Der Duke, der mich verführte
macht, was gestern vorgefallen ist.“
„Aber mit Matilda willst du es auch teilen – oder habe ich das falsch verstanden?“
„Sei bitte nicht albern. Ich habe sie kein einziges Mal ermutigt.“
„Nein? Was du nicht sagst. Ich habe doch genau gesehen, wie du deine Hände kaum von ihr lassen konntest und sie folglich auch dich andauernd befingert hat. Das war so offensichtlich, dass ihr es gleich aller Welt hättet verkünden können.“ Schnaubend hielt er inne und starrte sie wütend an. „Seid ihr ein Paar?“
Ungläubig schüttelte sie den Kopf. „Nein! Nein, natürlich nicht. Ich …“ Sie rang die Hände. „Das war doch alles nicht so gemeint. Es waren Gesten der Freundschaft. Wir sind Freundinnen, nicht mehr und nicht weniger.“
Finster hob er die Brauen. „Freundinnen! Mir scheint eher, sie nutzt deine Freundschaft schändlich aus.“
„Nein, das tut sie nicht. Sie … sie hatte nur gehofft, dass ich genauso empfinden würde. Sie hat mir nur anvertraut, wie sie wirklich fühlt. Radcliff, sie tut mir so leid! Ist es nicht furchtbar, dass sie sich ihr ganzes Leben als jemand ausgegeben hat, der sie gar nicht ist? Du müsstest das gewiss nachvollziehen können. Immerhin hast du jahrelang die Studien meines Vaters unterstützt – Studien, die eindeutig erwiesen haben, dass es die natürlichste Sache der Welt ist, dass eine Frau eine andere Frau liebt. Oder ein Mann einen anderen Mann.“
Radcliff machte den Mund auf und schloss ihn wieder. Obwohl er natürlich wusste, dass sie Lord Marwoods Tochter war, bestürzte es ihn gelinde gesagt doch ein wenig, wie nüchtern sie diese Angelegenheit betrachtete.
„Radcliff?“, wisperte sie und legte die Hand auf sein Knie. „Lass sie bleiben. Bitte. Sie weiß, dass ich nicht dasselbe empfinde. Sie weiß, dass mein Herz dir – und nur dir allein – gehört und dass ich mich niemals auf einen anderen oder eine andere einlassen würde.“
Ihre Worte und der sanfte Druck ihrer Hand nahmen ihm den letzten Rest der Ungewissheit, die auf ihm lastete, weckten in ihm den Wunsch, ihr nicht nur bedingungslos zu vertrauen, sondern ihr die Tiefen seiner Seele zu offenbaren. Er ergriff ihre Hand, umfing sie so fest, dass er ihren Pulsschlag spüren konnte.
Aufmerksam sah er sie an. „Meinst du es auch wirklich ernst? Würdest du niemals mit einem anderen – einer anderen – tun, was du eben mit mir getan hast?“
Sie sah ihm tief in die Augen. „Ganz sicher nicht. Niemals.“
Diese Worte erfüllten ihn mit einem Frieden, wie er ihn noch nie gekannt hatte, denn er glaubte ihr und war überzeugt, dass er ihr glauben konnte. Sanft streichelte er ihre Hand. „Und woher willst du wissen, dass sie es nicht wieder versuchen wird?“
Justine zuckte nicht mal mit der Wimper, als sie erwiderte: „Das kann ich nicht wissen.“
Ihm blieb schier das Herz stehen, doch bemühte er sich, ruhig zu bleiben. „Wie kannst du dann darauf bestehen, dass sie bei uns bleibt?“
Beschwichtigend drückte sie seine Hände. „Weil es sich so gehört. Sie hat sonst niemanden, kann nirgends hin. Bitte. Gib ihr noch eine Chance. Wenn sie die verspielt und sich ungebührlich benimmt, darfst du sie eigenhändig vor die Tür setzen.“
Noch immer wollte der Gedanke ihm nicht so recht behagen, aber da ihm nichts wichtiger war, als dass sie mit ihm und ihrem Leben glücklich und zufrieden war, hob er ihre Hände an seine Lippen und küsste sie innig. „Gut, dann ist es also abgemacht. Weil du mich darum bittest.“
Sie blinzelte so heftig, als wollten ihre Gefühle sie überwältigen, und lächelte mit zusammengepressten Lippen. „Darf ich dir sagen, was ich mir mehr als alles andere auf der Welt wünsche?“
„Du wirst noch mein Tod sein, Justine. Das ist dir hoffentlich bewusst.“
Sie lachte leise. „Nein, nein, nicht das. Ich … was ich sagen wollte, ist … ich wünsche mir, dass du mich lieben könntest – dass du mich ebenso sehr lieben könntest, wie ich dich liebe. Denn ich liebe dich. Aus tiefstem Herzen.“
Ihre Worte raubten ihm schier den Atem. Obwohl er sich insgeheim danach gesehnt hatte, genau das von ihr zu hören, so war ihm doch klar, dass es letztlich nur Worte waren.
Brüsk entzog er ihr seine Hände und schüttelte den Kopf. „Sag doch so etwas nicht. Auch dann nicht, wenn du es so meinen solltest.“
Völlig entgeistert starrte sie ihn an. „Was soll das denn heißen? Warum nicht?“
„Meine Mutter hat meinem Vater jeden Tag versichert, wie
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