Der Duke, der mich verführte
wusste, dass seine brüske Zurückweisung nichts mit ihr zu tun hatte. Irgendetwas quälte ihn. Aber was? Die Vorstellung, dass er litt, war ihr unerträglich.
Er wandte sich ab, atmete tief durch und hielt ihr weiterhin den breiten Rücken zugekehrt. Als ob er sich seiner Erregung, seines Verlangens schämte. Als ob er sich zutiefst verabscheute.
Unschlüssig stand Justine da. Was sollte sie tun? Vielleicht wäre es wirklich das Beste, wenn sie ginge. „Ich sollte jetzt aufbrechen“, meinte sie. „Aber vorher möchte ich dir noch danken.“
„Wofür?“
„Für alles.“ Sie zögerte. „Na ja, fast alles. Nicht dafür, dass du mich in die Wanne geworfen hast.“ Sie versuchte es mit einem Lachen, doch da er sich nicht rührte und ihn ihr kleiner Scherz auch keineswegs zu amüsieren schien, seufzte sie nur.
Wenn er sich doch nur umdrehen würde! Dann könnte sie ihm in die Augen schauen und ihm versichern, wie viel er ihr bedeutete. „Seit ich dich kenne, Bradford, hast du dich meinem Vater gegenüber großzügig und loyal verhalten. Auch wenn ganz London sich über seine Arbeit lustig zu machen pflegte. Du hast immer an ihn und seine Forschungen geglaubt und es ihm gegenüber nie an Respekt mangeln lassen. Schon allein dafür würde ich dich heiraten. Gar keine Frage.“
Er hörte sich ihre Worte an und schwieg – eine ganze Weile. Dann wandte er sich zu ihr um, seufzte tief auf und trat von einem Fuß auf den anderen. „Ich würde dir gern ein Hochzeitsgeschenk kaufen. Was möchtest du haben?“
„Wie bitte?“
Er gestikulierte vage. „ Was möchtest du haben? Neben der Freiheit deines Vaters. Was könnte dich glücklich machen, wo du dich schon auf einen Mann mit einem halben Gesicht und einem halben Herzen einlässt? Würdest du dich über Schmuck freuen? Über Kleider? Sag es, und es ist dein. Mein größter Wunsch ist es, dich glücklich zu machen.“
Leicht pikiert wich Justine zurück. Wo kam das denn auf einmal her? Und was meinte er damit, dass er nur ein halbes Herz habe? „Glück lässt sich nicht kaufen. Im Gegensatz zu den meisten Frauen habe ich mir nie sonderlich viel aus derlei Aufmerksamkeiten gemacht. Mir ist anderes wichtiger.“
Er ließ die Hände sinken. „Bitte versprich mir, keine Gefühlsduseleien von mir zu verlangen. Das kannst du von mir nicht erwarten. So bin ich nicht.“
Aha, dachte sie. Doch konnte es ihre Hoffnung nicht schmälern, dass er eines Tages diese Seite an sich entdecken würde. Und bis es so weit wäre, gab es nur eines, das sie von ihm wollte: „Ich erwarte Respekt, Bradford. Den Respekt, den London mir und meinen Eltern stets verweigert hat. Ich habe es satt, wie du dir einen Spaß daraus machst, mich in eine Wanne schmutzigen Wassers zu werfen, oder mich mit zorniger Verachtung strafst, die ich wahrlich nicht verdient habe. Ich bitte dich auch in aller Bescheidenheit darum, dass dein Respekt sich nicht auf die öffentliche Zurschaustellung beschränkt, sondern sich auf unser ganzes Leben erstreckt. Obendrein hoffe ich, dass es außer mir keine andere Frau geben wird, die mit dir das Bett teilt. In freier Wildbahn mag die Vielweiberei gang und gäbe sein, doch weiß ich aus eigener Anschauung, wie übel es für alle Beteiligten enden kann, wenn auch nur einer der Partner sich in seinem Revier bedroht fühlt.“
Überrumpelt lauschte er ihrer Rede, dann lachte er so herzhaft, dass die Falten um seine Augen herum sich vertieften und die wulstige Narbe auf seiner Wange zu hüpfen schien.
Himmelherrgott noch mal, warum lachte er denn jetzt? Er war wirklich ein hoffnungsloser Fall.
„Mit welcher Überzeugung du das vorträgst“, stieß er schließlich hervor. „Herrlich. Ganz herrlich.“
Das hatte man wohl davon, wenn man als der Monogamie zugeneigte Frau versuchte, sich mit einem reinrassigen Libertin zusammenzutun. „Vielleicht solltest du den Ostflügel des Hauses als Harem herrichten“, schlug sie vor. „Das würde dir das Leben gewiss erleichtern und ich wüsste, woran ich bin und wo ich dich suchen muss, sollte ich deiner Aufmerksamkeit bedürfen.“
Langsam verebbte sein Lachen, und seine Miene wurde abermals finster. „Anderen Frauen abzuschwören, dürfte keiner großen Anstrengungen meinerseits bedürfen. Ich mache mir allerdings Sorgen, ob du den daraus resultierenden Verpflichtungen gewachsen bist.“
Sie verdrehte die Augen. „Es ist deiner nicht würdig, Bradford, mich auf den Arm zu nehmen. Ich bin mir meiner
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