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Der Duft von Tee

Der Duft von Tee

Titel: Der Duft von Tee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Tunnicliffe
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hineingestopft, weil ich sie nicht richtig hinbekommen habe. Es ist wie ein Fluch.«
    »Was hast du in dich reingestopft?«
    » Ispahan . Ein Rosen-Macaron mit einer Himbeerfüllung … mit Beerengelee in der Mitte. Ach, nicht so wichtig.«
    Die Uhr tickt. Wir haben elf Minuten, um ein Taxi zu finden und ins Venetian Macao zu fahren, wo speziell für die Show ein Zelt aufgebaut worden ist. Linda und ihre Freundinnen aus dem Buchclub schnattern schon seit Wochen über nichts anderes. »Es ist wunderschön«, habe ich sie schwärmen hören. Sie hat behauptet, den Choreographen persönlich zu kennen. Ich bin auf die Kostüme gespannt, seit ich das Plakat von einem Mädchen mit einem langen, orangeroten Seidenschal gesehen habe, der hinter ihrem Trapez herflattert, während sie durch einen dunklen, sternenübersäten Himmel segelt. Sie sieht so glitzernd und zitronenfarben aus wie ein Stück Konfekt.
    Als Pete und ich mit dem Fahrstuhl nach unten fahren, sehe ich kurz meine trübe Reflexion in dem schmutzigen Spiegel, und mir fällt auf, dass ich nicht geschminkt bin. Ich beuge mich vor, um mich genauer zu inspizieren. Pete greift nach meiner Hand. Seine fühlt sich kühl und glatt wie ein Stein in meiner warmen, feuchten Handfläche an.
    »Kein Make-up, was?«
    »Deshalb sehe ich so anders aus. Scheiße«, fluche ich. »Warum hast du nichts gesagt?«
    Er drückt meine Hand. »Ich weiß nicht. Es gefällt mir irgendwie. Es ist so natürlich.«
    Pete spricht so leise, dass ich genau hinhören muss. Er sieht zu mir hinunter und lächelt, sein frisch gewaschenes Haar fällt ihm seidig in die Stirn.
    »Verdammt, ich habe wohl keine Zeit mehr, um noch einmal raufzugehen?«
    »Nein, bleib hier. Ich … Grace, du bist sehr schön so, weißt du das?«, sagt er leicht verlegen.
    Ich bin nicht überzeugt. Meine Wimpern sind hell, und meine Lippen haben ohne Lippenstift einen ausgewaschenen blassrosa Grauton. Ich sehe die Ringe unter den Augen, neue Fältchen haben sich in den Winkeln gebildet. Entschlossen hebe ich den Kopf und hoffe, dass Marjory heute Abend nicht zu sehr wie ein Filmstar aussieht, doch das kommt dem Wunsch gleich, der Papst möge ein bisschen weniger katholisch sein.
    Don ist ganz anders, als ich ihn mir vorgesellt habe. Ich bin davon ausgegangen, dass jemand wie Marjory einfach einen Traummann haben muss: Nichts als weiße Zähne und Haare und Muskeln. Doch Don ist nicht einmal so groß wie Marjory, die wie eine Säule neben ihm steht und fest seine Hand hält. Sie trägt ein weißes Minikleid und goldene Sandalen. Goldene Ohrringe baumeln an ihren Ohren. Sie sieht so gut aus wie Mama, wenn sie sich herausgeputzt hatte. Nur Beine und Lächeln, wohin man sieht. Die Männer, die an uns vorbeigehen, drehen sich nach uns um, und ich weiß, dass sie das nicht meinetwegen tun. Sie war ein paar Tage in Boracay, und ihre Haut strahlt, als hätte sie die Sonne mit jeder Pore aufgesaugt. Sie greift nach meinem Ellenbogen. »Ich freue mich so, dass du gekommen bist«, flüstert sie. »Don und ich würden dich und Pete so gerne etwas besser kennenlernen.« Meine Augen schweifen über die Menschenmenge und entdecken einen silbernen Schopf im Gedränge. Léon reicht seiner Frau Celine ein Glas Champagner. Diamanten glitzern in ihren Ohren, Grübchen bilden sich auf ihren Wangen, wenn sie lächelt. Seine Hand ruht auf ihrer nackten Schulter, als sie das Glas von ihm entgegennimmt. Ich sehe zu lange hin; er muss meinen Blick spüren, weil er die Augen hebt, blau und glitzernd durch das künstliche Licht. Unsere Blicke begegnen sich, er hebt die Hand und lächelt. Ich tue es ihm gleich, meine Wangen glühen.
    Marjory stellt mich Don vor, der grinst und energisch meine Hand schüttelt. Er muss gut zehn Jahre älter sein als sie. Er ist klein, glatzköpfig und hat ein Gesicht wie eine Schildkröte. Große Augen und ein breites Lächeln.
    »Ich habe schon so viel von Ihnen gehört, Grace«, sagt er warm. »Marjory sagt, das Lillian’s ist das beste Café in ganz Macao.«
    »Nun ja …« Stolz wallt in mir auf, obwohl ich bescheiden zu Boden sehe.
    »Das stimmt«, sagt Marjory. Pete steht unbeholfen an der Seite. Eine seltsame Pause entsteht, und mir fällt ein, dass ich ihn vorstellen muss. Normalerweise läuft es andersherum.
    »Das ist Pete, mein Mann. Er arbeitet am Marvella-Projekt.«
    Pete schüttelt ihre Hände, und Don schlägt ihm jovial auf den Arm. Obwohl er schon älter ist, hat er die Energie eines jungen Mannes. Er

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