Der Duft von Tee
nach einer Flasche mit einer leuchtend gelben Flüssigkeit und drückt ein paar Tropfen in die Schüssel. Als er alles sorgfältig vermengt, nimmt der schneeweiße Inhalt eine grelle neongelbe Farbe an.
Er bemerkt mein Stirnrunzeln.
»Keine Sorge, beim Backen wird alles etwas brauner. Das liegt an den Mandeln, verstehen Sie.«
»Äh, okay.«
Auf der Arbeitsplatte hat ein Koch einen Dressiersack aus Plastik und ein Blech vorbereitet, das mit einer Silikonmatte bedeckt ist. Léon füllt die cremige Mischung in den Dressiersack und spritzt mit der Tülle kleine Häufchen auf das Blech.
»Das sind petit Macarons . Sie können sie auch größer machen, wenn Sie möchten. Diese hier sind genau richtig für unsere Partys, damit die Gäste eine Kostprobe nehmen können. Manchmal bekommen wir auch Cateringaufträge für Macarons … aber nicht so oft, wie ich es mir wünschen würde.« Er bildet Reihen auf dem Blech, sonnengelb wie die Stempel von Gänseblümchen.
»Danke, dass Sie mir das gezeigt haben«, sage ich. »Das ist sehr großzügig von Ihnen.« Ich lehne mich gegen die Kante der kalten Arbeitsbank.
Er hält inne, zuckt mit den Schultern und lächelt. »Es ist mir ein Vergnügen. Es freut mich, dass Sie ein Café eröffnen wollen. Wissen Sie, es gefällt mir, wie die Leute auf Macarons, Kuchen und solche Dinge reagieren. Eigentlich auf alle Süßigkeiten. Man sieht es an ihren Gesichtern. Wie sie gucken. Sie machen die Leute glücklich, wissen Sie?«
Ich denke an den Kuchen, den Mama mir zu meinem achten Geburtstag gebacken hat. Es war ein Glockenturm, wie Big Ben, der flach auf einem mit Stanniolpapier belegten Hackbrett lag. Er war mit einer buttrigen, cremefarbenen Glasur bepinselt, dick und weich wie eine Wolke. Smarties und Geleebonbons zierten die Oberfläche, und die Zahlen auf dem Zifferblatt waren aus Lakritzfäden. Eine kleine Maus mit einem plumpen Marzipankörper und einem Lakritzschwanz rannte an der Seite hoch. Mama hat »Hickory Dickory Dock« gesungen und mir Küsse auf die Wange gedrückt und mich gekitzelt, bis ich laut gekreischt habe.
»Ja, ich weiß, was Sie meinen.«
León stellt das Blech schwungvoll auf die Marmorplatte. Die gelben Kleckse verlaufen etwas, berühren sich jedoch nicht.
»Okay, kommen Sie, gehen wir zu den Öfen.«
Die Öfen befinden sich im nächsten Raum, gestapelt wie Regale, mindestens zehn oder zwölf in zwei langen Reihen.
»Sie müssen ungefähr acht Minuten backen. Der Ofen muss auf 140 Grad vorgeheizt werden. Er muss richtig trocken sein. Ganz ohne Dampf.«
Wir stehen dicht beieinander und sehen in die Hitze. Die Wärme ist wohltuend und das Schweigen zwischen uns angenehm, während wir beobachten, wie die Macarons langsam aufgehen. Die Mitarbeiter um uns herum sind damit beschäftigt, Teig durch eine Maschine zu rollen, zu schwatzen, Zutaten zu zerstampfen und zu mischen und zu lachen. Doch der aufgeregte, scharfe Klang des Kantonesisch, der mich normalerweise immer aus meinen Gedanken reißt, verblasst im Hintergrund, als ich das Blech anstarre. Ich spüre, wie Léon neben mir atmet. Wir sind durch die heilige Gemeinschaft dieses Wunders miteinander verbunden: Zucker und Eiweiß und Mandeln vereinen sich.
Die oberen Schalen der Macarons werden rund und glänzend wie Knöpfe oder Flaschenverschlüsse. Léon erklärt, dass die unteren Schalen noch einige Minuten backen müssen; dann sollen sie etwa einen Tag lang ruhen. Als sie fertig sind, nimmt er sie aus dem Ofen. Wir gehen wieder in die eigentliche Küche, und er erklärt mir die Kunst der Ganache, der weichen, seidigen Füllung der Macarons. Natürlich kann er die Ganache für die Schalen, die wir gerade gebacken haben, nicht sofort machen. Dafür sind sie vom Backen noch zu heiß. Stattdessen stellt er den Prozess pantomimisch dar, erklärt, was er hinzufügt, wie er alles miteinander vermischt und was wichtig dabei ist. Er blickt zur Decke, sucht nach den richtigen Worten. Er ist sehr bemüht, dass ich alles richtig verstehe. Als wäre das seine Pflicht als Freund, als Koch und als Franzose. Schließlich bittet er einen Mitarbeiter, ihm in einem anderen Raum zu helfen. Ich warte einige Minuten und beobachte, wie jemand sorgfältig reife Birnen schält.
Léon kommt mit einer Glasplatte zurück – eine Ampel aus Macarons ziert jede Seite. Er stellt sie vor mich hin. »Voilà. Macarons . Diese hier habe ich gestern gemacht, für eine Party heute Abend; sie dürften jetzt genau richtig
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