Der Duft von Tee
geschmolzener Schokolade. Beim Anblick der seidigen Suppe läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Er taucht jede Kugel mit einer langen Gabel hinein und dreht sie langsam um. Wenn er sie wieder herausholt, hat sie den Satinglanz der warmen Schokolade angenommen. Die Gabel, auf der er sie so lange über der marmornen Arbeitsplatte dreht, bis die Praline kalt ist, hinterlässt weder Linien noch Abdrücke auf dem fertigen Produkt, einer perfekten Kugel. Eine bedächtige Kunst, die mich hypnotisiert.
»Grace!«
Ich drehe mich um und sehe Léon, der sich die Hände an seiner Schürze abwischt. Er lächelt mich breit an.
»Schön, Sie zu sehen. Willkommen in unserer Küche.« Ein paar vereinzelte Schweißperlen hängen grazil an seiner Unterlippe, und er stößt theatralisch die Luft aus. »Pardon. Ich war in der Bäckerei; es ist sehr heiß dort. Ich bin ein wenig … wie sagt man? Überhitzt.« Er lacht.
»Kein Problem. Danke, dass ich kommen durfte.« Ich sehe kurz auf den Boden, um nicht ständig auf seine von der Hitze rosigen Lippen zu starren. Mir fällt auf, dass meine Schuhe staubig von Zucker oder Mehl sind.
»Nein, nein, nein, das Vergnügen ist ganz meinerseits. Es ist so schön, wenn jemand sich für meine Arbeit interessiert. Vielleicht ist Macao ja doch für die Macarons bereit.«
»Nun, ich liebe sie. Ich hoffe, der Rest von Macao wird das auch bald tun. Ich habe sie in Paris oft gegessen.« Mit Mama.
»Ich bin mir sicher, dass Ihr Café ein Erfolg wird. Sie wissen ja, die wichtigste Zutat in diesem Geschäft ist die Leidenschaft.« Er hebt den Kopf und sieht mir einen kurzen Moment in die Augen, bevor er sich wieder abwendet. Die Worte Ihr Café zusammen mit seinem kurzen Blick elektrisieren mich. Dann denke ich an all die Formulare und die ganze Bürokratie, durch die ich mich ackern muss – glücklicherweise mit Hilfe des Portugiesisch sprechenden früheren Ladenbesitzers. Englisch ist in Macao keine Amtssprache, und ich habe hier keine Bekannten, die mir helfen könnten, sodass ich mich die meiste Zeit außen vor gelassen fühle. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Geschäft erfolgreich wird. Ich bin schon froh, wenn es mir gelingt, es überhaupt zu eröffnen, damit ich Pete beweisen kann, dass ich zumindest das fertigbringe.
Léon läuft in seiner Küche herum. Er behandelt die Angestellten freundlich, aber bestimmt, verbreitet eine Stimmung von Effizienz und Zielgerichtetheit in seinem Reich. Einer der Köche reicht ihm zwei Schüsseln: in einer ist offensichtlich Mehl, in der anderen Eiweiß.
»So, jetzt geht’s los.«
Ich trete näher, um ihn aus einem besseren Blickwinkel beobachten zu können, stelle mich ihm und den Schüsseln gegenüber auf die andere Seite der marmornen Arbeitsplatte.
»Hier haben wir Mandelpulver, Zucker und … ich glaube, das nennt sich Puderzucker. Oh ja, und Weinstein, das ist die Säure, die alles aufgehen lässt«, sagt er und tätschelt den Rand einer Schüssel. »In der anderen Schüssel haben wir das Eiweiß. Jetzt müssen wir alles zusammenlegen.«
Léon erklärt, dass das »Zusammenlegen« der Macaron-Zutaten sehr wichtig ist, und deutet mit den Händen an, dass die Mischung zu glatt und flüssig oder zu grob geraten kann, wenn nicht alles richtig vermengt wird. Er geht mit den beiden Schüsseln zu einem leuchtend weißen Mixer hinüber und gibt langsam die trockenen Zutaten in das feuchte Eiweiß.
Ich sehe in die Rührschüssel. Backen beflügelt mich stets aufs Neue: Auch Léon spürt das.
»Das gefällt Ihnen, non ?« Er lacht.
»Ja, sehr.« Mir wird bewusst, dass ich die Handflächen fest zusammengepresst und zum Kinn hochgehoben habe. Unsicher nehme ich die Hände hinter den Rücken und versuche, sie auch dort zu lassen, die Finger ineinander verschränkt.
»Okay, das sieht gut aus.« Léon schaltet den Mixer aus. »Es muss wie Schlagsahne sein. Dick, aber nicht zu fest. Die Mischung muss … äh …« Er findet nicht das richtige Wort, daher zeigt er es mir, indem er den Finger in die Schüssel steckt und leicht in die Masse drückt. Als er ihn wieder hochhebt, klebt die Mischung daran, bevor sie sich widerwillig löst und aufrecht wie eine Bergspitze in der Schüssel stehen bleibt.
»… steif werden«, beende ich den Satz für ihn.
»Ja, genau, das ist es. Wenn sie das tut, ist sie okay und fertig. Heute machen wir Passionsfrucht-Macarons, deshalb müssen wir ein wenig Farbe zugeben, bevor wir sie auf die Bleche spritzen.«
Er greift
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