Der Duft von Tee
wandert.
Gigi sieht mich direkt und mit entschlossener Miene an. »Wo soll ich anfangen? Du willst diesen Tisch umstellen? Das kann ich machen.«
Ich schüttele langsam den Kopf. »Nein, erst wenn das Plakat gerahmt ist und wir auch sicher sind, dass das der richtige Platz ist. Außerdem gibt es wichtigere Dinge für dich zu tun. Du musst Mr. Teng sagen, wo er sich seine Lieferung hinschieben kann.«
»Wo er sie sich hinschieben kann?«
»Ja.«
Sie lacht ein wenig und antwortet ironisch: »Okay, darin bin ich wirklich gut.«
Das Geschrei ist bis in die Küche zu hören. Ich stelle schnell die schmutzigen Teller ab, die ich gerade hineingetragen habe, und eile zur Tür.
»Das ist ja lächerlich!«, bellt ein Kunde und lehnt seinen ungesund dicken Bauch gegen die Theke. »Sie können mir doch keinen kalten Kaffee servieren. Sie müssen mir einen neuen bringen. Wegen Ihnen bin ich jetzt zu spät dran, verstehen Sie?« Er knallt seine Tasse auf die Theke. Er hatte Rilla gar nicht bemerkt, als sie ihm den Kaffee an den Tisch gebracht hatte, weil er lautstark ein Geschäftsgespräch auf seinem Handy geführt hat, den fleischigen Arm auf den Tisch gestützt. Sie hatte eine freie Stelle gefunden und den Kaffee vorsichtig abgestellt, doch als er das Gespräch endlich beendet und ihn entdeckt hatte, war er tatsächlich bereits kalt.
Rilla greift nach den Enden ihrer langen Ärmel und sieht auf die Fliesen hinunter. Ich warte, dass sie aufsieht und ihn direkt anspricht. Normalerweise löst sie die Spannung in solchen Situationen mit ihrem entwaffnenden Lächeln, doch irgendetwas hat sie aus der Fassung gebracht.
»Also?«, fragt er.
Sie bleibt stumm.
Gigi sieht vom Spülbecken auf und wirft mir einen wütenden Blick zu. »Was für ein Arschloch«, zischt sie.
»Sie bekommen einen neuen Kaffee zum Mitnehmen, Sir«, rufe ich. »Einen Moment.«
Als ich aus der Küche komme, richtet er sich auf und mustert mich. Sein Blick verweilt einen langen Moment auf meinen Brüsten, bevor er zu meinen Augen zurückschweift.
Ich lächle ihn zuckersüß an. »Setzen Sie sich doch, der Kaffee kommt gleich. Nur eine Minute, versprochen.«
»Gut.« Sein Atem ist warm und sauer und riecht nach abgestandenem Kaffee. Er sieht Rilla, die sich nicht von der Stelle gerührt hat, verächtlich an und grunzt, als er sich auf einen Stuhl fallen lässt. Er führt ein weiteres Gespräch, und sofort weicht der genervte Ausdruck von seinem fleischigen Gesicht. Ich drehe mich zu Rilla um, um einen Pappbecher zu holen.
»Alles klar?«, flüstere ich.
Sie nickt und nimmt mir den Becher ab, gibt Bohnen in die Espressomaschine und stellt ihn unter den Ausgießer. Ihre Hände zittern. Ich tätschele ihr die Schulter und spüre, wie ihr kantiger Körper sich leicht in meine Handfläche schmiegt. Sie sieht mich entschuldigend an. »Ich … es war nur dieser Typ. Es tut mir leid.« Sie schüttelt den Kopf, als wollte sie eine unangenehme Erinnerung daraus verscheuchen.
Gigi ist aus der Küche gekommen, Wasser tropft von dem Tuch in ihren Händen. Sie sieht finster drein. »Dieser ungehobelte Bastard. Lass mich mit ihm reden.«
»Verdammt, Gigi, du tropfst den ganzen Boden voll. Geh zurück in die Küche, wir haben alles im Griff. Ist schon okay«, sage ich zu ihr.
Gigi zuckt wütend mit den Schultern und dreht sich um.
Rilla murmelt, »Entschuldige, Grace.«
»Hey, alles ist gut. Mach dir keine Gedanken«, flüstere ich.
Rilla bringt ihm den Kaffee, hält ihm den Becher vor die Nase. Er starrt sie an und hebt als Empfangsbetätigung widerwillig den Kopf. Während er sich Papiere und Wirtschaftsmagazine unter den schlaffen Arm klemmt, verlässt er das Lil’s, wobei er weiter in sein Handy bellt.
Rilla seufzt erleichtert, als die Klingel über der Tür seinen Abgang ankündigt. Ruhe und Frieden senken sich über das Café. Als sie zur Theke kommt, wechselt sie schnell das Thema.
»Du gehst heute Abend in den Zirkus?«
»Ach ja, richtig.«
Das hatte ich ganz vergessen. Bevor sie in ein langes Wochenende mit Dan gefahren ist, hat Marjory vier Karten für den Cirque du Soleil bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung gewonnen und mich gefragt, ob ich mitkommen will. Sie hat sie lässig hochgehalten, mich dabei jedoch flehentlich angesehen. Eine Frau, die nicht leicht Freunde findet, erkennt ihre Schicksalsgenossinnen schnell; Marjory hatte diesen ganz bestimmten Blick in den Augen, den ich sofort erkenne. Davon einmal abgesehen haben Pete und ich im
Weitere Kostenlose Bücher