch nie. Ich springe auf, wische mich ab und stürme ins Wohnzimmer während ich mir noch die Jeans hochziehe.
»Hast du das gehört?«
Pete liegt faul auf der Couch. Verschlafen hebt er den Kopf.
Ich schließe den Reißverschluss, knöpfe meine Jeans zu und laufe zum Fenster. In der Ferne sind Rauch und Lichtblitze
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