Der Duft von Tee
ist ein Betrüger. Er haut die gweilos , die Ausländer, übers Ohr. Sie sollten Ihr Zeug besser beim Roten Drachen kaufen. Die sind sehr viel besser und billiger.«
Ich stütze die Hände auf die Theke und atme tief durch.
»Im Ernst? Ich meine, berechnen sie wirklich das Doppelte?« Ich spüre, wie mein Gesicht zu glühen beginnt. Obwohl ich noch einmal nachfrage, weiß ich, dass Gigi mich nicht anlügt; mein Instinkt sagt mir, dass sie die Wahrheit sagt. Mir war der Preis zwar auch ziemlich hoch vorgekommen, aber ich kenne mich hier ja nicht aus.
Ich habe Mr. Teng vertraut. Jetzt bin ich wütend. Die ganzen zusätzlichen Sachen für die Aurora-Bestellung, die ganzen Kosten. Ich hätte mehr Geld an das Rote Kreuz spenden können. Ich komme mir so naiv vor, dass ich geglaubt habe, Mr. Teng würde uns einen guten Preis machen. Was für eine falsche Schlange.
Gigi sieht mich gekränkt an. »Ich lüge nicht.« Sie greift nach ihrem Geldbeutel und dreht sich um, um zu gehen. »Ist auch egal«, fügt sie kühl hinzu.
Ich komme hinter der Theke vor und erwische ihren Ellenbogen, bevor sie aus der Tür ist. Sie wirbelt herum, um mich anzusehen, ihr runder Bauch stößt fast gegen meinen. Wieder ist da dieses Gefühl, Steine im Magen zu haben. Ich brauche einen Augenblick, um es abzuschütteln. Sie ist nicht schuld an meinen Problemen.
»Hey, hey, warten Sie mal. Es tut mir leid.« Ich atme tief durch. »Ich glaube Ihnen. Ich komme mir nur wie eine Idiotin vor, das ist alles.«
Sie zuckt mit den Schultern.
»Ich habe mich für diesen Händler entschieden, weil Mr. Teng Englisch spricht … ich kann kein Kantonesisch«, erkläre ich.
»Ganz offensichtlich«, sagt sie schelmisch. Sie bleibt stehen, hält aber weiter mit einer Hand die Tür fest.
»Vielleicht könnte ich jemanden brauchen, der es spricht«, seufze ich.
Wir sehen einander an wie Boxer im Ring. Taxieren uns schweigend. Jede wartet, dass die andere einen Schritt macht. Ich bin hier die Erwachsene, sage ich mir. Sie blinzelt mich aus ihren grüblerischen, mandelförmigen Augen an.
Und so stelle ich Gigi als Teilzeitkraft im Lillian’s ein. Ihre Probezeit beträgt drei Monate. Wir werden sehen, wie sie sich macht.
Cirque – Zirkus
Limette mit einer Schokoladenganache, bestäubt mit Blutorangenzucker
Der Frühling ist ohne Vorwarnung in den Sommer übergegangen; die Luft ist plötzlich unangenehm klebrig, wie Limonade. Die Füße rutschen verschwitzt in den Sandalen, die Hose klebt feucht an den Beinen. Die Klimaanlage im Café hilft etwas, doch wenn die Öfen auf Hochtouren laufen, verwandelt sich die Küche in einen glühenden Albtraum. Ich kann mein Haar nicht mehr offen tragen; ich stecke es zu einem zerrupften Vogelnest hoch. Die Einzige, der die Hitze nichts auszumachen scheint, ist Rilla; sie trägt weiter ihre Oberteile mit den langen Ärmeln, die sie sich bis über die Hände zieht.
Ich habe für uns beide eine gefrorene Leckerei aus Bananen gemacht, die ich in Schokolade gedippt und anschließend in den Tiefkühler gestellt habe. Wir warten, bis der frühmorgendliche Ansturm vorbei ist, bevor wir uns direkt unter die Klimaanlage ans Fenster setzen. Ich seufze laut; Rilla bläst sich Luft in die Stirn. Die Bananen sind hart und cremig, Splitter gefrorener Schokolade fallen auf Tisch und Boden. Rilla sieht sich das Chaos an, Haarsträhnen kleben an ihrer Stirn.
»Mach dir darüber keine Gedanken; wir brauchen eine Pause. Was für ein Morgen.«
Sie zieht zustimmend die Brauen hoch. Ich weiß, dass sie erleichtert ist, weil Gigi heute Nachmittag anfängt. Ich nehme an, dass sie auch ein wenig nervös ist, sich fragt, ob das gutgehen wird; inzwischen haben wir unseren Rhythmus gefunden. Aber ihr ist auch warm, und sie ist müde, und ein Paar zusätzliche Hände können wir gut gebrauchen.
Draußen vor dem Fenster bummelt eine Schar Schulmädchen in ihren Uniformen vorbei – weiße T-Shirts und bordeauxrote Polyesterhosen. Alle haben einen Pferdeschwanz, lange Ponyfransen hängen ihnen verschämt ins Gesicht. Eine Wolke aus Gekicher folgt ihnen.
»Das Wetter ist unglaublich. Ganz anders als zu Hause.« Ich schüttele den Kopf. Pete hat heute Nachmittag ein Golfturnier mit ein paar Lieferanten. Er wird fluchend und krebsrot nach Hause kommen. Träge lege ich die Füße auf einen Stuhl.
»Australien?«, fragt Rilla.
»Nein, London«, antworte ich, überrascht, dass ich es noch immer als mein Zuhause bezeichne.
»Vermisst du es?«
Die
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