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Der Duft von Tee

Der Duft von Tee

Titel: Der Duft von Tee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Tunnicliffe
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viel gekichert haben. Schulmappen mit Strichmännchen und bunten Aufklebern. Bis zu den Knien hochgezogene Socken. Und die Frau, die ein Glas Wasser nach ihrer morgendlichen Laufrunde brauchte. Sie sagte, dass sie für die Macau Daily Times arbeitet und hat sich wohlwollend umgesehen. Und noch eine andere Frau, die ruhig am Fenster einen Tee getrunken hat. Das war’s.
    Ich habe die Nahrungsmittel, die verderben könnten, zusammengesucht und in eine große Tasche gepackt. Ich werde sie mit nach Hause nehmen; vielleicht können wir heute Abend etwas davon essen. Vielleicht kennt Pete auch jemanden, der das Zeug haben will. Oder vielleicht wollen es die Katzen, die um die Old Taipa Taverne herumstreunen.
    Es gab also kein großes Hallo; keine hundert ungeduldigen Kunden, die vor der Tür Schlange standen. Ich bin müde, aber auf eine angenehme Weise. Wohlverdient müde. Ein warmes Gefühl macht sich in mir breit. Ich glaube, das nennt man Optimismus.

Un Peu de Bonté – Eine kleine Gefälligkeit
    Wassermelone mit einer Sahnefüllung
    Der zweite Tag, an dem das Café geöffnet hat. An dem mein Café geöffnet hat. Ich werde aus meinen Träumen gerissen, meine innere Uhr befürchtet, ich könnte verschlafen, doch es ist erst fünf Uhr morgens. Das Lillian’s macht erst um zehn Uhr auf, sodass noch fünf Stunden vor mir liegen. Pete schnarcht leise auf seiner Seite des Betts, bäuchlings, das Laken wie in einer Seifenoper über dem Hintern drapiert. Ich weiß, dass ich ihn wecken werde, wenn ich jetzt aufstehe. Ich fühle mich wie früher als Kind, wenn ich am Weihnachtsmorgen verzweifelt darauf gewartet habe, dass Mama endlich aufsteht. Ich gehe im Kopf die Punkte auf einer der Listen durch: Türen aufsperren, Stühle von den Tischen nehmen, das Schild nach draußen stellen, die Maca rons aus dem Kühlschrank holen, Ah Chun wegen eines tropfenden Wasserhahns anrufen. Ein kleiner Schauer durchfährt mich.
    Ich gleite so leise wie möglich aus dem Bett und gehe die Kleider im Schrank durch. Nichts, was ich besitze, passt zu diesem neuen Kapitel meines Lebens. Wollmäntel hängen neben Yogaklamotten. Und ich weigere mich, eine weiße Bluse zu einer schwarzen Hose anzuziehen; ich bin keine Kellnerin mehr. Einen Rock mit einer Bluse? Ich sehe noch einmal nach dem Radiowecker neben Petes schwerem Kopf. Sein Mund auf dem Kissen steht weit offen. Ich ziehe mich so leise wie möglich an, doch als ich mich umdrehe, hält er das Kissen wie eine Geliebte im Arm, den Kopf auf die freie Hand gestützt, und starrt mich an.
    »Hallo.«
    »Sorry, habe ich dich geweckt?«
    Er zuckt mit den Schultern.
    »Ich musste einfach aufstehen. Mit geht zu viel durch den Kopf.«
    »Mmmm-hmmm.« Er ist noch schläfrig.
    Mit beiden Armen räume ich den Inhalt meines Kleiderschranks aus. Bald stapeln sich die Kleider am Ende des Betts. Ich muss doch zwei halbwegs anständige Teile haben, die einigermaßen zusammenpassen.
    »Was hast du gestern angehabt?«
    »Das Kleid da. Das lange Dunkelgraue mit dem Gürtel. Und Sandalen.«
    »Aha. Kannst du das nicht noch mal anziehen?«
    »Das ist doch kein Anzug, Pete; Frauen können nicht einfach jeden Tag das Gleiche tragen«, antworte ich schnippisch. Und ganz bestimmt nicht in einer Küche mit einem heißen Ofen, ermahne ich mich, während ich die Stapel durchgehe.
    Pete steht auf und stellt sich neben mich. Auf seiner linken Wange sind noch die Abdrücke des Kissens, und die Haare auf dieser Seite seines Kopfes stehen zu Berge. »Wie wäre es mit dem mit der Hose da?« Er hält ein glänzendes ärmelloses Top mit einem Stehkragen hoch und nickt zu einer schwarzen Hose hin. Es ist das Top, das ich mir in den Flitterwochen gekauft habe. Um es in dem Fünfsternehotel zu den schicken Abendbuffets zu tragen. Wir sind fast nie vor Mittag aus dem Bett gekommen, sodass sich das Ankleiden zum Abendessen wie der Beginn des Tages angefühlt hat. Das Top erinnert mich an Mojitos und Moskitos.
    »Ja, okay«, antworte ich leise. Es ist wirklich perfekt, denke ich leicht überrascht.
    »Vielleicht komme ich heute zum Mittagessen vorbei.« Pete gähnt. Er geht duschen, sein nackter Hintern hebt sich weiß und glänzend von den braunen Beinen ab.
    Als ich ins Lillian’s komme, steht eine Frau vor der Tür, die ungeduldig von einem Fuß in einer Goldsandale auf den anderen tritt. Ich blinzle, um mich zu vergewisseern, ob sie auch wirklich ist. Lange Beine gucken aus abgeschnittenen, hochgekrempelten weißen Shorts, als

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